„Fahren Panzer für Wodka“: Abgefangenes Telefonat enthüllt Zustand von Putins Armee

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In der Ukraine werden viele Schandtaten russischer Soldaten aufgedeckt. Aber auch die eigene Bevölkerung scheint vor Wladimir Putins Truppe nicht sicher zu sein.

Belgorod – Nach mehr als drei Jahren Ukraine-Krieg lässt sich für Kreml-Chef Wladimir Putin längst nicht mehr glaubhaft vermitteln, dass seine Invasion nach Plan läuft. Dafür sind die Rückschläge beim ursprünglich geplanten Marsch auf Kiew zu groß, die Verluste innerhalb seiner Armee zu zahlreich. Obwohl Russlands Präsident weder Mensch noch Material schont, geht es für die Truppe kaum voran.

Das zerrt auch an den Nerven der härtesten Soldaten. Einige Unzulänglichkeiten der russischen Offensive sind bestens dokumentiert. So beorderte Moskau bereits früh Panzer aus alten Sowjet-Zeiten ins Kampfgebiet, um die Lücken zu füllen. Mittlerweile zeigen Aufnahmen, wie Soldaten in Frontnähe mit konventionellen Fahrzeugen unterwegs und damit der ukrainischen Verteidigung quasi schutzlos ausgeliefert sind.

Putin und der Ukraine-Krieg: Soldat beschwert sich über ausbleibenden Sold

Mancher Militär klagte sein Leid bereits deutlich, wie Enthüllungen etwa von Telefonaten zeigten. Nun verbreitete das Projekt „Ich will leben“, das sich mit Unterstützung des ukrainischen Verteidigungsministeriums russischen, fahnenflüchtigen Soldaten annimmt, unter anderem auf seinem X-Account ein weiteres abgefangenes Telefonat, das tief blicken lässt. Darüber berichtet die Kyiv Post.

Gefahr für die eigene Bevölkerung? Ein russischer Soldat steht in einem zerstörten Dorf in der Region Kursk. © IMAGO / ITAR-TASS

In der Aufnahme klagt ein Soldat über den Sold und warnt davor, zu welchen Schandtaten sich seine Kameraden in der Ukraine hinreißen lassen. So schimpft er: „Es gibt verdammt nochmal kein Gehalt.“ Gezahlt werde nur willkürlich, dem Mann zufolge einmal 29.000 Rubel, später 15.000 und dann noch einmal 37.000. Zusammen also 81.000 Rubel – das macht umgerechnet knapp 900 Euro.

Weiter moniert der Soldat, er habe „keinen Kursk-Bonus, keinen Was-zum-Henker-auch-immer-Bonus“ bekommen. Offensichtlich war er also in der russischen Grenzregion im Einsatz, in die ukrainische Streitkräfte im vergangenen Spätsommer einrückten und aus der sie nach Moskaus Angaben vor wenigen Wochen zurückgeschlagen worden sein sollen. Mutmaßlich mit Hilfe nordkoreanischer Kämpfer.

Russlands Soldaten als Gefahr für Zivilisten: „Sie suchen betrunken nach Frauen“

Außerdem verdeutlicht der Soldat, er hoffe, mit seiner Truppe nicht irgendwo anders hin verlegt zu werden. Das lässt darauf schließen, dass er in einer weniger umkämpften Region eingesetzt ist. Wie es um die Moral innerhalb der Einheit bestellt ist, zeigt sich, als er berichtet, einige Kameraden würden sich mit Wodka fürs Panzerfahren bezahlen lassen.

Panzer mit vielen Soldaten rollt eine Straße entlang
Panzerfahren, um an Alkohol zu kommen? In der russischen Armee scheint es zunehmend an Disziplin zu mangeln. (Archivbild) © IMAGO / SNA

Daraufhin erwidert die Frau am anderen Ende der Leitung, die offenbar in der Belgorod-Region an der Grenze zur Ukraine zu Hause ist, dieses Verhalten sei unter Soldaten in ihrem Dorf und in benachbarten Siedlungen an der Tagesordnung. Konkret beschreibt sie die Situation in einem Dorf nahe der Grenze, wo die Soldaten die Kontrolle über sich verloren hätten: „Sie fahren Panzer, um an Wodka heranzukommen, verdammt nochmal. Werden betrunken und suchen sich dann Frauen in Bubnovo. Sie wollen junge Mädchen. Menschen haben um Hilfe geschrien!“

Die Soldaten würden Angst und Schrecken verbreiten und die Zivilisten seien ihnen schutzlos ausgeliefert. „Sie machen, was immer sie wollen. Sie sind betrunken, fahren herum, ziehen durch das Dorf, prügeln sich direkt vor den Leuten“, listet die Frau auf: „Vergangene Woche haben sie sich betrunken und ‚Katjuscha‘ im Chor gesungen.“ Dabei handelt es sich um ein in Russland beliebtes Liebeslied.

Gräueltaten durch Putins Soldaten: Kommandeur deckt unfreiwillig fast 200 Fälle auf

In dem Zusammenhang mit diesen Aussagen erinnert das Projekt „Ich will leben“ an die Aufnahme einer Aussage von General Apti Alaudinow. Der russische Offizier tschetschenischer Abstammung kommandiert die Spezialeinheit Achmat und erklärte in jenem Video vor einigen Monaten, er habe den Leiter der Abteilung für innere Angelegenheiten des Gebiets Kursk persönlich gefragt, ob seine Soldaten Probleme verursachen würden.

Als Antwort sei ihm mitgeteilt worden, dass es auf dem Territorium 187 Verbrechen durch Militärs gegeben habe, darunter Morde und Vergewaltigungen. Jedoch würden Achmat-Kämpfer mit keinem der Vorfälle in Verbindung stehen. Was Alaudinow als Bestätigung der Disziplin innerhalb seiner Einheit verkauft, stellt für andere Zuhörer den Beweis dafür dar, dass russische Soldaten unter der Zivilbevölkerung – offenbar der ukrainischen wie auch der eigenen – diverse Gräueltaten verüben.

Das ukrainische Projekt fragte daher schon bei der Verbreitung des Videos im Oktober 2024: „Wenn das russische Militär es geschafft hat, nur in einer kleinen Frontregion ihres eigenen Landes fast 200 Verbrechen zu begehen (wir sind sicher, dass die Zahl in Wirklichkeit viel höher ist), können Sie sich vorstellen, was sie sich in den besetzten Gebieten der Ukraine erlauben?“ (mg)

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