Exportschlager? Nordkorea präsentiert Kims Super-Panzer der nächsten Generation

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Demonstration der Stärke: Die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichte im März dieses Jahres das Foto von Staatschef Kim Jong-un am Steuer des bis dahin stärksten Panzer Chonma-2. Der wird jetzt abgelöst durch die Weiterentwicklung Tianma (Archivfoto). © STR / KCNA VIA KNS / AFP

In der Ukraine lernt Kim Jong-un, Krieg zu führen. Für einen Waffengang gegen Südkorea stellt er jetzt einen Konkurrenten zum Abrams auf die Ketten.

Pjöngjang – „Die Kampfkraft der nordkoreanischen Armee ist wegen der Armut des Landes geringer, als die absoluten Zahlen vermuten lassen“, schreibt Martin Kölling. Der Autor der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) hatte Ende Oktober die Stärke der nordkoreanischen Armee beleuchtet: Über mehr als 3.500 Panzer soll der Staat von Diktator Kim Jong-un verfügen. Das allerdings sagt wenig aus über die tatsächliche Stärke des neuen Verbündeten Russlands im Ukraine-Krieg. Mit einem neuen Kampfpanzer-Modell hat Kim jetzt einen neuen Hauptdarsteller für mögliche künftige internationale Auftritte gefunden.

Die meisten Waffen Kims seien alt und aufgrund des ständigen Materialmangels schlecht gewartet, behauptet Kölling in der NZZ. Der Tianma-2 könne dagegen einen Quantensprung in der nordkoreanischen Rüstungsindustrie bedeuten. Wie das Military Watch Magazin aktuell berichtet, soll der Tianma-2 am 21. November auf einer Rüstungsmesse in Pjöngjang vorgestellt worden sein und das bisherige Spitzenmodell Chonma-2 ablösen. Das Magazin geht davon aus, dass der neue Panzer eine verstärkte Version des vorherigen Spitzenmodells sei und dessen Produktion deshalb eingestellt würde.

Kim steuert selbst: Experten haben den Tianma-2 verglichen mit dem deutschen Leopard 2A7/A8

Erst im März dieses Jahres hatte Military Watch über erste Manöver mit dem Chonma-2 berichtet – dabei soll Kim Jong-un selbst einen der Kampfpanzer dieses neuen Typs bestiegen, den Steuerhebel ergriffen und den Panzer selbst gesteuert haben, wie die staatliche Nachrichtenagentur Korea Central News Agency (KCNA) berichtet hatte. „Der Vorsitzende äußerte sich ,sehr zufrieden‘ mit den unter Beweis gestellten Fähigkeiten des Fahrzeugs, insbesondere seiner Feuerkraft und Mobilität“, so KCNA laut Military Watch. Vor allem in chinesischen Medien wurde bereits der Chonma-2 mit den vermeintlich am weitesten entwickelten Panzern der Welt vergleichen – dem russischen T-14 Armata sowie dem US-amerikanischen Abrams M1A3.

„Während die Integration einer völlig neuen ausländischen Panzerklasse zu Komplikationen für die russischen Bodentruppen führen könnte und – was vielleicht am wichtigsten ist – einen großen Gesichtsverlust für die russische Panzerindustrie bedeuten würde, ist die Möglichkeit, dass Russland ältere Klassen nordkoreanischer Panzer auf Basis sowjetischer Konstruktionen erwirbt, noch bedeutender.“

Generell ist über die nordkoreanischen Waffen wenig bekannt. Der Chonma soll die dritte Generation eigenproduzierter Kampfpanzer darstellen, der Tianma-2 somit die vierte Generation. Military Watch geht davon aus, dass die Panzer optimiert sind für das in Korea vorherrschende bergige Gelände. Des Weiteren sei der Tianma-2 der erste nordkoreanische Panzer mit integriertem Autolader, so das Magazin – dadurch könne die Besatzung von vier auf drei Mann schrumpfen und die Feuerrate hochschnellen. In dem Ladeautomaten ähnelt der Tianma dem russischen T-72, andererseits verfügen westliche Panzer teilweise ebenfalls über automatische Ladesysteme.

Aufgrund der von der nordkoreanischen Presseagentur KCNA veröffentlichte Bilder des Tianma-2, sollen Experten das Modell mit dem deutschen Leopard 2A7/A8 verglichen haben, der für seine fortschrittliche und moderne Panzerung, Feuerkraft und digitalen Systeme bekannt sei, schreibt aktuell das Magazin Newsweek. Die Stärke des Tianma sei, laut Military Watch, sein „aktives Schutzsystem“, das westlichen Kampffahrzeugen überlegen sein soll. „Solche Systeme überwachen ihre Umgebung mithilfe von Radar kontinuierlich auf Bedrohungen und verfolgen ankommende Geschosse automatisch, wenn sie diese erkennen, berechnen ihre Flugbahn und setzen Schutzmunition ein, um sie abzufangen und zu zerstören – und so zu verhindern, dass sie den Panzer treffen“, schreibt das Magazin.

Neue Geschosse für Nordkoreas Panzer: „Panzerbrechende flügelstabilisierte Treibspiegelgeschosse“

Das Vorgängermodell Chonma-2 soll über ein ähnliches Hard-Kill-Schutzsystem verfügen. Der russische Kampfpanzer T-90M sei erst im August 2024 damit nachgerüstet worden, berichtet Military Watch. Das System soll dem israelischen Trophy-System gleichen – damit wird aktuell auch die Leopard-Flotte der Bundeswehr ausgestattet, wie die Truppe auf ihrer Website bekanntgibt.

Zunächst würden 17 Leopard 2 aus der Bestandsflotte in deren neuester Variante A7A1 mit dem Trophy-System ausgestattet und damit auf den Stand der aktuell verfügbaren Schutzsysteme gebracht, schreibt die Bundeswehr. Der erste Leopard 2 A7A1 werde nach Abschluss der anstehenden Erprobungen durch die Industrie sowie die Wehrtechnische Dienststelle 41 Mitte des kommenden Jahres an das Heer übergeben. Die weiteren 16 Fahrzeuge sollen dann bis Ende 2025 der Bundeswehr zur Verfügung stehen.

Als Primärbewaffnung des Tianma-2 gilt eine 125-mm-Glattrohrkanone – aus Filmmaterial will Military Watch schließen können, dass der Tianma „panzerbrechende flügelstabilisierte Treibspiegelgeschosse mit hervorragenden Längen-Durchmesser-Verhältnissen“ verschießt. Durch eine Abdichtung der Treibladung zwischen Lauf und unterkalibrigem Projektil erhält das Geschoss eine höhere Mündungsgeschwindigkeit und somit eine erhöhte Durchschlagskraft gegenüber Panzerungen. An Sekundärbewaffnung scheint ein 12,7-mm-Maschinengewehr zu dienen – also ein größeres als auf dem Vorgängermodell – sowie ein Abschusssystem für die Drohnenabwehr.

Offensive mit Hilfe-Waffen: Ausstattung der nordkoranischen Panzer mit Raketenwerfer einzigartig

Als Sekundärbewaffnung verfügt die ferngesteuerte Waffenstation des Panzers daneben Werfer für Panzerabwehrlenkraketen – mit den vom Chomna übernommenen Panzerabwehrraketen Bulsae; allerdings offenbar ebenfalls in der vierten Generation. Die Systeme ähneln den US-amerikanischen Javelin, die in der Ukraine bereits erfolgreich eingesetzt worden sein sollen. Möglich ist auch, dass das Fahrzeug, wie bereits der Chomna, mit einem oben verstärkten Turm gegen Drohnenangriffe ausgestattet ist.

Das chinesische Magazin The Paper hatte 2020 über den Chomna geurteilt, dass die Ausstattung der nordkoranischen Panzer mit Raketenwerfern auf der Welt einzigartig und daher bemerkenswert sei. The Paper sah darin aber weniger eine Verstärkung der Kampfkraft als lediglich eine Schwäche der Primärbewaffnung. Die Treibspiegelgeschosse können verschiedenen Kommentaren zufolge auch zu weniger präzisen Treffern führen – insofern sieht The Paper in den zusätzlichen Raketen eher den Ausgleich für die fehlende Wirksamkeit des Geschützes auf längere Distanzen.

Der geringere Personaleinsatz durch den Autolader kann letztendlich ähnlich verheerende Folgen haben wir für den T-72, wenn das Ladekarussell nahe der Besatzung angebracht ist, dann wäre die Crew im Falle von Treffern am Turm extrem gefährdet. Russische Panzer allerdings seien ohnehin stärker als Westpanzer auf Verbrauch ausgerichtet, erläutert Ralf Raths; der Direktor des Deutschen Panzermuseums in Munster erklärt auf seinem YouTube-Kanal wiederholt die Unterschiede zwischen der russischen und der Nato-Panzerdoktrin; im Gegensatz zur westlichen Einstellung gilt das Einzelfahrzeug russischen Militärs sehr wenig.

Möglicher Exportschlager: Russlands Panzermangel könnte Nordkorea eine große Chance bieten

Für Nordkorea ein großer Vorteil: „Russlands Panzermangel könnte Nordkorea möglicherweise eine große Chance bieten, als Panzerlieferant für Russland in Erscheinung zu treten. Nordkorea hat in der Vergangenheit im Inland produzierte Panzer nach Äthiopien und in den Iran exportiert und Modernisierungspakete, darunter auch Laser-Entfernungsmesser, um sowjetische Panzer aufzurüsten, die im Ausland häufiger im Einsatz sind“, schreibt A. B. Abrams.

Für das Magazin The Diplomat stellt der Autor die These auf, dass Nordkorea Russland auch mit alten Panzern aushelfen und die eigenen Truppen im Kampfwert steigern könnte: „Während die Integration einer völlig neuen ausländischen Panzerklasse zu Komplikationen für die russischen Bodentruppen führen könnte und – was vielleicht am wichtigsten ist – einen großen Gesichtsverlust für die russische Panzerindustrie bedeuten würde, ist die Möglichkeit, dass Russland ältere Klassen nordkoreanischer Panzer auf Basis sowjetischer Konstruktionen erwirbt, noch bedeutender.“

Laut Newsweek kommt auch Virginie Grzelczyk zu einer ähnlichen Einschätzung. Die Analystin für internationale Beziehungen der britischen Aston University sieht als Folge des nordkoreanischen Engagements in der Ukraine auch die unausweichliche Transparenz des Niveaus nordkoreanischer Rüstung: „Der Tianma-2 ist nicht nur für Nordkoreas Verteidigungsfähigkeit von Bedeutung, sondern auch als potenzielle Exportwaffe. Sie unterstreicht die Fähigkeit Nordkoreas, seine Technologie schrittweise zu modernisieren, was weitreichende Auswirkungen auf seine Rolle bei der Versorgung anderer Länder mit militärischer Ausrüstung hat.

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