Für Angriff in Kursk: Putin sammelt 50.000 russische und nordkoreanische Soldaten

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Berichte über russische Gegenoffensive: Scheinbar droht bei Kursk ein Schlag Putins (Archivbild) © IMAGO/Sergey Bobylev

Ausgezehrte ukrainische Kräfte treffen bei Kursk auf junge, bis aufs Blut gedrillte Nordkoreaner: Scheinbar droht bei Kursk jetzt ein Schlag Putins.

Kursk – „In einer Sache sind sie vielleicht sogar besser als die Russen, nämlich in Sachen Zusammenhalt und Disziplin“, urteilt George Barros. Den Analysten am US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) treibt die Frage um, welchen Einsatzwert die nordkoreanischen Truppen an der Seite ihrer neuen russischen Waffenbrüder hätten. Die New York Times (NYT) verbreitet aktuell die These, Wladimir Putin ziehe gerade 50.000 Kräfte zusammen, um die eingedrungenen Truppen der Ukraine von seinem Territorium zu fegen.

Bewegung an der Front in Kursk: Ukraine-Krieg steuert möglicherweise auf Entscheidung zu

Allerdings sind die Meldungen widersprüchlich. Das ISW wollte kürzlich belegen können, dass die Ukraine bei Kursk wieder in der Vorwärtsbewegung sei – trotz erster Zusammenstöße der ukrainischen Kräfte mit den Hilfstruppen Wladimir Putins aus Nordkorea. Demnach habe die Ukraine also wieder die Initiative ergriffen. Scheinbar kommt an die dortige Front Bewegung. Möglicherweise steuert der jetzt ins dritte Jahr gehende Krieg auf eine Entscheidung zu.

Sollte Wladimir Putin trotz nordkoreanischer Unterstützung mit einer Gegenoffensive scheitern, wäre politisch seine Reputation perdu und die Moral seiner Invasionsarmee angeknackst – nebenbei hätte Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un vor der Welt und vor Südkorea sein Gesicht verloren. Geriete die Ukraine in den Rückwärtsgang müsste sie vermutlich einsehen, dass sie an keiner Front mehr vorwärts käme. So oder so scheint eine Entscheidung überfällig, um Verhandlungen aufzunehmen. Mit welchem Ergebnis auch immer.

„Tausende zusätzliche Infanteristen können in Kursk einen Unterschied machen. Diese Soldaten sind jünger und körperlich besser in Form als viele russische Zeitsoldaten.“

Russland übt Druck an mehreren Fronten aus: Kursk-Plan über Entlastung der Ostukraine ist gescheitert

Tragischerweise ist wohl der Plan der Ukraine gescheitert, Russland in die Bedrängnis zu bringen, Truppen aus der Ostukraine zurück zu verlegen. Laut der NYT herrsche in den USA die Überzeugung, dass Russland seine Truppen zusammengezogen habe, ohne Soldaten aus der Ostukraine abziehen zu müssen – für die Ukraine die oberste Priorität auf dem Schlachtfeld –, was Moskau ermögliche, an mehreren Fronten gleichzeitig Druck auszuüben, wie die NYT-Autoren Julian E. Barnes, Eric Schmitt und Michael Schwirtz zusammengetragen haben.

Die Meldungen über die russische Massierung von Truppen in der Stärke von 50.000 Kräften gehen allerdings bereits seit mindestens vier Wochen durch die Medien. Newsweek hatte bereits Mitte Oktober veröffentlicht, Russland hätte bereits 50.000 Kräfte bei Kursk zusammengezogen, um eine Gegenoffensive voranzutreiben. Möglicherweise galoppiert lediglich die gegenseitige Propaganda den kämpfenden Einheiten voraus – oder die Welt versucht, das Unfassbare in Worte zu kleiden. John V. Parachini hatte Mitte September sogar gemutmaßt, Russland könne Chemiewaffen einsetzen, wenn der Ukraine auf eigenem Territorium mit Pulver und Blei nicht mehr beizukommen sei.

Russlands Strategie der rohen Gewalt: Nordkoreanische Soldaten für Putin im Ukraine-Krieg

Nur mit dem Einsatz nordkoreanischer Soldaten in russischen Uniformen hatte keiner gerechnet. Richtig lag der Beobachter des US-Thinktanks Rand Corporation allerdings damit, dass, wie er schrieb, Russland wahrscheinlich seine Strategie der rohen Gewalt fortsetzen würde. Insofern ist tatsächlich davon auszugehen, dass die russische Führung die Soldaten des kommunistischen Bruderstaates in den Tod treiben wird.

Südkorea beispielsweise ist inzwischen besorgt darüber, dass Tausende nordkoreanische Soldaten auf einem Kriegsschauplatz Kampferfahrung sammelten und die erworbenen Fähigkeiten nach ihrer Rückkehr möglicherweise gegen Südkorea richten könnten, wie der britische Indpendent nahelegt. Möglicherweise hat diese Befürchtung ihre Berechtigung. Das vermeintlich in Kursk eingesetzte 11. Korps Nordkoreas, auch Sturmkorps genannt, soll individuell kampfstarke Soldaten umfassen.

Damit konterkariert Russland die Meinung vieler Beobachter, seine Invasionsarmee sei durch den plötzlichen Einfall feindlicher Truppen in die Defensive gedrängt worden. „Der vielleicht bedeutendste Erfolg besteht darin, dass Kiew mit diesem Manöver den Russen seine Initiative aufzwingt. Moskau war gezwungen, zu ungünstigen Bedingungen zu reagieren und zusätzliche Kräfte an einem neuen Stützpunkt einzusetzen“, schreibt Dmytro Zhmailo. Die Einschätzung des Autoren der Moscow Times zum jetzigen Zeitpunkt wirkt irritierend.

Putin setzt auf zusätzliche Kräfte im Ukraine-Krieg

Tatsächlich hat Wladimir Putin Personal in die besetzte Region umgruppiert. Aber eben frische und zusätzliche Kräfte, anstatt der bisher über alle Medien hinweg geteilten Behauptung, Russland sei gezwungen, seine bisherigen Verbände auszudünnen, beispielsweise an der Front um Charkiw. Das wird sich wahrscheinlich fortsetzen. „Russland beginnt eigentlich erst hinter dem Ural – in Städten, deren Namen Sie vermutlich noch nie gehört haben mit Straßen, die bis heute nicht asphaltiert sind“, sagt Markus Reisner. Der Oberst des Österreichischen Bundesheeres hatte jüngst im Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr eine Lagebeurteilung abgeben; die fiel desaströs aus.

„Dort sind 50.000 Euro mit einer Bonuszahlung von bis zu 16.000 Euro viel Geld – das Fünffache vom Durchschnittseinkommen. Und der Buryate als eine von 160 Ethnien in Russland weiß nicht, was ihn an der Front erwartet. Und wenn er dann dort ist, dann ist es zu spät. Und wenn der sich umdreht, dann steht dort wie vor 80 Jahren ein Kommissar und zeigt ihm den Weg an die Front.“ Reisner zufolge schiebe der Russe nach – bis zu 30.000 Mann pro Monat. „Die schaffen das; auch nicht unbegrenzt, aber vielleicht ein bißchen länger als die Ukraine.“

Lage an der Front im Ukraine-Krieg: Kontroverse Berichte über Putins Truppen in Kursk

Der Aussage des Österreichers steht entgegen, dass Newsweek Anfang Oktober über einen Dokumentarfilm des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Sender Suspilne berichtet hat. In dem Streifen hatte Oleksandr Syrskyi behauptet, „dass 50.000 russische Soldaten von anderen Fronten, von denen sie in der Ukraine Offensivoperationen durchgeführt hatten, abgezogen worden seien“, wie Newsweek schreibt. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte behauptete, „dieser Schritt der Russischen Föderation schwäche die Position des russischen Militärs auf dem Schlachtfeld, insbesondere an den Fronten um Saporischschja, Cherson und Kramatorsk in der Ukraine“.

Offenbar eine Fehleinschätzung des militärischen Führers. Anders herum: Sollte diese Aussage den Tatsachen entsprechen und die aktuelle Meldung der New York Times stimmen, hätte Russland in Kursk demnächst 100.000 Mann stehen. Damit wäre dann ein Fünftel von Wladimir Putins Invasionsarmee rund um Kursk stationiert – seine Einschätzung hatte der ukrainische Heerführer im Juli gegenüber dem britischen Guardian abgegeben. Ihm zufolge betrug die russische Truppenstärke Mitte 2024 mehr als 500.000 Soldaten. Er rechnete, laut seinen Aussagen, damit, dass diese Zahl bis Ende des Jahres auf fast 700.000 Mann gestiegen sein würde.

Gegenüber dem Guardian versuchte der Offizier Zuversicht zu verbreiten. Sehr oft hätten „widerstandsfähige und heldenhafte“ ukrainische Einheiten größere feindliche Gruppen besiegt, wie er dem Guardian-Autor Luke Harding diktierte. Für den österreichischen Historiker und aktiven Soldaten Reisner eine sehr gewagte Äußerung, wie er gegenüber den Bundeswehr-Offizieren angab: Die US-amerikanischen HIMARS-Mehrfachraketenwerfer (High Mobility Artillery Rocket System) seien für die Russen tatsächlich eine Überraschung gewesen und hätten sie gezwungen, mit ihrer gesamten Logistik auf Distanz zu bleiben.

„Tausende zusätzliche Infanteristen“: Nordkoreaner könnten im Ukraine-Krieg eine Wende bringen

Allerdings, so moniert er, hätte die Ukraine 20 Stück davon bekommen; die Amerikaner allein besäßen seines Wissens nach insgesamt 340 davon. Für ihn die falsche Strategie. Laut der New York Times sähen US-Offizielle allerdings die meisten Bodengewinne Russlands dem Umstand der defizitären ukrainischen Truppenstärke geschuldet. Die gleichen Quellen der NYT äußerten die Befürchtung, Nordkorea allein könnte bis zu 100.000 Soldaten nachschieben.

Im Mai hatte die Ukrainska Prawda berichtet, das Durchschnittsalter der ukrainischen Kämpfer läge zwischen 40 und 45 Jahren. Das Durchschnittsalter der russischen Armee wird durch das frische nordkoreanische Blut wahrscheinlich deutlich gesenkt, vermutet Rob Lee. Der Analyst des US-Thinktank Foreign Policy Research Institute rechnet damit, dass die Nordkoreaner unabhängig von ihrer Zahl eine Wende bewirken, wie ihn die New York Times zitiert: „Tausende zusätzliche Infanteristen können in Kursk einen Unterschied machen. Diese Soldaten sind jünger und körperlich besser in Form als viele russische Zeitsoldaten.“

Auch interessant

Kommentare