Vor Militärparade der Superlative in Peking: Amerikanische Söldner werden in China verehrt

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China ehrt die Flying Tigers, Amerikas Söldner von 1941. Zugleich inszeniert Xi in Peking eine Machtdemonstration für die Welt.

Peking – Kurz vor der gewaltigen „Victory Day“-Parade am Mittwoch (3. September) in Chinas Hauptstadt steht nicht nur modernste Militärtechnik im Fokus, sondern auch ein Kapitel transatlantischer Geschichte. In Peking werden die amerikanischen „Flying Tigers“ geehrt – jene Freiwilligen, die 1941/42 im Dienst Chinas gegen Japan kämpften und bis heute als Symbol für internationale Solidarität gelten.

Gleichzeitig nutzt Staats- und Parteichef Xi Jinping die Parade, um die Volksrepublik als geopolitische Führungsmacht zu inszenieren. Mit Gästen aus Russland, Nordkorea, Iran und zahlreichen Staaten Asiens und Afrikas will er das Bild eines multipolaren Weltordnungsmodells zeichnen – und damit den Westen herausfordern.

Militärparade in China: Amerikanische Söldner werden in Peking verehrt

Unter den wenigen US-Gästen der Zeremonie, berichtet CNN, sind die Tochter und die Enkelin des AVG-Gründers („American Volunteer Group“, auf Deutsch: Amerikanische Freiwilligengruppe, Spitzname: „Flying Tigers“) Claire Chennault – ein symbolischer Hinweis darauf, dass die Erinnerung an die amerikanischen Freiwilligen in China bis heute offiziell gepflegt wird. Mehr als 20 Staats- und Regierungschefs werden erwartet: Neben Russlands Wladimir Putin, so Reuters, reist auch Nordkoreas Kim Jong-un an – ein merkliches außenpolitisches Signal in Richtung Westen.

Die Parade markiert den 80. Jahrestag des Kriegsendes in Asien und dient zugleich als Bühne für Chinas Anspruch, die „korrekte historische Perspektive“ auf den Zweiten Weltkrieg zu setzen – also eine Deutung, die die eigene Opferrolle und den Beitrag zum Sieg über Japan herausstellt, analysiert die New York Times.

Die Flying Tigers – US-Freiwillige mit ikonischen Kampfflugzeugen im Zweiten Weltkrieg (siehe Foto rechts) – gelten in China b.is heute als Helden. Xi Jinping greift ihre Erinnerung in Peking auf, während er Chinas Militärparade inszeniert © IMAGO / AGB Photo

Mythos Flying Tigers: Amerikanische Freiwillige im chinesischen Gedächtnis

Die „American Volunteer Group“ (AVG), besser bekannt als „Flying Tigers“, bestand aus US-Piloten, Mechanikern und Unterstützern, die 1941 Verträge beim chinesischen Verbündeten unterschrieben. Ihre P-40-Jagdflugzeuge mit dem ikonischen Haifischmaul wurden zum Mythos – die Gruppe reklamiert Hunderte abgeschossene japanische Maschinen bei vergleichsweise geringen Verlusten.

In chinesischen Museen, Gedenkparks und Filmen ist ihr Vermächtnis präsent. Ein Beitrag auf dem staatsnahen Online-Portal People’s Daily Online betont: „China erinnert sich immer an den Beitrag und das Opfer, das die Vereinigten Staaten und das amerikanische Volk während des Zweiten Weltkriegs für es erbracht haben.“

Multipolare Ordnung: Xi präsentiert Achse mit Russland, Iran und Nordkorea

Politisch zielt die Inszenierung weiter: Xi präsentiert sich als Gastgeber eines alternativen, multipolaren Ordnungsmodells – sichtbar in der Platzierung von Putin und Kim an seiner Seite und in der erwarteten Zurschaustellung neuer Hyperschallwaffen, Drohnen und modernisierter Truppenteile. Analysten, notiert etwa The Guardian, sprechen in diesem Kontext von einer „Achse des Umbruchs“, deren militärische, ökonomische und politische Zusammenarbeit im Ukraine-Krieg und im Nahen Osten bereits sichtbar geworden sei.

Die Auswahl der Gäste – von Iran bis Myanmar, von Indonesien bis zu zentralasiatischen Staaten – unterstreicht Pekings Fähigkeit, nicht-westliche Führungen zu versammeln; westliche Regierungschefs sind mit Ausnahme Serbiens und der Slowakei kaum vertreten, so Reuters.

Ausnahmezustand in Peking: Sperrungen, Kontrollen und lahmgelegte Hauptstadt

In Peking selbst ist die Kontrolle massiv verschärft: Straßensperrungen, U-Bahn-Schließungen, nächtliche Proben mit Panzerkolonnen und strikte Auflagen für Anwohner entlang der heute zehnspurigen Chang’an-Straße prägen die letzten Vorbereitungen. Internationale Journalisten, beispielsweise von der BBC, berichten von wiederholten Hausbesuchen durch Behördenvertreter.

Schulen, Geschäfte und Hotels entlang der Strecke bleiben vorübergehend geschlossen. Die Stadtverwaltung spricht offiziell, so wiederum die BBC, von dem Ziel, die Öffentlichkeit so wenig wie möglich zu stören – faktisch ist das Zentrum nahezu lahmgelegt.

„Victory Day“: Chinas große Militärparade zum 80. Jahrestag des Kriegsendes mit Xi, Putin und Kim Jong Un

Ereignis Details
Datum 3. September 2025
Uhrzeit 09:00 Uhr Ortszeit (03:00 MESZ)
Ort Chang'an-Straße und Tian’anmen-Platz, Peking
Anlass 80. Jahrestag Ende Zweiter Weltkrieg/Japanische Kapitulation
Teilnehmer Über 26 Staats- & Regierungschefs: inkl. Xi Jinping, Putin, Kim Jong Un, Pezeshkian (Iran), Lukaschenko (Belarus), Sassou Nguesso (Kongo), Woo Won-shik (Südkorea)
Truppen/Zuschauer >10.000 Soldaten, ca. 50.000 geladene Gäste
Militärtechnik Über 100 Flugzeuge, hunderte Waffensysteme, neue Hyperschallwaffen, Drohnen
Programm Rede von Xi Jinping, Überflug, Bodenparade, Präsentation neuer Waffen

Quellen: Reuters, The Diplomat, CNN, NYT, NBC, BBC, ABC News.

Hyperschallwaffen und Drohnen: Xi sendet Signal Richtung Taiwan und USA

Militärisch wird mit dem Auftritt neuer Hyperschall- und Anti-Schiff-Systeme, unbemannter Unterwasserfahrzeuge sowie Kampfjets der sogenannten „fünften Generation“ gerechnet. Experten werten dies als Botschaft in Richtung Taiwan – Abschreckung gegenüber möglicher Hilfe für Taipeh, insbesondere über Seewege.

Auch die wachsende Eigenfertigung – etwa Triebwerke „Made in China“ statt russischer Importe – gilt als strategische Zielmarke, konstatiert The Guardian. Aus US-Sicht unterstreicht die Schau Pekings Ambition, bis zur Mitte des Jahrhunderts militärisch mit Washington gleichzuziehen, urteilt die Washington Post. Die Modernisierung der Volksbefreiungsarmee umfasst Marineausbau, nukleare Aufrüstung und neue Trägerkapazitäten.

Korruption in Chinas Armee: Xi säubert Raketenstreitmacht und Rüstungsindustrie

Hinter der glänzenden Fassade läuft jedoch eine harte Säuberung: Dutzende hochrangige Militärs und Rüstungsmanager sind in den vergangenen zwei Jahren abgetaucht oder abgesetzt worden – ein Versuch, stellt die Washington Post fest, Beschaffungskorruption und politische Illoyalität auszumerzen, der zugleich als Machtsignal Xis gelesen wird.

Betroffen sind Schlüsselbereiche von der Raketenstreitmacht über das Beschaffungswesen bis zu Staatskonzernen der Rüstungsindustrie, selbst Mitglieder der Zentralen Militärkommission geraten ins Visier. Analysten erwarten kurzfristige Reibungsverluste, langfristig jedoch höhere Einsatzreife – sofern die politische Kontrolle nicht eigenständige militärische Entscheidungsfähigkeit erstickt. Xis Vorgabe, die Truppe müsse kämpfen und siegen können, bleibt Maßstab und Loyalitätsprüfung zugleich.

Erinnerungskrieg um den Zweiten Weltkrieg: Chinas Patriotismus und neue Narrative

International ist die Parade Teil eines „memory war“, also ein Krieg um die Deutungshoheit über historische Ereignisse, gegen westliche Kriegsnarrative, so schreibt es Reuters. Peking und Moskau betonen ihre Hauptrollen in Europa und Asien, während Beiträge der USA und anderer Alliierter in staatlichen Kampagnen teils marginalisiert werden. Begleitend laufen Kinoblockbuster über japanische Kriegsverbrechen und Rettungsaktionen, die in China hohe Einnahmen erzielen und nationalhistorische Deutungen emotionalisieren.

Für Xi ist der Triumphzug über Tiananmen mehr als militärische Choreografie: Er soll innen wie außen demonstrieren, dass China Geschichte, Gegenwart und Zukunft definieren will – und dass selbst die Ehrung amerikanischer „Söldner“ von einst heute nahtlos in Pekings große Erzählung passt. (chnnn)

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