Britischer Militärchef warnt: Nato stehe vor „drittem Nuklearzeitalter”

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Dem britischen Militärchef zufolge hat der Umgang mit Nuklearwaffen eine neue Stufe erreicht. Die Welt stehe vor einer neuen Stufe des Atomzeitalters.

London – Admiral Sir Tony Radakin, Chef des britischen Verteidigungsstabs, sagte am Mittwoch (4. Dezember) in einer Rede am Royal United Services Institute (RUSI) in London, dass sich das globale Gleichgewicht der Kräfte verschiebe. Dabei fügt er hinzu, dass den Nato-Staaten ein „drittes nukleares Zeitalter“ bevorstehe.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 konnte der Kreml erhebliche Zugewinne in der Ostukraine verzeichnen. Die fast drei Jahre des Krieges waren geprägt von unverhohlenen nuklearen Drohungen. Der russische Präsident Wladimir Putin versetzte seine nuklearen Abschreckungskräfte zu Beginn des Ukraine-Krieges in höchste Alarmbereitschaft. Monate später erklärte Sergej Lawrow, Außenminister im Kreml, die Risiken eines nuklearen Konfliktes seien „erheblich“ geworden.

Putin simuliert atomaren Vergeltungsschlag gegen Russland und macht der Nato Vorwürfe

Putin erklärte im März diesen Jahres, Russland sei militärisch und technisch ausgerüstet und „bereit“ für einen Atomkrieg. „Von russischer Seite haben wir wilde Drohungen mit dem Einsatz taktischer Nuklearwaffen, groß angelegte Nuklearübungen und simulierte Angriffe auf Nato-Länder erlebt, die alle darauf abzielen, uns davon abzuhalten, die zur Wahrung der Stabilität erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen“, so Radakin.

Ende Oktober hatte Putin ein großangelegtes Atomwaffenmanöver abgehalten – laut Kreml sollte damit ein Vergeltungsschlag des Feindes simuliert werden. Immer wieder drohte einer der engsten Verbündeten Putins, Dmitri Medwedew, mit einem atomaren Vergeltungsschlag gegen den Westen.

Als „Chief of the Defence Staff“ leitet Tony Radakin die Streitkräfte des Vereinten Königreichs.
Als „Chief of the Defence Staff“ leitet Tony Radakin die Streitkräfte des Vereinten Königreichs. © IMAGO/Justin Ng/Avalon

„Wir stehen am Beginn eines dritten Atomzeitalters“ – Sicherheitsarchitektur fehle fast völlig

Das „erste nukleare Zeitalter“ waren die Jahrzehnte des Kalten Krieges, sagte Radakin. In den Jahrzehnten des Kalten Krieges bauten die USA und die damalige Sowjetunion in großem Umfang Atomwaffen auf, „geleitet von der Gefahr einer unkontrollierbaren Eskalation und der Logik der Abschreckung“, fuhr der Militärchef fort.

„Das zweite Nuklearzeitalter bestehe „aus Abrüstungsbemühungen und der Bekämpfung der Verbreitung von Atomwaffen“. Wie die Federation of American Scientists (FAS) Anfang des Jahres 2024 erklärt hat, haben die weltweiten Atomwaffenbestände seit Anfang der 1990er Jahre abgenommen, das Tempo des Abbaus verlangsame sich allerdings.

„Aber wir stehen am Beginn eines dritten Atomzeitalters“, sagte Radakin. Es sei „insgesamt komplexer“ geworden und „geprägt von vielfältigen und gleichzeitigen Dilemmata, der Verbreitung nuklearer und disruptiver Technologien und dem fast völligen Fehlen der Sicherheitsarchitekturen, die es früher gab.“

Britischer Militärchef setzt auf nukleare Abschreckung des Westens - Russischer Atomschlag sei unwahrscheinlich

In der Nato verfügen die USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich über Atomwaffen, aber auch mehrere andere europäische Stützpunkte beherbergen taktische US-Atomwaffen. Auch China baut seine Nuklearstreitkräfte aus. Nordkorea erhalte Unterstützung seitens Russland bei seinen Raketen- und Nuklearprogrammen, sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte nach einem Außenministertreffen in Brüssel.

Laut dem britischen Militärchef Radakin bestehe allerdings „nur eine geringe Chance für einen bedeutenden direkten Angriff oder eine Invasion Russlands auf das Vereinigte Königreich“ und darüber hinaus auf andere Nato-Mitgliedstaaten. Moskau sei sich bewusst, dass die Antwort der Nato-Staaten „überwältigend sein würde, ob konventionell oder nuklear“, sagte Radakin und fügte hinzu, dass eine starke nukleare Abschreckung „funktioniert und funktionieren wird“. (smk)

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