„Zusätzliche Sicherheit“: Zweite Leichenschau vor Feuerbestattungen jetzt auch in Bayern verpflichtend

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Vor einer Feuerbestattung muss der Verstorbene von einem zweiten Arzt untersucht werden. © Thomas Frey/dpa

In allen anderen Bundesländern ist sie bereits vorgeschrieben, seit gestern auch in Bayern: Vor Feuerbestattungen muss eine zweite Leichenschau durchgeführt werden. Beim Ärztlichen Kreisverband erachtet man die Einführung als sinnvoll, auch wenn die Arbeitsbelastung für einzelne zunehmen könnte.

Weilheim-Schongau - Auch wenn sich der Ablauf vor Feuerbestattungen etwas verändert – die Beerdigungen werden sich deshalb wohl nicht verzögern, davon geht Anja Gewald vom Bestattungsinstitut Rose mit Niederlassungen in Peißenberg, Peiting und Schongau aus. Seit dem 1. April muss bei Verstorbenen, für die eine Feuerbestattung gewünscht wird, eine zweite Leichenschau durchgeführt werden. Bisher war in Bayern nur eine ärztliche Untersuchung der verstorbenen Person verpflichtend.

Vor einer Einäscherung habe man die Leiche aber polizeilich freigeben lassen, sagt Gewald. Die Fahrt zur Polizei mit sämtlichen Dokumenten falle nun weg. Das Bestattungsinstitut Rose arbeite mit dem Krematorium in Kissing bei Augsburg zusammen, sagt Gewald. Direkt dort solle nun täglich eine zweite Leichenschau durchgeführt werden.

Die Durchführung der Leichenschauen ist durch das Bayerische Bestattungsgesetz und die Bestattungsverordnung geregelt, erklärt Dr. Karl Breu, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Weilheim-Schongau. Die erste Leichenschau, die unabhängig von der Bestattungsart immer fällig wird, kann von jedem niedergelassenen Arzt, einem Notarzt oder einem Arzt des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes durchgeführt werden. „Jeder Arzt, der in Bayern tätig ist, ist verpflichtet, eine Leichenschau durchzuführen, wenn er dazu aufgefordert wird“, so Breu. Unabhängig von Facharztqualifikation oder Versorgungsebene.

So läuft eine Leichenschau ab

In der Regel kontaktieren Angehörige den Hausarzt, sagt Gewald. Manchmal würden Angehörige das vergessen und sich erst an den Bestatter wenden, deshalb sei eine ihrer ersten Fragen immer, ob schon ein Arzt dagewesen sei.

Die Leichenschau diene nicht nur der Feststellung des Todes, sondern auch der Klärung der Todesursache und -art – um etwa auch Fremdeinwirkungen zu erkennen, erklärt Breu. Die Leichenschau sollte so schnell wie möglich erfolgen. Soweit nicht ersichtlich eine unklare bzw. nicht-natürliche Todesart vorliege, müsse die Leiche vollständig entkleidet untersucht werden. Alle Körperregionen, einschließlich der Körperöffnungen, Rücken und Kopfhaut müssten inspiziert werden, so Breu. Sichere Todeszeichen wie Totenflecke oder Totenstarre würden überprüft. Bei Verdacht auf einen nicht natürlichen Tod (z.B. Unfall, Fremdeinwirkung) oder eine ungeklärte Todesursache muss der Arzt umgehend die Polizei hinzuziehen.

Auch wenn der Arzt bei der ersten Leichenschau eine natürliche Todesursache feststellt, muss der Verstorbene vor der Feuerbestattung nun ein zweites Mal gründlich untersucht werden. Die zweite Leichenschau werde von bestimmten Fachärzten, wie einem Rechtsmediziner, Pathologen oder Arzt des Gesundheitsamtes durchgeführt, die durch eine öffentliche Ausschreibung ausgewählt worden sind. Die Arbeitsbelastung einzelner könne sich also erhöhen, so Breu. Auch, weil die Zahl der Ärzte im Landkreis rückläufig sei, könne es sein, dass der einzelne künftig mehr Leichenschauen machen muss.

Gewissheit über Todesursache

Trotzdem sieht Breu die Einführung der zweiten Leichenschau vor Feuerbestattungen als „durchaus sinnvoll“, da sie der Sicherheit und Qualitätssicherung diene. „Eine zweite Leichenschau bietet zusätzliche Sicherheit, um mögliche Fehler oder übersehene Anzeichen eines nicht natürlichen Todes zu vermeiden. Dies ist besonders bei einer Feuerbestattung relevant, da nach der Einäscherung keine weiteren Untersuchungen mehr möglich sind.“ Es geht nicht nur um möglicherweise unentdeckte Mordfälle. „Für Angehörige kann es zum Beispiel durchaus eine Rolle spielen, ob der Verstorbene aufgrund eines Unfalls verstorben ist, weil dann zum Beispiel eine Versicherung zahlt“, so Breu.

„Die Einführung in Bayern sorgt durch Harmonisierung der Vorschriften mit anderen Bundesländern für eine einheitlichere Regelung und stärkt die medizinische und rechtliche Qualität“. Außerdem geht Breu davon aus, dass die zusätzliche Untersuchung das Vertrauen in Bestattungsprozesse fördere und zur Transparenz beitrage. Ähnlich sieht es Gewald. Auch wenn es etwas dauern könne, bis sich die neue Praxis eingespielt habe – die Familie bekomme so „absolute Gewissheit über die Todesursache. Das ist schon sehr gut.“

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