Deutscher Touristin drohte teure Rechnung auf Mauritius-Reise – „Urlauber können auf Kosten sitzenbleiben“

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Viele haben sie und benötigen sie nie: Die Reisekrankenversicherung. Aber wenn im Ausland doch etwas passiert, ist sie unverzichtbar. Eine Urlauberin aus Deutschland hat es erlebt.

München – Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, ein falscher Schritt. Gerade wollte sie noch in einen Linienbus einsteigen, schon ist Sabine M. (Name geändert) auf dem Weg ins Krankenhaus. Sie ist gestürzt, hat starke Schmerzen in beiden Armen. Was in Deutschland schon schlimm wäre, kann im Ausland schnell zur Katastrophe werden. Denn die 75-Jährige ist gerade auf Mauritius. Doch zum Glück hat sie eine Auslandskrankenversicherung.

Schwere Verletzung auf Urlaubsinsel: Betroffene schildern, wie Versicherung Drama auf Mauritius-Reise verhinderte

Ihre Verwandten melden sich bei der Notruf-Hotline des Versicherers. Binnen weniger Minuten ist klar: Sie müssen sich keine Sorgen machen, die Behandlung wird voll bezahlt. Der Versicherer schaltet die Malteser Assistance ein. Sie ist Dienstleister für viele namhafte deutsche Versicherungsgesellschaften, die keine eigene interne Abteilung für die Abwicklung der Fälle in der Auslandsreisekrankenversicherung haben, wie Malteser-Pressesprecher Klaus Walraf erklärt.

Ukgehend haben die Malteser erstmals mit dem Krankenhaus telefoniert. Es gibt Probleme vor Ort. Das Privatkrankenhaus besteht auf sofortiger Zahlung und lehnt es ab, direkt mit der Versicherung abzurechnen. Eine weitere Behandlung, selbst die Gabe von wirksamen Schmerzmitteln, wird abgelehnt, solange nicht sofort gezahlt wird. Viele Menschen in Deutschland leiden noch immer unter Symptomen von Long Covid.

Albtraum auf der Traumreise: Eine schwere Verletzung beim Urlaub auf Mauritius bewies einmal mehr, wie wichtig eine gute Reisekrankenversicherung ist.
Albtraum auf der Traumreise: Eine schwere Verletzung beim Urlaub auf Mauritius bewies einmal mehr, wie wichtig eine gute Reisekrankenversicherung ist. © IMAGO/imageBROKER/Ingo Schulz

Die Tochter von Sabine M. fährt mit ihrer Mutter kurzentschlossen im Taxi zu einem anderen Krankenhaus, die „Clinique du Nord“. Als sie dort eintreffen, haben die Malteser bereits den Kontakt hergestellt, die Kostenübernahme geklärt – die Behandlung kann sofort beginnen. Hilfskräfte der Malteser sind auf der ganzen Welt auf unterschiedliche Art im Einsatz: Manchmal erfüllen sie auch die letzten Wünsche todkranker Kinder. Zudem kümmern sie sich um Demenzkranke.

In den kommenden Tagen sind die Mitarbeiter der Malteser-Assistance Bindeglied, Vermittler und Organisator. Die Ärzte der Malteser tauschen sich mit ihren Kollegen auf Mauritius aus, sprechen Diagnosen und Behandlung ab, entscheiden über jeden einzelnen Schritt. Im Hintergrund wird alles auch mit der Versicherung abgeklärt, um spätere Streitfälle zu vermeiden. Sobald ein Problem auftaucht, müssen sich die Angehörigen nur an die Malteser wenden, die rufen im Krankenhaus an und klären die Sache. Sabine M. bekommt ihre nötigen Medikamente nicht, obwohl ein Medikamentenplan vorliegt? Minuten nach dem Anruf bei den Maltesern erhält sie ihre Insulinspritze.

Achtstündige Operation im Ausland – Rückreise in der Business-Class

Sabine M. wird acht Stunden lang operiert. Später, als sie zurück in Deutschland ist, attestieren die Ärzte ihren Kollegen auf der Tropeninsel hervorragende Arbeit. Der Nerv wurde gerettet, die komplizierten Brüche stabilisiert. Tag und Nacht sitzt eine Krankenschwester im Raum und hilft bei Bedarf: Beim Essen, Trinken, Toilettengang, aber auch beim Telefonieren. Die Schwestern verlassen den Raum nur, wenn die Familie zu Besuch ist. Einige Tage später steht die Frage im Raum, wie die Seniorin nach Deutschland überführt werden kann. Schnell ist klar: Mit zwei gebrochenen Armen kann sie nicht gemeinsam mit ihrer Familie ins Flugzeug steigen.

Stattdessen organisieren die Malteser in Absprache mit den Angehörigen und der Versicherung den Heimtransport. Ein Notarzt und ein Rettungssanitäter fliegen aus Deutschland nach Mauritius. Gemeinsam mit den behandelnden Ärzten vor Ort klären sie die letzten Fragen. Anschließend wird Sabine M. mit dem Rettungswagen zum Flughafen gebracht. Drei Plätze in der Business-Class sind gebucht – mit ihren beiden geschienten Armen braucht sie mehr Platz. Während des gesamten Fluges wachen Arzt und Sanitäter über das Wohlbefinden der Patientin. In Deutschland angekommen, geht es wieder in den Krankentransporter und ins Krankenhaus zu Hause.

Leistungs-Unterschiede bei Versicherungen

Damit endet für Sabine M. und ihre Familie eine absolute Ausnahmesituation. Sicher, die Behandlung geht weiter, wird Zeit, Kraft und Geduld brauchen, aber sie ist wohlbehalten wieder zu Hause angekommen. Was für die Betroffenen eine Katastrophe ist, ist für die rund 30 Mitarbeiter der Malteser Assistance Alltag.

„Wir wickeln mehrere Tausend Fälle jährlich ab“, berichtet Malteser-Pressesprecher Walraf. Die Fälle würden von einer einzelnen medizinischen Abklärung durch die Malteser-Ärzte bis hin zu luft- und oder bodengebundenen Rückholungen nach Deutschland wie im Fall von Sabine M. reichen.

Rund 30 Mitarbeiter sind im Service- und Rückholcenter der Malteser Assistance damit beschäftigt, kranke oder verletzte Urlauber im Auftrag der Reisekrankenversicherungen zu betreuen.
Rund 30 Mitarbeiter sind im Service- und Rückholcenter der Malteser Assistance damit beschäftigt, kranke oder verletzte Urlauber im Auftrag der Reisekrankenversicherungen zu betreuen. © Malteser

Wichtig dabei ist: Zwischen den einzelnen Versicherern gibt es teilweise erhebliche Unterschiede. Nicht jeder bietet ein solches Rundum-sorglos-Paket wie die Versicherung von Sabine M. – da lohnt es sich, vor Vertragsabschluss genau in die Versicherungsbedingungen zu schauen.

Vor Reiseantritt: Experte rät zu Absprache mit Hausarzt

Klaus Walraf hat noch einige Tipps parat, die auf den Erfahrungen beruhen, die die Malteser im Laufe der Jahrzehnte ihrer Arbeit gesammelt haben: Bei bestehenden Vorerkrankungen sollte man vor Reiseantritt den Hausarzt konsultieren und klären, ob medizinische Gründe gegen eine Reise sprechen würden. Vorerkrankungen sollten auch dem Versicherer gemeldet werden, um einen späteren Leistungsausschluss zu vermeiden – bei Reisekrankenversicherungen handelt es sich im Kern um private Krankenversicherungen.

Um in dem Fall, von dem jeder hofft, dass er nie eintritt, schnell Kontakt mit seinem Versicherer aufnehmen zu können, sollte man die Kontaktdaten der Versicherung im Handy speichern. Wichtig ist, dass man sich medizinische Berichte und Belege – idealerweise auf Englisch – im Original aushändigen lässt, meint Walraf. Sollte es einen medizinisch unbegleiteten Rückflug geben, sei es entscheidend, dass man sich eine schriftliche „Fit to fly“-Freigabe des behandelnden Arztes vor Ort ausstellen lässt, weil die Fluggesellschaften ansonsten die Beförderung verweigern könnten.

Nach Rückreise: Erleichterung bei Urlauber-Familie – denn Klinikaufenthalt kann teuer werden

Fragt man Sabine M. und ihre Familie, dann ist nach den Ereignissen der vergangenen Wochen klar: Die Reisekrankenversicherung gehört zum Urlaub wie der Reisepass und die Zahnbürste. Selbst innerhalb Europas, wo theoretisch die gesetzliche Krankenversicherung greift: „Selbst in den EU-Staaten und den Ländern, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen hat, können Urlauber ganz oder zumindest teilweise auf ihren Kosten sitzenbleiben“, erklärt Holger Brendel von der HUK-Coburg, die rund 25.000 mal im Jahr bei Erkrankungen und Verletzungen im Ausland einspringen muss.

Werde die Europäische Krankenversicherungskarte nicht akzeptiert, behandele der Arzt den Urlauber als Privatpatienten zu höheren Kosten. Dann müsse jede Behandlung sofort bezahlt werden. Da können bei einem Klinikaufenthalt leicht mehrere Tausend Euro anfallen. Auch der Rücktransport aus dem Urlaubsland gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). (set)

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