„Sklaven Russlands“: Putin-kritische Plattform holt Stimmen der Georgien-Proteste ein
Georgien strebt in die EU. Ein landläufig „russisches Gesetz“ genanntes Vorhaben treibt Europa-zugewandte Menschen auf die Straße.
Tiflis – „Wir werden keine Sklaven Russlands werden“: Diese und ähnlich Aussagen waren am Samstag auf den Straßen von Tiflis zu hören. Zehntausende Menschen demonstrierten in der georgischen Hauptstadt gegen ein „russisches Gesetz“ – zum wiederholten Male. Die Moscow Times sprach dabei mit Demonstrierenden.
Eine 38-Jährige sagte dem Portal: „Wir müssen nicht in die Sowjetunion zurückkehren.“ Die Wut werde stärker, meinte wiederum ein 21-jähriger Student, der auch von „Sklaven Russlands“ sprach. „Wir sind nicht die Opfer der Propaganda. Wir werden nicht aufhören“, betonte er. Eine 46-Jährige, deren Mann im Ukraine-Krieg gegen die Armee von Wladimir Putin kämpft, äußerte, sie seien wütend und fühlten sich betrogen. Sie sprach von einem „Machtkampf vor den Wahlen“.
„Russisches Gesetz“ erschüttert Georgien
Die Wut entfacht sich an einem geplanten Gesetz zur „ausländischen Einflussnahme“, die Proteste dauern seit Wochen an. Die Stimmung sei „sehr, sehr angespannt“, geradezu „aufgeladen“, sagte ein Experte zu IPPEN.MEDIA. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass sich Organisationen, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, in Georgien behördlich registrieren lassen müssen.
Viele Fachleute werfen der Regierung der Ex-Sowjetrepublik vor, sie habe das geplante Gesetz nach dem Vorbild eines russischen „Agenten“-Gesetzes ausgearbeitet, um die Arbeit kritischer Verbände und Medien zu behindern. In Russland sind zahlreiche Organisationen und auch Einzelpersonen als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt, was für die Betroffenen oft große Probleme mit sich bringt. Die Maßnahme gilt als Mittel politischer Repression, um Kritiker mundtot zu machen. Das russische Justizministerium stuft auch die Moscow Times als „ausländischen Agenten“ ein.
Wie Putin Georgien im Griff hält: „Spaltung säen“
Die Regierungspartei Georgischer Traum strebt das Inkrafttreten des Gesetzes für Mitte Mai an. Stephan Malerius, Programmleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Tiflis, rechnete im Gespräch mit IPPEN.MEDIA damit, dass die Pläne Realität werden – obwohl in Umfragen seit 20 Jahren „immer konstant 80 Prozent der Menschen“ für den Weg Richtung Europa seien: Doch Spaltung zu säen sei Putins Ziel in Georgien.
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Die georgische Regierung argumentiert, das Vorhaben werde für mehr Transparenz sorgen. Eine erste Version des Gesetzestextes war im vergangenen Jahr nach massiven Straßenprotesten fallen gelassen worden. Die Vereinten Nationen, die USA und die EU haben die georgischen Gesetzespläne kritisiert. Georgien ist seit Dezember EU-Beitrittskandidat. (frs mit AFP)