Warum werden Menschen kriminell? Zu dieser Frage startet an der Vhs Neufahrn-Hallbergmoos eine Vortragsreihe von Kriminologin Kristina Straßburger.
Neufahrn – Der „Tatort“ ist ein Fernsehklassiker, Krimis und Thriller landen regelmäßig auf Bestseller-Leselisten – Verbrechen faszinieren die Gesellschaft. Aber woran liegt es, dass Menschen kriminell werden? Dieser Fragestellung widmet sich Kristina Straßburger in einer dreiteiligen Vortragsreihe an der Vhs Neufahrn-Hallbergmoos. Die 31-Jährige ist Dozentin für Kriminologie an der Universität Regensburg und Expertin für Prävention von sexualisierter Gewalt. Im Interview spricht sie darüber, was hinter dem „Serienmörder-Gen“ steckt, welchen Einfluss das soziale Umfeld auf die Straffälligkeit hat, und sie erklärt, wer bei ihr im Publikum gut aufgehoben ist.
Frau Straßburger, der Titel der Vortragsreihe an der Vhs ist „Warum werden Menschen kriminell?“ Lässt sich diese Frage überhaupt so leicht beantworten?
Der Titel hat das Ziel, Interesse zu wecken und die Leser:innen direkt mit der zentralen Frage in Berührung zu bringen, die in ihren Köpfen präsent ist. Dabei ist wichtig zu betonen, dass die Vortragsreihe selbst die Vielschichtigkeit dieses Themas beleuchtet und sich bewusst davor hütet, die Frage einfach oder vollständig zu beantworten.
Begehen Menschen schwere Straftaten, ist das Umfeld oft schockiert, man hört von Aussagen wie „Er sieht doch so nett aus“ oder „Sie hat immer so freundlich gegrüßt“. Man kann ja auch nicht an der Nasenspitze ablesen, ob jemand kriminell ist, oder?
In der Tat sieht man es den Menschen nicht an – auch, weil es ein großes Anliegen von Verbrecher:innen ist, unentdeckt zu bleiben und sie mit ihren Täter:innenstrategien auf eine möglichst unscheinbare Fassade hinwirken.
Was ist dran an der Erzählung vom „Serienmörder-Gen“? Hat Kriminalität wirklich biologische Wurzeln?
Die Vorstellung vom „Serienmörder-Gen“ ist stark vereinfacht und wissenschaftlich nicht haltbar. Kriminalität hat vielfältige Ursachen, wobei biologische Faktoren zwar eine Rolle spielen können, aber die Wechselwirkung mit Umweltfaktoren entscheidend ist.
Menschen werden nicht im luftleeren Raum kriminell. Welchen Einfluss haben also die Sozialisierung und das gesellschaftliche Umfeld?
Die Sozialisierung und das gesellschaftliche Umfeld sind entscheidende Einflussfaktoren auf kriminelles Verhalten. Soziale Bindungen und Strukturen prägen das Verhalten eines Menschen. Ein ganzheitlicher Blick auf die individuelle Lebensgeschichte ist unerlässlich, um die komplexen Wechselwirkungen zu verstehen.
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Schauen sich Experten, die Straftäter psychiatrisch begutachten, auch ihre Gene an?
In psychiatrischen Gutachten werden verschiedene Aspekte berücksichtigt, darunter auch biologische Faktoren. Es gibt vielfältige Forschungsfelder im Schnittfeld von Kriminologie und Biologie, es ist bei Weitem nicht auf Gene beschränkt. Bekanntere Ansätze sind zum Beispiel die Wirkung von psychotropen Substanzen, also Drogen, oder Gehirnverletzungen auf das Verhalten.
Wie hilft das Wissen, das Sie in Ihrer Vortragsreihe vermitteln, den Zuhörenden denn konkret in ihrem Alltag?
Der Vortrag richtet sich besonders an Menschen, die von Kriminalität fasziniert sind, was im anhaltenden True-Crime-Boom deutlich wird. Es ist wichtig zu betonen, dass der Vortrag nicht primär anwendungsbezogen ist, wenngleich jede Kriminalitätstheorie die Ableitung von Präventionsmaßnahmen ermöglicht. Interessierte an praxisnahen Präventionsansätzen, insbesondere im Themenbereich sexualisierte Gewalt, können mich gerne über meine Homepage www.kriminologin-kristina.de erreichen.
Die Vortragsreihe
Die Vortragsreihe beginnt an diesem Donnerstag um 18 Uhr. Es geht um die Frage, inwiefern genetische Merkmale das Risiko für kriminelles Verhalten erhöhen. An den beiden weiteren Terminen am 8. und 22. Februar geht es um psychologische und soziologische Erklärungsansätze. Weitere Infos und Anmeldung unter www.vhs-neufahrn-hallbergmoos.de, Tel. (0 81 65) 9 75 12 60 oder Mail an office@vhs-neufahrn.de.