Spektakuläre Arbeiten in luftiger Höhe: Glocken aus Kirchturm in Huglfing entfernt

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Per Kran wird eine der Glocken vom Kirchturm auf die Erde gebracht. © C. Wiucha

Seit 1946 waren sie im Einsatz, am 25. August läuteten sie zum letzten Mal: Unter den Augen zahlreicher Schaulustiger haben die Glocken der Huglfinger Pfarrkirche St. Magnus ihren angestammten Platz verlassen. Die spektakulären Arbeiten in luftiger Höhe übernahm eine Spezialfirma aus Schwaben.

„Des is‘ so hoch, des schaffen die ned“, erklärt ein junger Beobachter am Dienstagvormittag seinen Eltern und deutet auf den Glockenturm der Huglfinger Pfarrkirche St. Magnus. Einem stählernen Skelett gleich zieht sich an der Südseite des Turms ein Baugerüst in die Höhe. Rechts daneben fährt ein Aufzug mit zwei Arbeitern der schwäbischen Firma Philipp Hörz aus Roggenburg auf und ab.

Etwa 1,3 Tonnen schwer ist die zweitgrößte der vier Stahl-Glocken.
Etwa 1,3 Tonnen schwer ist die zweitgrößte der vier Stahl-Glocken. © C. Wiucha

Stufe für Stufe, fast schon bedächtig, schraubt sich derweil der Teleskop-Arm des Fahrzeugkrans in die Höhe und erreicht unter den Augen Dutzender Zuschauer das oberste Stockwerk des Baugerüsts. Dann verschwinden die beiden Arbeiter im Inneren des Turms. In regelmäßigen Abständen dringen Kratz- und Rasselgeräusche nach draußen, wo sich die Schaulustigen im Schatten der umliegenden Bäume gerade mit frischem Druckmost versorgen lassen.

Glocke schwebt langsam nach unten

„Da ist sie ja!“, hallt es gegen 11 Uhr plötzlich über den sonnigen Friedhof. Die erste der vier stählernen Glocken hat es ans Tageslicht geschafft. Jetzt zeigt sich auch, warum eine Sanierung des Glockenstuhls dringend nötig geworden war.

Rostige Stellen und ein paar kleinere Schäden an der Glocke bezeugen, dass der Zahn der Zeit bereits kräftig an dem stählernen Relikt aus der Nachkriegszeit genagt hat. Schon der mittlerweile verstorbene Kirchenpfleger Ernst Birke habe gesagt: „Wenn man mit der Taschenlampe hineinleuchtet, kann man ein kleines Loch erkennen.“ Daran erinnert sich Maria Furtmayr von der Kirchenverwaltung. Dann schwebt die Glocke langsam nach unten und landet behutsam auf einem Transporter, der die mit 1,3 Tonnen zweitgrößte der vier Glocken zum Pfarrgarten transportieren soll.

Schwerste Glocke wiegt fast 2,5 Tonnen

„Alle Glocken bleiben auf Huglfinger Gemeindegebiet“, verkündet Furtmayr. Die Größte ist beinahe 2,5 Tonnen schwer. Die Huglfinger möchten sie zum gemeindlichen Friedhof bringen. Glocke Nummer drei bringt 600 Kilogramm auf die Waage und wandert zurück zur Spenderfamilie Gretschmann. Die kleinste und mit 350 Kilogramm leichteste des Quartetts plant man wiederum, auf Gut Rechetsberg aufzustellen.

Die Huglfinger und ihre Glocken: Das sei eine ganz besondere Geschichte, erzählt Furtmayr. 1942 sind die alten Bronze-Glocken zu Kriegszwecken aus dem Turm geholt und – vermutlich – eingeschmolzen worden. Selbst auf dem Hamburger Glockenfriedhof hatte man nach Kriegsende vergeblich nach ihnen gesucht. Ihrem vertrauten Kirchengeläut beraubt, setzten die Huglfinger alles daran, den Glockenturm so schnell wie möglich wieder mit Glocken auszustatten. Schon 1946 war es so weit und vier neue Stahl-Glocken wurden in das alte Bauwerk aus Tuff gehoben. „Das ist unglaublich beachtlich“, sagt Furtmayr und blickt zum Glockenturm hinauf; so manche Männer seien damals noch gar nicht aus dem Krieg zurück gewesen.

So lobenswert der Ehrgeiz und die Liebe der Huglfinger zu ihrer Kirche auch war – hätten sie sich zwei Jahre mehr Zeit gelassen und ihrer St. Magnus-Kirche erst 1948 neue Glocken spendiert, dann könnte man diese vielleicht noch heute für einige Zeit im Turm belassen, vermutet Furtmayr. 1946 sei der Stahl nämlich noch nicht wirklich gut gewesen. Die Qualität habe sich erst einige Jahre nach dem Krieg gebessert, sagt sie.

Weihe der neuen Glocken für 6. Oktober geplant

Im Dreiviertelstundentakt wird am Vormittag eine Glocke nach der anderen aus dem Turm geholt, auf einen Transporter verladen und zu ihrem vorbestimmten Platz gebracht. Und während es vor den Friedhofsmauern immer leerer wird, wächst zwischen den Grabsteinen langsam ein beachtliches Häufchen rostiger Teile aus dem Glockenstuhl in die Höhe.

Dass die Aktion von vielen neugierigen Huglfingern beobachtet wurde, freut Maria Furtmayr. Der Kranführer sei von seinem Chef extra zu diesem Termin geschickt worden, weil er lange Zeit in der Gemeinde gelebt habe. Ein schöner Zug, findet die Mitarbeiterin der Kirchenverwaltung. Bis die neuen Glocken in den Turm gehoben werden, wird noch mindestens ein Monat vergehen – die Weihe ist für den 6. Oktober angesetzt, so Furtmayr. Unmittelbar neben der Kirche wohnend, vermisst sie den vertrauten Klang aber schon jetzt. Damit dürfte sie wohl nicht die einzige sein.

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