„Moon Face“: TikTok-Trend weist auf seltene Krankheit hin – und verharmlost sie als Lifestyle-Problem
Ein TikTok-Trend weist auf ein Symptom einer ernsten Krankheit hin. Doch die Gesundheits-Informationen auf der Plattform sind lückenhaft – und verharmlosen das „Moon Face“.
Singapur – Auf der Plattform TikTok finden sich Millionen Videos zum „Moon Face“-Trend. „Du bist nicht hässlich, du hast nur ein Mondgesicht“, so das Motto. Tatsächlich kann ein geschwollenes, rundes Gesicht das Symptom des sogenannten „Cushing-Syndroms“ sein. Doch die auf TikTok geteilten Gesundheits-Informationen dazu sind unvollständig oder gar falsch. Geschäftstüchtige TikToker bieten gar Nahrungsergänzungsmittel an, die vermeintlich gegen das „Moon Face“ helfen sollen. Mediziner schlagen Alarm.
„Moon Face“-Trend auf TikTok: Zwischen Aufklärung und Fehlinformation
Eine Vielzahl der unter dem Hashtag #MoonFace oder #CortisolFace geposteten Beiträge zeigen Vorher-Nachher-Aufnahmen: Frauen mit einem vermeintlich runden Cortisol-Gesicht – und mit einem schlankeren Gesicht nach ihrer „Heilung“. Die Erklärung dazu in vielen Videos: Ein zu hohes Cortisol-Level im Körper sorge für das geschwollene Gesicht, mit ausreichend Schlaf, gesunder Ernährung oder den entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln könne man seine Attraktivität steigern und das „Moon Face“ verschwinden lassen. Ärzte und Ärztinnen können bei solchen Informationen nur den Kopf schütteln. Denn die TikTok-Videos werfen so einiges durcheinander.
Cortisol ist tatsächlich als Stresshormon bekannt. Das Level dieses Hormons in unserem Körper steigt, wenn wir gestresst sind. Guter Schlaf, gesunde Ernährung, tiefes Atmen und weniger Kaffee können dagegen helfen. Das „Moon Face“ hingegen – auch Cortisol-Gesicht genannt – ist das Symptom des Cushing-Syndroms, einer ernsten Krankheit. Ein hohes Stresslevel allein löst kein „Moon Face“ aus, mahnt etwa die Medizinerin Jennah Siwak: „Das ist nicht genug, um das sichtbare Erscheinungsbild einer Person zu verändern“. Und wer tatsächlich an dem Cushing-Syndrom leidet, dem ist mit Hausmitteln und mehr Schlaf allein nicht geholfen. Die Krankheit ist lebensgefährlich.
Weitere mögliche Symptome des Cushing-Syndroms
- Zunahme des Körpergewichts im Bereich des Nackens und Bauchbereichs
- Gesichtsrötung
- Muskelschwäche im Bereich der Arme und Beine
- leicht verletzliche und dünne Haut
- schlechte Wundheilung
- Neigung zum Auftreten von Blutergüssen
- Osteoporose (Knochenschwund)
- arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
- Hyperglykämie (erhöhter Blutzuckerspiegel)
Quelle: esanum, MSD Manuals
Eine Überproduktion von Cortisol durch die Nebennieren ist Auslöser der Krankheit. Auch Nebennierenrinden-Tumore können das endogene Cushing-Syndrom verursachen.
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Gefahren und Chancen des „Moon Face“ TikTok-Trends: „Nicht versuchen, selbst zu beheben“
Positiv ist, dass der TikTok-Trend die Aufmerksamkeit auf das Symptom „Moon Face“ lenkt. Denn die Diagnose Cushing-Syndrom wird weltweit im Schnitt erst nach 34 Monaten gestellt. In Deutschland dauert es sogar durchschnittlich 54 Monate, bis bei einer solchen Erkrankung die richtige Diagnose gefunden ist, heißt es dazu auf esanum, einem Onlineportal für Ärzte. „Bei einer geschätzten 5-Jahresüberlebenszeit von 50 Prozent verstirbt [...] ein Teil der Betroffenen bis zur Diagnosestellun. Je größer die Aufmerksamkeit, desto höher also die Chance, die Krankheit rechtzeitig zu erkennen.
Negativ ist allerdings, dass der Großteil der TikTok-Nutzer sicherlich nicht an dieser Krankheit oder dem „Moon Face“ leidet. Die fehlerhaften Informationen können daher zu falschen Selbstdiagnosen führen und im schlimmsten Fall zu einer womöglich schädlichen Selbstbehandlung. Findige TikToker bieten bereits Tabletten oder Nahrungsergänzungsmittel an, die vermeintlich gegen das Cortisol-Gesicht helfen. „Ein geschwollenes Gesicht kann das normale Erscheinungsbild von jemandem sein oder andere Ursachen haben“, erklärt die Ärztin Siwak. Nicht jeder mit einem solchen Gesicht leide an der schweren Krankheit. Wer ein „Moon Face“ habe, solle deshalb bitte nicht versuchen, „mit den Nahrungsergänzungsmitteln von jemandem [auf TikTok] zu beheben“, sondern solle einen Arzt aufsuchen, um die wahren Ursachen zu finden, so der Rat der Medizinerin.
Es ist nicht das erste Mal, dass auf TikTok ein gefährlicher Gesundheits-Trend die Runde macht: Zuletzt waren es etwa „Energy Sniffs“ oder Vitamin E für die Haut.
Hinweis der Redaktion: Die in diesem Artikel genannten Informationen ersetzen nicht den Gang zu einem Arzt oder einer Ärztin. Nur Fachleute können die richtige Diagnose erstellen und eine geeignete Therapie einleiten. Die Einnahme von Medikamenten oder auch Nahrungsergänzungsmitteln sollte vorher mit einem Arzt oder einer Ärztin abgesprochen werden.