Dokumentarfilm beleuchtet das Leben der Buchendorfer Nonnen

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Alltag im Kloster: Auch Nonnen müssen sich über die normalen Dinge des Lebens verständigen. © Kuschev

Das Fünf-Seen-Filmfest widmet sich heute dem russisch-orthodoxen Frauenkloster in Buchendorf. Das Breitwandkino Gauting zeigt den Dokumentarfilm „Wie im Himmel, so auf Erden“.

Gauting - In Deutschland gibt es genau ein russisch-orthodoxes Frauenkloster. Es liegt im Gautinger Ortsteil Buchendorf. Was geht hinter den Mauern vor sich? Das dürften nur wenige Menschen so genau wissen. Der Dokumentarfilm mit dem Titel „Wie im Himmel, so auf Erden“, gedreht von der jungen Starnberger Filmemacherin Daria Kuschev, gewährt Einblicke in den Alltag der Frauen, die sich bewusst für den Rückzug aus der Welt entschieden haben. Aus diesem Grund tragen sie auch eine schwarze Tracht: Sie sind für die Welt gestorben. Der Film, der im Rahmen des Filmfests ausgestrahlt wird, straft viele Klischees Lügen: Wer glaubt, dass Nonnen immer nur beten, dauernd ernst sind und außerdem ihre Ruhe vor der Welt haben wollen, wird in diesen 77 Minuten eines Besseren belehrt.

Am Anfang stand der Tod eines Kindes

Dass die Bewohnerinnen durchaus weltoffen sind, lässt sich schon daran erkennen, dass sie eine Homepage haben. Dort liest man, dass das Kloster seit 2005 von russisch-orthodoxen Nonnen bewohnt wird, dass es direkt hinter der katholischen Kirche St. Michael liegt und dass es den Namen der heiligen Märtyrerin Großfürstin Elisabeth trägt. 13 Klosterschwestern sowie ein Äbtissin aus verschiedenen Nationen widmen ihr Leben Gott, indem sie körperlich arbeiten (sei es im Gemüsegarten, in der Buchbinderei oder in der Schneiderei) und beten. Dafür stehen die Frauen sehr früh auf, um 3.45 Uhr. Gäste sind willkommen, sei es als Pilger, während der sonntäglichen Messe oder im Rahmen des „Martha-Maria-Sommerlagers“.

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Dieser Ort ist für Daria Kuschev, die in diesem Jahr den Kulturpreis des Landkreises Starnberg erhalten hat, vor einiger Zeit sehr wichtig geworden. Die gebürtige Kasachin, die in ihrer Jugend als Spätaussiedlerin nach Bayern und 2016 nach Starnberg kam, hatte hin und wieder eine Messe oder einen Gottesdienst besucht. Sie war mütterlicherseits katholisch, väterlicherseits orthodox sozialisiert worden. Sie kennt also beide Welten, neigt aber mehr der orthodoxen zu. „Von Starnberg aus sind es nicht einmal 20 Minuten mit dem Auto“, erzählt die 33-Jährige. „Es hat mir immer gutgetan.“ Doch dann geschah etwas, was sie das Kloster noch einmal mit anderen Augen sehen ließ.

Der Tod ist im Kloster etwas Erfreuliches

Es war, als sie einen Kurzfilm über die Klinik-Clowns („Clowns Elegie“) drehte. Darin erzählt sie die Geschichte von Noriko und Julia, die das Lachen in Palliativstationen und Kinderkliniken bringen. Bei diesen Dreharbeiten starb ein Junge aus Georgien im Klinikum rechts der Isar kurz nach seinem sechsten Geburtstag an einem Karzinom. „Der Junge war im Alter wie mein Sohn, es hat mich erschüttert.“ In dieser Ausnahmesituation erinnerte sie sich an das Kloster, weil dort ein ganz anderer Umgang mit dem Thema Tod gepflegt wird. „Der Tod ist für sie etwas Normales, ja etwas Erfreuliches, der Übergang in eine bessere Welt. Das ist ein faszinierender und tröstlicher Gedanke.“

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Irgendwann reifte in ihr die Idee, das Leben der Klosterschwestern in einer Langzeitdokumentation festzuhalten. Äbtissin Maria war aufgeschlossen, wollte aber doch sichergehen, dass das Projekt mit dem nötigen Ernst und Respekt angegangen wird. „Es war für mich eine Selbstverständlichkeit, alle Regeln einzuhalten, lange Kleider zu tragen und ein Kopftuch zu tragen“, so die Starnbergerin, die für den „History Chanel Germany“ arbeitet. Ein Jahr lang drehte sie dort, in fünf Blöcken, je eine Woche lang. Ihr Fazit: „Es sind starke Frauen, es sind kluge Frauen, es sind gebildete Frauen. Es war ein Geschenk für mich, dort drehen zu dürfen.“ Übrigens: Putins Krieg gegen die Ukraine spielt im Film keine Rolle. Aus Gesprächen mit der Äbtissin weiß die Regisseurin aber, dass die russische Kirche im Ausland autonom ist und den Krieg als „Sünde“ verurteilt.

Kloster Buchendorf, Pfarrhof
Das Kloster im Zentrum von Buchendorf stammt aus dem 19. Jahrhundert. Bevor die orthodoxen Nonnen 2005 kamen, stand es leer. © Ricardalovesmonuments

Die Regisseurin wurde bei den Aufnahmen immer wieder überrascht. So dachte sie, wie wohl die meisten Menschen, dass Klosterschwestern alt sein müssen. Das ist nicht der Fall. „Es sind alle Altersstufen dabei“, erzählt sie. Sie kommen aus aller Herren Länder, Russland, der Ukraine, Bosnien, Serbien, und auch zwei deutsche Konvertitinnen sind unter den Frauen. Der Humor spielt in deren streng geregeltem Tagesablauf eine wichtige Rolle: „Im Kloster wird viel gelacht, auch wenn sich das die Leute draußen nicht so vorstellen können“, so Kuschev. Das hilft ihnen wie allen anderen Menschen, den Alltag zu bewältigen. Hin wieder hat sich eine Nonne auch aus der Situation heraus interviewen lassen und dabei ganz persönliche Dinge erzählt. So eine Klosterschwester, deren Mutter ihre Entscheidung für den Glauben bis zuletzt nicht akzeptieren konnte.

Die Wirkung des Films: Ruhe im Publikum

„Wie im Himmel, so auf Erden“ ist der erste abendfüllende Dokumentarfilm von Daria Kuschev. Entstanden ist er in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk und feierte beim Filmfestival Max Ophüls Preis 2024 Weltpremiere. Ob er noch auf anderen Festivals laufen wird, ist offen. Fest steht, dass er in etwa einem Jahr im Fernsehen ausgestrahlt wird. Außerdem ist das Werk die Abschlussarbeit der Künstlerin an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Wie der Film auf die Zuschauer wirkt, hat die Regisseurin bereits beobachtet: „Viele kommen bei den stillen Bildern einfach zur Ruhe“, erzählt sie.

Und die Nonnen? Haben den Film längst gesehen und gutgeheißen. Eines Tages wurden sie mit einem Bus in Buchendorf abgeholt und an die Filmhochschule gefahren, wo sie ihn sehen konnten. Während des Films haben sie hin und wieder gekichert, als sie sich plötzlich als Filmstars wiederfanden. „Sie haben mir gesagt, dass alles sehr authentisch ist. Das hat mich gefreut“, erzählt die Regisseurin. Dann aber ging es sehr schnell zurück ins Kloster. In ihren Rückzugsort in Buchendorf.

Der Film „Wie im Himmel, so auf Erden“ läuft heute, Donnerstag, 5. September, um 19.45 Uhr im Gautinger Breitwandkino (Filmgespräch mit Regisseurin Daria Kuschev, Pfarrer Eckart Bruchner und Produzent Michael Kalb). Die weiteren Termine: Freitag, 6. September, um 11.30 Uhr und 17 Uhr in Gauting (Filmgespräch mit Daria Kuschev und Michael Kalb) sowie am Sonntag, 8. September, um 15.45 Uhr in Starnberg (Filmgespräch mit Daria Kuschev).

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