Mit dem Simulator auf Einsatzfahrt: Feuerwehr testet den Ernstfall

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Andreas Besel am Steuer des Fahrsimulators bei einer Einsatzfahrt. Hinter ihm beobachtet Dominik Basedow die Reaktionen. Rechts am Straßenrand das Kind, das übersehen wird. © Hans-Helmut Herold

Einsatzfahrten von Feuerwehr und Rettungsdienst verlangen den Fahrern höchste Konzentration ab. Dazu hat jetzt die Gebietsverkehrswacht Schongau eine Schulung für Einsatzkräfte der Feuerwehr Peiting veranstaltet.

„Du hast jetzt gerade ein Kind überfahren“: So lautet der nüchterne Kommentar von Dominik Basedow an Andreas Besel. Der vorher leuchtende Monitor des Fahrsimulators schaltet auf schwarz. Das war‘s. „In dem Moment, wo Du Personen am Straßenrand siehst, musst Du runter vom Gas“, so eine kurze „Manöverkritik“ von Basedow.

Basedow ist selbst Atemschutzträger und Truppführer bei der Feuerwehr Peiting. Er hat also schon viele Einsätze hinter sich gebracht und kennt die Materie. An diesem Abend ist er aber in anderer Funktion im Peitinger Feuerwehrhaus: Er betreut zusammen mit Winfried Weber den Fahrsimulator der Gebietsverkehrswacht Schongau für Einsatzkräfte.

Auch Weber ist in Sachen Einsatzfahrten ein alter Fuchs. Über 40 Jahre war er als Polizist im Einsatz und hat am Steuer seines Fahrzeugs manche brenzliche Situation erlebt. „Damit Fahrer sich selbst im Einsatz testen können, ist dieser Simulator ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Verkehrstrainings“, so Weber.

Doch bevor die „Fahrschüler des Abends“ hinter das Lenkrad dürfen, werden sie von zwei weiteren Spezialisten in Sachen Verkehrssicherheit in der Theorie getrimmt: Werner Hoyer und Oliver Pils befassen sich ausführlich mit den „Sonder- und Wegerechten“ im Einsatz.

Dabei zeigt Hoyer in seiner Präsentation schockierende Szenen, die bei Einsatzfahrten dokumentiert oder auch von Überwachungskameras aufgezeichnet wurden. „Man muss bei jeder Fahrt mit dem Unvermögen der anderen Verkehrsteilnehmer rechnen“ so Hoyer, der Vorsitzende der Gebietsverkehrswacht Schongau.

Zwei besondere Zaungäste

Zwei Zaungäste haben sich zu diesem Abend dazugesellt: Jürgen Weiß und Maximilian Roos vom Landesfeuerwehrverband Bayern. Sie hatten im Vorfeld von diesem Übungsabend erfahren und wollten sich selbst ein Bild von den Möglichkeiten des Simulators machen. Während Weiß noch bei Hoyer den „trockenen“ Teil absolviert, sitzt Roos bei einer weiteren Station neben dem Simulator.

Vor ihm ein Tablett mit neun Lichtfenstern, die von Beate Fiedler unterschiedlich zum Leuchten gebracht werden. Dabei muss auf kürzestem Weg durch Antippen das Licht ausgeschaltet werden. „Dabei nicht über Kreuz langen“, so die kurze Kritik von Fiedler.

Sie setzt noch eins drauf: Roos muss eine „Schläfrigkeitsbrille“ aufsetzten, um erneut seine Reaktion unter Beweis zu stellen. „Zu vielen Einsatzfahrten werden die Fahrer nachts aus dem Schlaf gerissen“, erklärt Fiedler. Wenn man dann ans Steuer muss, sieht die Welt ganz anders aus. Das soll eben diese Brille verdeutlichen.

Hier wird das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers mit der „Rauschbrille“, also nach Genuss von Alkohol getestet.
Hier wird das Verhalten und die Reaktionsschnelligkeit eines Verkehrsteilnehmers mit der „Rauschbrille“, also nach Genuss von Alkohol, getestet. © Hans-Helmut Herold

Die Trunkenheitsbrille schockt dann selbst alte Hasen: Mit ihr vor den Augen erkennt man, wie man selbst viele Stunden nach dem Konsum von Alkohol noch verzögert reagiert. Da wird auch der Spaziergang durch einen Parcours zum Dilemma.

Zurück zum Fahrsimulator vom Duo Basedow-Weber: Gerade hat Josef Barnsteiner hinter dem Lenkrad Platz genommen. Simuliert wird, dass er mit einem HLF 20, einem Hilfelöschfahrzeug mit 1600 Litern Wasser im Tank, zu einem kleineren Einsatz gerufen wird. Während der Anfahrt, die Barnsteiner noch gut meistert, kommt über Funk eine Einsatzerhöhung.

Einsatzfahrzeug kostet bis zu 600.000 Euro

„Ein Dachstuhlbrand wird gemeldet“, so die Stimme aus dem Lautsprecher. „Dadurch wollen wir dem Fahrer deutlich machen, wie schnell er dann bestimmte Fahreigenschaften über Bord wirft“, so Basedow. Der Adrenalinspiegel steigt. Auch hier am Ende der nüchterne Kommentar, dass eine Person am Straßenrand nicht erkannt wurde.

Insgesamt sieben verschiedene Szenarien zu Einsätzen können mit dem Simulator dargestellt werden. Von verschieden Verkehrsunfällen bis hin zu Bränden. Was für Folgen es bei einem Verkehrsunfall mit einem Einsatzfahrzeug gibt, erklärt Hoyer sehr deutlich: „Es ist immer tragisch, wenn Personen zu Schaden kommen.“

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Er zeigt aber auch ganz deutlich auf, welche Auswirkungen ein beschädigtes oder gar ganz demoliertes Einsatzfahrzeug mit sich bringen: „So ein Fahrzeug kostet zwischen 500 und 600 000 Euro“, rechnet Hoyer vor.

Und Hoyer ergänzt, was viele nicht berücksichtigen: „Auf so ein Fahrzeug muss man von der Ausschreibung bis zur Auslieferung um die drei Jahre warten“, so der Verkehrsexperte. Und diese Zeit fehlt dieses Fahrzeug für die Gemeinde oder Stadt.

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