Profi-Bergsteigerin Alix von Melle erzählt in Füssen auch über den Tod ihres Mannes Luis Stitzinger
In ihrem Vortrag „8000 drunter und drüber – eine Leidenschaft fürs Leben“ erzählte die Extrembergsteigerin Alix von Melle im Haus der Gebirgsjäger in Füssen von ihren Erlebnissen mit ihrem Mann Luis Stitzinger und wie es zu seinem Tod auf dem Berg kam.
Füssen – „Es war schon präsent, dass was passieren kann, aber man verdrängt es eben“, sagt Alix von Melle. Die gebürtige Hamburgerin erzählte am vergangenen Samstagabend im Füssener Saal der Gebirgsjäger von den sieben Achttausender Gipfeln, die sie mit ihrem Mann, ohne künstlichen Sauerstoff und „by fair means“ (auf eine umweltfreundliche, respektvolle und nachhaltige Weise) bestiegen hat.
Profi-Bergsteigerin Alix von Melle erzählte in ihrem Vortrag in Füssen vom Kennenlernen bis zum Tod ihres Mannes Luis Stitzinger
Von Melle und Luis Stitzinger lernten sich beim Studium an der LMU München kennen, verliebten sich und wurden Profi-Bergsteiger. Stitzinger, in Füssen geboren, wuchs in Halblech auf und zog 2013 zusammen mit seiner Frau zurück nach Füssen. Seither waren die beiden Sektionsmitglieder beim Alpenverein Füssen. So war dieser Vortrag mit dem Titel „Leidenschaft für das Leben“ für viele der Anwesenden und auch für von Melle selbst nicht ein Vortrag von vielen, sondern ein besonderer Moment, um gemeinsam Abschied zu nehmen.
Luis Stitzinger starb im Mai 2023 im Gipfelanstieg zum Kangchendzönga an Höhenkrankheit. Der „Kangch“, wie ihn von Melle im Zusammenhang mit ihrem verstorbenen Mann, liebevoll abkürzt, ist mit 8.586 Metern, der dritthöchste Berg der Erde. Stitzinger war ein erfahrener Alpinist und Bergführer. Er hat hunderte von Menschen auf die höchsten Gipfel dieser Welt hinauf und sicher wieder hinab begleitet. Über seinen Tod wurde in den Medien zahlreich berichtet.
Ab 8.0000 Metern ein Drittel Sauerstoff
Im ersten Teil des Vortrages erfuhren die rund 270 Interessierten, wie sich die beiden auf ihre Himalaya-Expeditionen vorbereiteten, worauf es vor Ort ankommt, dass der Sauerstoffpartialdruck auf 5.000 Metern Höhe um die Hälfte gegenüber dem Meeresspiegel absinkt und ab 8.000 Metern nur noch ein Drittel beträgt. Wie aufwendig es ist, Schnee für vier bis fünf Liter pro Person und Tag zu schmelzen und welche Risiken dies birgt.
Bei einer der Expeditionen ist ein Teilnehmer in seinem Zelt neben dem brennenden Kocher eingeschlafen und wäre beinahe an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben. Dank Notfall-Sauerstoff, der bei geführten Touren immer dabei war, konnte er am nächsten Tag mit den anderen den Gipfel erklimmen.
Der Gipfel sei das „Sahnehäubchen“ bei so einer Expedition, die mit Anreise und Akklimatisation mehrere Monate dauert – sofern man den Körper nicht schon zuvor an die Höhenluft gewöhne, z. B. durch das Schlafen im künstlichen Sauerstoffzelt. Xenon sei das Neueste, so Alix von Melle. Bereits kurzes Einatmen führe zu einer geringeren Sauerstoffaufnahme im Blut für bis zu 30 Tage und werde neuerdings von Superreichen, die wenig Zeit haben, zur Akklimatisation genutzt. Das Schnüffeln unter kontrollierten Bedingungen ist mit Kosten im fünfstelligen Bereich verbunden.
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Von Melle berichtete zudem von der Kultur, den Menschen und den Anreizen für die Einheimischen Sherpa zu sein. Nach der 15-minütigen Pause stand der Abschied von „Luis“ im Fokus. Alix von Melle teilt mit dem Publikum einige Nachrufe von Freunden, Berggefährten und Bekannten, darunter auch Thomas Huber und Gerlinde Kaltenbrunner. Tief rührende Emotion weckte von Melle nicht über Tränen, sondern über die gemeinsamen Erlebnisse mit ihrem Mann – bis über seinen Tod hinaus.
Letzter Wunsch: In den Bergen ruhen
Seinem Wunsch, in den Bergen Nepals zu ruhen, erfüllte sie ihm vor einigen Wochen. Wie transportiert man die Asche eines Verstorbenen im Flugzeug – im Handgepäck oder Aufgabegepäck? Nach dem pragmatischen und herzlichen Rat von Gerlinde Kaltenbrunner, am besten verteilt auf zwei Stoffsäckchen. „Der Luis wird es dir verzeihen, dass du ihn aufteilst.“ So brachte von Melle die Asche ihres Mannes im selbstgenähten Beutel bis zum Gipfel des 7.246 Meter hohen Dhaulaghiri VII. Physiologisch betrachtet die erste große Expedition ohne ihn.
Das Bild von ihr und „Luis“, auf dem sich jeder im anderen spiegelt, zeigt ebenso wie ihre berührenden und humorvollen Erzählungen, dass „Luis“ als ein Teil von ihr immer mit dabei sein wird. Den Erlös ihrer rund 50 verkauften Bücher spendet von Melle der Ehefrau eines seit August am Mont Blanc vermissten Allgäuers.
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