Zwangsverwaltung statt WM-Flair: In Seefeld in Tirol gehen die Uhren aktuell dramatisch anders. Jetzt hoffen alle auf die künftige Bürgermeisterin.
Seefeld - So nah und doch so weit auseinander: Während in Bayern die Auflösung eines Gemeinderats nur von den Aufsichtsbehörden angeordnet werden kann und man die damit verbundene Handlungsunfähigkeit einer Gemeinde meidet wie der Teufel das Weihwasser, kann im benachbarten Tirol nicht nur der Bürgermeister freiwillig zurücktreten, sondern auch der Gemeinderat sich selbst auflösen.
So unlängst in Seefeld geschehen, wo die Geschäfte nun von einem Amtsverwalter geleitet werden und am 25. Februar Wahlen anstehen.
Nach Markus Wackerles kurzfristigem Rücktritt im Oktober gab sich der Gemeinderat, damals unter interimsmäßiger Leitung von Vizebürgermeister Andreas Steiner, noch kämpferisch. Man wollte handlungsfähig bleiben und einen Amtsverwalter als „endgültigen Genickschuss“ für Seefeld, wie Gemeinderat Hannes Norz es damals gegenüber der Plateauzeitung nannte, verhindern. Doch die Handlungsfähigkeit der Kommune war aufgrund der hohen Schulden aus Schwimmbad und offenen WM-Forderungen sowie vor allem der verfahrenen Situation zwischen Wackerles Bürgerliste und der Liste „Seefeld bewegen“ von Norz, deren Anführer einst Altbürgermeister Werner Frießer gewesen war, stark angeschlagen.
Meine Aufgabe ist es, unaufschiebbare Angelegenheiten zu erledigen und die Wahlen abzuhandeln.
Was letztlich Ende November zur Auflösung des Gemeinderats führte, der interne Zwist oder der massive Widerstand der Bevölkerung gegen Steiners wohl wenig durchdachten Rettungsplan, das Schwimmbad zu schließen, kann nicht mehr festgemacht werden. Tatsache ist, dass seitdem ein von der Tiroler Landesregierung bestellter Amtsverwalter in Seefeld die Geschäfte führt. „Meine Aufgabe ist es, unaufschiebbare Angelegenheiten zu erledigen und die Wahlen abzuhandeln“, sagt Thomas Hauser, der seit 38 Jahren als Gemeindeprüfer bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck tätig ist. Es sei eine Aufgabe, die man meistert. Begeisterung schwingt dabei definitiv nicht mit in der Stimme des 58-Jährigen. Muss sie auch nicht, denn es geht um reine Verwaltungsaufgaben sowie die Erarbeitung der Grundlagen eines Konsolidierungspakets, vereinfacht gesprochen, eines tragbaren Budgets, wie es in der Meldung zu jener Landesregierungssitzung nachzulesen ist, in der Hauser am 5. Dezember zum Amtsverwalter von Seefeld bestimmt wurde.
Politische Entscheidung sind nicht zu treffen. Für die künftige Bürgermeisterin – Andrea Neuner von der Liste „Seefeld bewegen“ steht schon fest, da sich außer ihr niemand zur Wahl stellt – war die zeitweilige Übergabe der Gemeindeangelegenheiten an den Amtsverwalter die einzig richtige Entscheidung, um Ruhe in den Ort zu bringen. „Herr Hauser wird einen funktionierenden Gemeindebetrieb an uns übergeben und eine externe Expertise mit einbringen.“
Anton Hiltpolt von der Liste „Aktiv für Seefeld“, einer der vier Beiräte aus dem ehemaligen Gemeinderat, die Hauser zur Seite gestellt wurden, sieht das deutlich kritischer: „Er macht Dienst nach Vorschrift. Beiratssitzungen wurden nie einberufen, und auch anderweitig haben wir als Beiräte keine Chance etwas einzubringen oder ein Thema zu besprechen, das aktuell das Dorf betrifft.“ Das sei sicher rechtens, aber ob es mitten in der Hauptsaison des Nobelskiorts auch vernünftig ist, lässt Hiltpolt offen.
Wir wollen und werden Seefeld aus den Negativschlagzeilen führen.
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Fakt ist, dass einige, zugeben kleine, aber bei Touristen beliebte Attraktionen im Dorf wie ein Iglu mit Private Dinner und ein Barprojekt mit kleinen Gondeln am Dorfplatz abrupt ihre Pforten schließen mussten. Und auch die Betreiber der äußerst erfolgreichen Alpen-Lust-Bar vom Tre.Culinaira suchten vergebens um eine Betriebsverlängerung an. „Diese Dinge sind schade, aber das müssen wir wohl einfach aussitzen“, meint Hilpolt.
Bis zum Wahltermin am 25. Februar sind es nur mehr knapp drei Wochen, danach so sind sich die beiden Listen, die als einzige zur Wahl antreten werden, einig, werde es aufwärts gehen. Das Klima zwischen „Seefeld bewegen“ und „Aktiv für Seefeld“ ist gut, man zieht an einem Strang. „Wir wollen und werden Seefeld aus den Negativschlagzeilen führen und wieder als die starke Tiroler Gemeinde wahrgenommen werden“, ist sich Hoffnungsträgerin Neuner sicher.
Dem schließt sich Hilpolt an: „Wir gehen die Herausforderungen mit einem positiven Ansatz an. Es wird nicht mehr gejammert oder geschimpft, sondern die Gegebenheiten konstruktiv bearbeitet.“ Der Schließung einer der Gemeinde-Einrichtungen erteilt er kategorisch eine Absage. In der Seefeld-Sports-Arena habe man eine Betriebspflicht bis 2040, das Schwimmbad bringe mit der Tiefgarage und seinem Nutzen der Fernwärme auch massive Einnahmen für die Gemeinde. Die großen Kosten verursacht dabei der Kredit, der auch nach einer Schließung zu zahlen wäre. Kathrin Ebenhoch