In gestohlenem Boot geschlafen

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Bootshütten an der Starnberger Seepromenadewaren Ziel eines Einbrechers in der Nacht zum Mittwoch. Dorthin brachte ihn einer der Geschädigten auch wieder zurück. © Peter Schiebel

Erst ließ er sich Essen liefern, ohne es zu bezahlen. Dann stieg er in zwei Bootshäuser ein und entwendete unter anderem ein Elektroboot. Ein 21-Jähriger hat in der Nacht zum Mittwoch ganz schön über die Stränge geschlagen. Fischer und Bootsverleiher Peter Schropp fand ihn schließlich in Niederpöcking – schlafend im gestohlenen Boot.

Da lag sie, die „Rubin“. In einer kleinen, privaten Hafeneinfahrt in Niederpöcking entdeckte Fischer Peter Schropp am Mittwochvormittag das Elektroboot, das zu seinem Verleih gehört und das ihm in der Nacht zuvor aus seiner Bootshütte an der Starnberger Seepromenade gestohlen worden war. Und den Dieb entdeckte Schropp auch – der lag nämlich selig schlafend noch in der „Rubin“. Schropp weckte ihn und brachte ihn übers Wasser zurück nach Starnberg, wo die Polizei den 21 Jahre alten Täter gegen 11 Uhr festnahm. Damit endete eine Polizeigeschichte, die ein paar Stunden zuvor in der Starnberger Innenstadt ihren Anfang genommen hatte.

Kurz nach Mitternacht hatte der 21-Jährige – deutscher Staatsbürger, arbeitslos, kein fester Wohnsitz – Hunger, aber kein Geld. Nachdem er die offene Tür eines Einfamilienhauses in der Innenstadt bemerkt hatte, bestellte er an diese Adresse bei einem Lieferdienst Essen, unter anderem zwei Burger und Geschnetzeltes. Alles in allem ging es um einen niedrigen dreistelligen Betrag, wie Georg Buchmann von der Starnberger Polizei mitteilt. Als der Auslieferer die Ware brachte, trug der 21-Jährige sie ins Haus, sagte, dass er noch Geld holen müsse, sprang aus einem rückwärtigen Fenster und rannte davon. Der Mitarbeiter meldete den Vorgang kurz darauf bei der Polizei.

Wenig später hatte der 21-Jährige die nächste ganz schlechte Idee. Er verschaffte sich seeseitig Zugang zu mindestens zwei Bootshütten auf der Promenade, darunter die Hütte der Familie Schropp. Aus den Hütten entwendete er eine Geldkassette, eine geringe Menge Bargeld, Musikboxen – und Elektroboot „Rubin“. Mit dem verschwand er anschließend in der Nacht.

Gegen 8.15 Uhr am Mittwoch bemerkte Kilian Schropp das Malheur. Der 35 Jahre alte Bootsbauer war etwas früher in der Hütte als sonst, weil er den Hochwassersteg am Bootshaus wieder abbauen wollte, nachdem der Pegel in den vergangenen Wochen gesunken ist. Sofort bemerkte er, dass ein Boot fehlte. „Ich dachte mir, das kann ja gar nicht sein“, erzählt Kilian Schropp im Gespräch mit dem Starnberger Merkur. Er informierte seinen Vater Peter Schropp (69), der sich wenig später mit einem Fischerboot auf die Suche nach der „Rubin“ machte.

„Mein Vater ist den See westwärts in Richtung Roseninsel abgefahren“, erzählt Kilian Schropp. „Wir dachten, das Boot liegt irgendwo oder treibt umher.“ Schropp senior schaute deswegen auch in Häfen und Einfahrten – und fand das gesuchte Elektroboot samt Dieb schließlich kurz vor dem Paradies auf einem Privatgrundstück. Die Familie informierte die Polizei, die anbot, nach Pöcking zu fahren. Da hatte Peter Schropp den 21-Jährigen aber schon geweckt. Und der war offenbar so verdutzt und zudem nicht auf Krawall aus, dass er Schropps Aufforderung nachkam, die „Rubin“ wieder startete und neben dem Fischerboot her zurück nach Starnberg fuhr. Am Verleih legte er ordnungsgemäß an und ließ sich widerstandslos von der Polizeistreife mitnehmen, die nahezu zeitgleich gegen 11 Uhr auf der Seepromenade eingetroffen war.

„Das gesamte Diebesgut und die Reste der Essenslieferung befanden sich noch im Rucksack“, berichtet Georg Buchmann. Die Beamten nahmen den 21-Jährigen mit auf die Dienststelle. Nach der erkennungsdienstlichen Behandlung und Abgabe einer DNA-Probe wurde der Mann wieder entlassen. Ihn erwartet nun ein Strafverfahren wegen Diebstahls und Betrugs. Die Ermittlungen zu den genauen Tatumständen dauern noch an. Dabei geht es auch um die Frage, wie genau der Täter in die Hütten eingedrungen ist. Ihm gegenüber habe er von einem kleinen Beiboot berichtet, das er genutzt habe, erzählt Kilian Schropp. Das sei bislang aber nicht gefunden worden. Das Diebesgut haben die Eigentümer – Schropp und ein benachbarter Bootsverleih – mittlerweile wieder zurück.

Für das Verhalten von Peter Schropp hat die Polizei lobende Worte parat: „Für das couragierte Handeln gebührt dem Vater mein Respekt und mein Dank“, sagt Georg Buchmann. „Trotzdem muss sich natürlich niemand selbst in Gefahr bringen.“

Ach ja: Der Täter tauchte am Mittwoch übrigens noch einmal beim Bootsverleih auf, wie Kilian Schropp berichtet. Er hatte in dem gestohlenen Elektroboot nämlich sein Handy vergessen. Auf seine Frage, warum er die Tat begangen habe, habe der 21-Jährige geantwortet, dass er keinen Job und keine Perspektive, aber Geld gebraucht habe.

Bootshütten Starnberg
Bootshütten an der Starnberger Seepromenade waren Ziel eines Einbrechers in der Nacht zum Mittwoch. Dorthin brachte ihn einer der Geschädigten auch wieder zurück. © Peter Schiebel

Für das couragierte Handeln gebührt dem Vater mein Respekt und mein Dank.

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