Der Zug fährt wieder: Das Ende der Durststrecke in Mittenwald

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Vorsicht am Bahnsteig! Denn in Mittenwald hält seit gestern wieder der Regionalzug. © hornsteiner

Um 5.07 Uhr ist am Mittwoch, 1. Februar, zum ersten Mal seit knapp einem Jahr wieder ein Zug von Mittenwald Richtung Garmisch-Partenkirchen gerollt. Die Stimmung bei den Fahrgästen ist gut, wenn auch unter ihnen die Skepsis überwiegt.

Mittenwald – Ganz sicher ist sich die Familie noch nicht. Es ist 9.30 Uhr. Mama, Papa und zwei Kinder stehen am Gleis 3 des Mittenwalder Bahnhofs. Die Urlauber aus Hannover beschäftigt eine Frage: Kommt er oder kommt er nicht? Die Rede ist vom Regionalzug. „Wir haben schon überlegt, ob wir nicht doch sicherheitshalber den Bus nehmen sollen“, berichtet die Mutter. Letztlich vertrauen die Niedersachsen der Botschaft auf der Anzeigetafel im Bahnhofsgebäude. Dort steht: Abfahrt nach Garmisch-Partenkirchen um 9.36 Uhr. „Wird schon schiefgehen“, übt sich die 39-Jährige, die anonym bleiben möchte, in Zweckoptimismus.

Warum eine Familie gestern an einem deutschen Bahnhof befürchten musste, dass keine Eisenbahn fährt? Was paradox klingt, ist für die Mittenwalder zu einer nervlichen Zerreißprobe geworden. Seit dem Zugunglück am 3. Juni 2022 in Partenkirchen hat sich neben aller menschlicher Tragik auf den Schienen des Landkreises vieles geändert. Die Katastrophe mit fünf Toten, vielen Verletzten und Traumatisierten hat offenbar zu einem Umdenken in der Chefetage der Deutschen Bahn AG geführt. Gefühlt wurde jeder Meter Schiene bis aufs Kleinste analysiert und notfalls ausgebessert. Was gerade auf die Verbindung Mittenwald – Garmisch-Partenkirchen zutrifft. Am Donnerstag pendelten nun erstmals wieder Waggons auf den Gleisen, die – mal abgesehen von einigen Wochen Unterbrechung – im Grunde seit über eineinhalb Jahren nicht befahrbar waren.

Das lang ersehnte Verkehrsmittel fährt endlich wieder vom Mittenwalder Bahnhof ab

Um 9.35 Uhr, als das lang ersehnte Verkehrsmittel aus Innsbruck noch immer nicht zu sehen ist, wird es der Familie aus Hannover, die mit anderen Touristen – unter anderem aus den USA – und zwei Einheimischen am Gleis 3 wartet, doch etwas mulmig. „Denn wir haben nur fünf Minuten Umstiegszeit in Garmisch-Partenkirchen“, sagt die Ehefrau. „Das wird knapp, wenn er jetzt auch noch zu spät kommt.“ Aber siehe da: Um 9.36 Uhr fährt die Regionalbahn ein.

Das zaubert nicht nur bei den Fahrgästen, sondern auch bei Bürgermeister Enrico Corongiu (SPD) ein Lächeln ins Gesicht. Was hatte er in den zurückliegenden Wochen und Monaten nicht mit den Bahn-Verantwortlichen gehadert – bei Runden Tischen, in Mails oder bei Telefonaten. Frust und Ärger packten den Rathauschef immer und immer wieder. „Und auch Unzufriedenheit“, ergänzt Corongiu. „Weil wir ganz klar erkannt haben, dass wir auf die Schiene angewiesen sind.“ Er spricht dabei nicht nur von einheimischen Pendlern und Fahrschülern, die zuletzt unzählige Pleiten und Pannen im sogenannten Schienenersatzverkehr zu spüren bekamen (wir berichteten). „Auch für den Tourismus hatte es Auswirkungen.“

Wegen der jüngsten Erfahrungen mit der Deutschen Bahn AG sieht grenzenlose Begeisterung bei Corongiu ob der Wiederaufnahme des Zugverkehrs anders aus. Auch beim Bürgermeister überwiegt vorerst die Skepsis. Noch gibt es an einigen Stellen Signalstörungen (Bericht folgt).

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