Jäger wollen mehr Anerkennung, auch finanziell: „Warum sollten wir das umsonst tun?“

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„Nicht waidgerecht beschossen“, steht auf einem bei der Ebersberger Hegeschau ausgestellten Wildschädel. Das Tier hatte ein Wilderer liegen gelassen. © Artist S.ROSSMANN

Mehr Wertschätzung ihres Ehrenamts fordern die Ebersberger Jäger bei ihrer Hegeschau 2024. Von ihrem Engagement profitiere schließlich die Allgemeinheit - und viele wüssten das nicht zu schätzen.

Landkreis – Die Jagd als Privileg, der Umgang mit scharfen Schusswaffen und das Töten von Tieren: Bei diesen Themen ist die Jägerschaft in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren schnell in die Defensive geraten. Die Hegeschau am vergangenen Wochenende im Alten Speicher in Ebersberg ließ aber neues Selbstbewusstsein erkennen. Denn die Leistungen für Natur, Wild und Umwelt, die die 800 Jäger im Landkreis ehrenamtlich erbringen, könnten nicht annähernd so kostengünstig durch staatlich bestallte Berufsjäger bewältigt werden, so Kreisvorsitzender Karem Gomaa. Mal abgesehen davon, dass es derzeit überhaupt nicht genügend davon gebe.

Abschussprämie für Schwarzwild: Ein Richtungsanzeiger?

Er hat gut geredet, fanden die Jäger und spendeten Applaus. Gomaa ließ erkennen, dass der Einsatz für die Allgemeinheit aus erheblichen privaten Mitteln der Jäger in ferner Zukunft vielleicht ein Ende finden könnte. So abwegig sei das nicht, meinte der Kreisvorsitzende sinngemäß. Dass es bereits eine Abschussprämie für Schwarzwild gibt, weist tatsächlich in diese Richtung. Wildsäue verursachen oft erhebliche Schäden in der Landwirtschaft. Außerdem droht bei einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest reihum die Tötung der Hausschweinbestände in den Ställen in der Umgebung, weshalb das Schwarzwild im Landkreis Ebersberg bereits reduziert wurde.

Richard Fauth, Leiter der Hegegemeinschaft „Vorm Holz“, die die Hegeschau diesmal ausgerichtet hatte, berichtete davon, dass im abgelaufenen Jagdjahr 122 Wildsauen im Landkreis erlegt worden seien. „Das ist ein deutlicher Rückgang“, sagte er. Allein im Ebersberger Forst aber wurden weitere 582 Sauen erlegt. Der Klimawandel mache den Einsatz der Ebersberger Jägerschaft unverzichtbar, so Gomaa. „Der dringend benötigte Waldumbau zu klimaresistenten Wäldern ist ohne uns Privatjäger nicht zu machen“, ist er sich sicher. „Gleichzeitig liefern wir Jäger ein hochwertiges, regionales Biolebensmittel.“ Gomaa weiter: „Wir sitzen dabei in einem Boot mit den Land- und Forstwirten, die zunehmend von der städtischen Bevölkerung bevormundet werden.“

Jäger-Vorstand Karem Gomaa (li.) mit Staatsforsten-Chef Heinz Utschig.
Jäger-Vorstand Karem Gomaa (li.) mit Staatsforsten-Chef Heinz Utschig. © Artist S.ROSSMANN

Das Privileg der Jagd fällt uns nicht in den Schoß, wir müssen Überzeugungsarbeit leisten.

Dabei bewirtschafte der deutsche Durchschnittsbürger ungefähr nur „zwei Blumenkästen“, so der Vorsitzende der Kreisjägerschaft und ermahnte seine Mitstreiter: „Das Privileg der Jagd fällt uns nicht in den Schoß, wir müssen Überzeugungsarbeit leisten.“ Die Hegeschau diene deshalb auch dem Zweck, der Öffentlichkeit das Bild des Jägers realistisch zu vermitteln: „Deutschland ist Kulturlandschaft und kein Nationalpark.“ Und für den Erhalt dieser Kulturlandschaft leisteten auch die Jäger ihren Beitrag. „Wenn nicht gejagt wird, würden sich Flora und Fauna dramatisch verändern.“

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Wer bei der Erhaltung der Kulturlandschaft mithelfe, helfe auch, zahlreiche Nischen zu erhalten, in denen einheimische Arten ihren Platz und Lebensraum gefunden haben, so Gomaa sinngemäß. „Warum sollten wir das umsonst tun? Die Allgemeinheit profitiert davon!“, gab er zu bedenken.

Die Rehwildstrecke mit 2500 erlegten Tieren zeugt zwar von einem stabilen Bestand im Landkreis Ebersberg. Allerdings kamen dabei schon 453 Stück durch Autounfälle ums Leben. Dass es Meister Lampe im Landkreis gut geht, kann man nicht behaupten. 205 geschossene Feldhasen seien „denkbar wenig“ so Fauth. Beim Flugwild sieht die Situation nicht besser aus, wovon neun Fasane und eine erlegte Schnepfe zeugen. Da haben die Jäger im Landkreis also noch genügend Spielraum, um weitere Überzeugungsarbeit zu leisten oder neue Schwerpunkte zu setzen. Dass sie in dieser Hinsicht nicht untätig waren, belegen 91 neu angelegte Wildäcker, die sich auf 21 Hektar Fläche verteilen. Außerdem wurden über 430 Vogelnistkästen aufgehängt.

Landratsstellvertreter Walter Brilmayer und der Ebersberger Bürgermeister Ulrich Proske bedankten sich in ihren Grußworten bei der Ebersberger Jägerschaft dafür, was diese für den Waldumbau leiste und dafür, dass sie der Bevölkerung die Notwendigkeit der Jagd erklärt. Im Ebersberger Museum Wald und Umwelt fand dazu eine eigene Ausstellung statt, die von 2000 Interessierten besucht wurde.

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