Lindner nach Scholz-Bruch in die Mangel genommen – FDP-Chef schaltet in Wahlkampfmodus
Nach dem Ende der Ampel-Koalition gewährt der ehemalige Bundesfinanzminister Christian Lindner in der ARD bei Sandra Maischberger einen Blick auf die Ereignisse der vergangenen Woche aus seiner Sicht.
Berlin – Der ehemalige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wurde letzte Woche von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aus dem Amt entlassen – eine Entscheidung, die letztlich zum Zerfall der Regierungskoalition führte. Nun sieht sich Lindner aus vielen Richtungen der Kritik ausgesetzt. Olaf Scholz hat den Entschluss zum Ampel-Aus verteidigt.
Er werde „eines ganz sicher nicht bereuen: dass ich tagtäglich und bis zum Schluss, bis zum letzten gemeinsamen Tag dieser Regierungskoalition Kompromisse angeboten habe“, sagte Scholz am Mittwoch in seiner Regierungserklärung im Bundestag. In der ARD-Talkshow „maischberger“ sprach Lindner als Gast über seine Entlassung.
„Schuldenbremse aufgeben oder entlassen werden“ – Scholz entlässt Lindner aus dem Amt
Lindner plant nach dem Ende der Ampelkoalition keinen Rückzug aus der Politik. Stattdessen strebt er an, bei der Bundestagswahl 2025 als Spitzenkandidat seiner Partei ins Rennen zu gehen. In der Talkshow erklärte er, dass er seiner Partei anbiete, sie erneut im Wahlkampf zu vertreten. Eine Kanzlerkandidatur schließt der 45-Jährige jedoch aus.
„Ich fühle mich eher befreit“, sagte der ehemalige Finanzminister und fügte hinzu: „Ich habe das Gefühl, dass auch das Land selbst sich befreit fühlt, dass es jetzt bald eine Richtungsentscheidung gibt, die die Bürgerinnen und Bürger treffen können.“ Der Bundeskanzler habe ultimativ gefordert, „Schuldenbremse aufgeben oder entlassen werden“ – in dem Fall entschied sich Lindner „gegen das Amt und für die Überzeugung“.

Lindner zufolge hätte es auch eine alternative Lösung gegeben: „Diesen anderen Weg hätte ich auch besser gefunden, als das, was gefolgt ist.“ Der alternative Weg wäre gewesen, dass die Regierung gemeinschaftlich feststellt, keine Einigkeit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu haben und die „krisenhafte Zuspitzung“ in der Wirtschaft möglicherweise unterschiedlich zu bewerten.
Dann, so Lindner weiter, hätte man gemeinsam, geordnet und würdevoll den Weg zu Neuwahlen beschreiten können. Eine geschäftsführende Regierung wäre weiterhin im Amt geblieben, und „die stilistischen Besonderheiten der letzten Tage“ blieben den Bürgerinnen und Bürgern erspart, wodurch es schnell zu Neuwahlen gekommen wäre.
Christian Lindner aus dem Amt entlassen: Ex-Finanzminister spricht von alternativer Lösung
Für den Fall, dass eine Einigung unmöglich gewesen wäre, was letztlich auch passiert ist, hätte Lindner es bevorzugt, „wie 2005 Gerhard Schröder und Joschka Fischer“ gemeinsam festzustellen, dass die politischen Positionen und die Zusammenarbeit nicht mehr vereinbar seien, und man sie deshalb beenden würde. Die Moderatorin konfrontierte Lindner daraufhin mit dem Einwand, die FDP habe selbst am Zerfall der Koalition mitgewirkt, zuletzt durch das sogenannte „Scheidungspapier“.
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Der ehemalige Bundesfinanzminister, der zuletzt von Scholz stark kritisiert wurde, betonte zudem, dass ihm Respekt und politische Kultur im Wahlkampf wichtig seien. „Ich werde keinen Stein zurückwerfen, der mir hinterhergeworfen wird“, sagte Lindner. Als früheres Kabinettsmitglied fühle er sich weiterhin zu einer gewissen Loyalität verpflichtet, auch wenn die inhaltlichen Gemeinsamkeiten erschöpft seien.
„Politisches Chamäleon“ – Lindner überzeugt, dass Merz neuer Bundeskanzler wird
Für Lindner steht bereits jetzt fest, wer das Kanzleramt bei einer Neuwahl übernimmt. „Ich glaube, das Rennen um die Kanzlerschaft ist in Wahrheit doch gelaufen“, sagte der ehemalige Bundesfinanzminister beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung: CDU-Chef Friedrich Merz werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der nächste Bundeskanzler. Die Frage sei aber – mit wem wird der Bundeskanzler Merz regieren? Die CDU sei ein politisches Chamäleon, meint Lindner. „Die nimmt immer die Farbe ihrer Koalitionspartner an.“ (jal)