Im Alter die eigene Wohnung verlassen und in ein Pflegeheim ziehen zu müssen, ist menschlich gesehen bereits ein oft trauriger Akt. Doch auch finanziell ist es eine riesige Herausforderung, denn die Kosten für einen Heimplatz werden nur teilweise von der Pflegeversicherung übernommen. Übrig bleibt ein hoher Eigenanteil, den Patienten oder deren Angehörigen zahlen müssen. Eine neue Auswertung des IW Köln zeigt jetzt allerdings, dass die Preise der mehr als 10.000 Pflegeheime in Deutschland dabei beträchtlich schwanken. Wer am falschen Ort ins Heim geht, der muss in der Spitze bis zu 1800 Euro oder 80 Prozent mehr bezahlen als am günstigsten.
Fangen wir mit den guten Nachrichten an: Glücklich kann sich schätzen, wer einen Heimplatz in Wilhelmshaven bezieht. Der kostet im Schnitt pro Monat nur 2288,40 Euro. Ähnlich günstig ist es sonst nur in weiteren Landkreisen Niedersachsens und Sachsen-Anhalts. So zahlen Sie im Jerichower Land durchschnittlich 2321 Euro, im Landkreis Wittmund 2346 Euro, im Landkreis Harz 2363 Euro sowie in den Landkreisen Helmstedt, Schaumburg, der kreisfreien Stadt Uelzen, dem Landkreis Friesland, dem Altmarktkreis Salzwedel und in Anhalt-Bitterfeld jeweils unter 2400 Euro.
Am anderen Ende der Preisskala stehen drei Städte mit Kosten von jeweils mehr als 3700 Euro im Monat. Ganz vorne findet sich Coburg in Bayern mit 4079 Euro gefolgt von Solingen und Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen. Hier liegt die Eigenbeteiligung für einen Heimplatz bei durchschnittlich 3737 beziehungsweise 3712 Euro.
Westen und Südwesten sind am teuersten
Generell zeigt sich eine klare geographische Verteilung der Kosten. So sind Pflegeheime im Westen Deutschlands, besonders in Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Baden-Württemberg am teuersten. Auch das südwestliche Bayern liegt über dem Durchschnitt. Je weiter Sie sich allerdings nach Norden und Osten orientieren, desto günstiger werden die durchschnittlichen Heimplätze. Dabei spielt es keine allzu große Rolle, ob Sie ein Pflegeheim in einer Großstadt oder auf dem Land suchen. Der Preisunterschied liegt gerade einmal zwischen durchschnittlich 3070 Euro in Städten und 2872 Euro auf dem Land.
Das IW Köln führt diese regionalen Unterschiede auf eine Reihe von Faktoren zurück. So sind etwa die Mieten, Grundstücke aber auch Personalkosten in den genannten Bundesländern höher als im Bundesdurchschnitt. Diese höheren Kosten müssen auch Pflegeheime tragen und geben sie über entsprechend höhere Eigenanteile an ihre Patienten weiter. Geringere Korrelationen zeigen sich auch mit der Beschäftigungsquote von Frauen in einer Region und den durchschnittlichen Gehältern.
Der Eigenanteil setzt sich dabei aus verschiedenen Kosten zusammen. Diese sind:
- Der Einrichtungseinheitliche Eigenanteil (EEE): Das ist die Basis des Eigenanteils. Er beschreibt die Differenz zwischen den Kosten, den die Pflegekasse je nach Pflegegrad übernimmt und den Pflegekosten der jeweiligen Einrichtung. Er schwankt in Deutschland zwischen 1088 Euro in Wilhelmshaven und 2753 Euro in Coburg, wobei die bayrische Stadt damit fast 600 Euro vor der zweitteuersten Region – Passau – liegt.
- Die Unterkunftskosten: Hierunter fällt die Miete des Zimmers mit allen zugehörigen Services, also etwa Reinigung des Zimmers und der Gemeinschaftsräume, die Wartung und Reparatur der Anlagen im Haus, die Wäscherei, die Müllentsorgung, Heizung, Strom und alle Aktivitäten, die es im Heim gibt. Am höchsten sind sie mit durchschnittlich 856 Euro pro Monat in Zweibrücken in Rheinland-Pfalz, am geringsten im bayrischen Landkreis Rhön-Grabfeld mit 369 Euro und in Schweinfurt, ebenfalls in Bayern, mit 370 Euro.
- Die Verpflegungskosten: Mit diesem Anteil zahlen Sie wie der Name es verrät, für die Verpflegung im Heim, also Frühstück, Mittagessen, Abendessen und alle weiteren Speisen und Getränke. Man sollte meinen, dass die Preise dafür über Deutschland hinweg kaum schwanken, aber weit gefehlt. Während Sie im günstigen Saale-Holzland-Kreis mit 176 Euro pro Monat davonkommen, sind es in Solingen mit 596 Euro die höchsten Kosten im Bundesgebiet.
- Die Investitionskosten: Unter diesen verbergen sich die Ausgaben eines Heims für den Aus- und Umbau, Modernisierungsmaßnahmen und Instandhaltung. Das kann vom verbesserten Brandschutz über einen neuen Aufzug bis zu neuen Möbeln in den Gemeinschaftsräumen alles sein. Auch diese Kosten schwanken stark. Am geringsten sind sie im Spree-Neiße-Kreis in Brandenburg mit nur 216 Euro pro Monat, am höchsten in Düsseldorf mit 751 Euro. Der Unterschied liegt laut IW Köln daran, wie stark das jeweilige Bundesland den Bau und Ausbau von Pflegeheimen fördert. Weniger Fördergelder bedeuten höhere Investitionen der Heimbesitzer, die wiederum über die Investitionskosten umgelegt werden.
So erklären sich die hohen Preisunterschiede
Neben Mieten und Personalkosten gibt es laut IW Köln noch weitere Gründe für das hohe Preisgefälle. Auffällig sind etwa, dass sich die Regionen mit hohen und niedrigen Eigenanteilen oft entlang der Bundesland-Grenzen bewegen. Hier spielt eben eine Rolle, dass jedes Bundesland eigene Richtlinien hat, wie Pflegeheime finanziell vom Staat unterstützt und gefördert werden. Manche, wie Nordrhein-Westfalen, vergeben Fördergelder etwa nach belegten Heimplätzen. Das führt dazu, dass Heimbesitzer kein Geld für leere Zimmer bekommen. Diese müssen aber trotzdem unterhalten und bei Ausbauten berücksichtigt werden. Entsprechend werden die Kosten also auf weniger Heimbewohner umgelegt.
Zudem gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Regeln darüber, wie viel Personal eine Einrichtung mindestens haben muss. Höhere Mindestsätze bedeuten entsprechend auch höhere Kosten, wenngleich das oft auch mit einer qualitativ besseren Pflege einhergeht. Unterschiedliche Regeln gibt es auch für die bauliche Ausstattung von Pflegeheimen. Dort, wo die Anforderungen strenger sind, steigen die Investitionskosten entsprechend.
Neben all diesen externen Faktoren ist aber auch das Profitstreben der jeweiligen Einrichtung entscheidend. „So könnten Heime je nach lokaler Kaufkraft und lokalem Angebot rent-seeking betreiben“, schreiben die Ökonomen des IW Köln. Damit ist gemeint, dass ein Pflegeheim seine möglicherweise gute Lage ausnutzt, um höhere Mieten durchzusetzen, als es aufgrund der Kosten gerechtfertigt wäre.
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Bildquelle: Getty Images/Alican Lazutti
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