Sintflut in Tutzing, Vermisster in Gilching

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Starnberg
  4. Tutzing

Kommentare

Schäden am Tag danach: Ein großer Baum fiel in Tutzing im Unwetter am Mittwochabend auf mehrere Pkw und blockierte die Schlossstraße. Deswegen kamen Retter nicht an den See, um Vermisste zu suchen. © Photographer: Andrea Jaksch

Am Jais-Weiher in Gilching suchten Rettungskräfte auch am Donnerstag noch nach einem Vermissten. Die Suche hatte am Mittwochabend wegen eines Unwetters abgebrochen werden müssen. Über dem Starnberger See fielen Regenmengen wie normalerweise nur alle 20 Jahre.

Über Teile des Landkreises ist am Mittwochabend ein schweres Unwetter hinweggezogen. Das allein war nicht die Ursache für reihenweise Einsätze für Rettungskräfte. Am Jais-Weiher in Gilching war kurz vor dem Gewitter eine Vermisstensuche angelaufen. Es soll sich um einen 46 Jahre alten Mann aus Wörthsee handeln.

Der Badegast wurde bereits seit rund zwei Stunden vermisst, als gegen 18.30 Uhr unter anderem Schnelleinsatzgruppen der Wasserwachten und die Feuerwehr Gilching alarmiert wurden. Letztere war zuerst vor Ort und suchte mit einem Schlauchboot den See ab, ohne den Vermissten zu finden. Danach übernahmen die Wasserwachten, allerdings musste die Suche wegen des von Süden heraufziehenden Unwetters ohne Ergebnis abgebrochen werden.

Ein einzelnes Unwetter war es eher nicht, sondern mehrere kleine, die sich zu einer Front verbanden. Ab etwa 18.45 Uhr brach es über Tutzing herein. „Die Regenintensität war außergewöhnlich“, beschreibt es Tutzings Feuerwehrkommandant Christoph Knobloch nüchtern. Heißt: Eine Minute im Freien, und man war nass bis auf die Knochen. Die Wehr hatte kurz vor dem Unwetter einen Fehlalarm im Krankenhaus und sah schon, was da kommen würde.

Wie stark der Regen war, zeigen Zahlen aus Wetterstationen: Jene am Kloster Schäftlarn verzeichnete fast 60 Liter Niederschlag je Quadratmeter am Mittwochabend, gegen 19.10 Uhr wurden dort 18 Liter in fünf Minuten gemessen (Rohdaten). Es war so viel, wie statistisch einmal in 20 Jahren fällt. Am südlichen Starnberger See waren es rund 37 Liter am Abend, kurz vor 19 Uhr dort zwölf Liter in fünf Minuten. Das ist fast so viel, als aus einer Dusche kommt.

Im Sturm losgerissen: Die Wasserwacht barg noch am Abend mehrere Boote vor Tutzing.
Im Sturm losgerissen: Die Wasserwacht barg noch am Abend mehrere Boote vor Tutzing. © wasserwacht

Die Folgen liegen auf der Hand: In Tutzing standen Hauptstraße und Lindemannstraße unter Wasser, ebenso einige andere Straßen und Unterführungen, auf der Bahnhofstraße ergossen sich Sturzbäche, an der Heinrich-Vogl-Straße blieb ein Autofahrer in den Wassermassen stecken, konnte sich aber in Sicherheit bringen. Wasser drückte in Häuser und Keller, in Unterzeismering stand es 30 Zentimeter hoch in einem Keller, am Nachbarhaus 40 Zentimeter an der Wand. Auch in den Keller des Feuerwehrhauses drückte Wasser hinein, so Knobloch.

Der erste von am Ende 13 Einsätzen für die Tutzinger Wehr und die Kollegen aus Traubing war jedoch eine Vermisstensuche auf dem Starnberger See. Vier Personen, so die Meldung, sollten in der Nähe eines gelben Bootes im Wasser treiben. Alarmiert wurden mehrere Wasserwachten und die Feuerwehr mit ihrem Boot. Die Feuerwehr konnte ihres nicht zu Wasser lassen, weil der Weg zur Lände an der Schlossstraße durch einen umgestürzten Baum blockiert war, der auch noch drei Fahrzeuge getroffen hatte. Ihn zu beseitigen, sei zu gefährlich gewesen mitten im Unwetter, sagte Knobloch.

Also suchte sich die Wehr eine andere Möglichkeit – und entdeckte drei Personen in Schwimmwesten, die auf dem Gehweg am Gymnasium durch den Starkregen liefen. Es waren die Vermissten, und auch den vierten fanden Helfer der Feuerwehr recht schnell. Alle wurden ins Feuerwehrhaus gebracht und medizinisch versorgt, einer kam vorsorglich ins Krankenhaus. Die anderen Wasserretter von Wasserwachten und DLRG kamen mit ihren Booten gegen Sturm und Wellen von rund 1,5 Metern nicht an und brachen die Einsatzfahrten ab, auch weil die Vermissten ja gefunden waren.

Die Tutzinger Wasserwacht fuhr am Abend noch auf den See, um drei losgerissene Segelboote zu bergen. „Eines war am Ufer aufgelaufen und drohte in ein Bootshaus zu stoßen, das andere war mit dem Kiel nahe unter Wasser stehenden Pfosten im Sand am Ufer aufgelaufen. Das dritte Segelboot konnte nicht geborgen werden, da es per Wellenschlag auf einen Stehpfosten aufgesetzt und sich verkeilt hatte. Bei Dunkelheit war es zu gefährlich, dieses zu befreien. „Es wurde gesichert, um weitere Schäden zu vermeiden“, erklärte Ortsgruppenchef Robert Lettenbauer. Auch die Wasserwachthütte stand unter Wasser.

In Tutzing stürzten noch weitere Bäume durch den Sturm um, so auch am nördlichen Ortsausgang Richtung Garatshausen. Den beseitigte die Feuerwehr Traubing, die zum Wasserrettungseinsatz alarmiert worden war und auch nicht durchkam. Auch der Rettungsdienst hatte Probleme bei der Anfahrt. Bis in den Abend hinein waren die Wehren im Einsatz, teils zu Notrufen, die wegen der geringen Menge Wasser kein Notfall waren. Am späteren Abend stürzten am Midgardhaus Bäume um. Die Feuerwehr sperrte ab, eine Firma wird im Auftrag der Gemeinde die Stämme beseitigen.

Betroffen waren auch andere Gemeinden am Starnberger See, wie Kreisbrandinspektor Max Wastian berichtete, allerdings nicht so dramatisch. In Berg und Allmannshausen liefen Keller vor, in Percha stürzte ein großer Baum am Tassiloweg auf eine Gartenhütte. Die blieb standhaft, die Feuerwehr überließ es einer Firma, den Baum zu beseitigen – weil keine Gefahr bestand.

Gegen 20 Uhr wurde ein Kellerbrand an der Berger Straße in Percha gemeldet. Als die Feuerwehren Percha und Starnberg eintrafen, waren Treppenhaus und Keller verraucht, berichtete Perchas Kommandant Thomas Fersch. Ein ausgedehnter Brand war es nicht, vielmehr schwelte ein Fensterrahmen, was schnell gelöscht worden sei, so Fersch. Zur Ursache lagen keine gesicherten Angaben vor, ein Blitzschlag erscheint möglich. In der ursprünglichen Meldung war von einem Öltank die Rede, der aber nicht betroffen war.

Einsatz am Jais-Weiher: Rettungskräfte suchen dort seit Mittwochabend nach einem Badegast.
Einsatz am Jais-Weiher: Rettungskräfte suchen dort seit Mittwochabend nach einem Badegast. © wasserwacht

Die Suche nach dem Vermissten im Jais-Weiher wurde am Donnerstag fortgesetzt. Eine Bekannte hatte das Auto und die Kleidung des Mannes entdeckt, inklusive Autoschlüssel und Geldbeutel, und einen Notruf abgesetzt. Rettungskräfte suchten mit Booten und Wärmekameras. Wie Einsatzleiter Christoph Aumiller von der Wasserwacht Wörthsee berichtete, hätten auch zwei Taucher mit Sonarsystemen versucht, den Mann zu finden. Die Suche wurde am Donnerstagabend ohne Ergebnis beendet und soll heute fortgesetzt werden.

Auch interessant

Kommentare