Wie ein römischer Senator Kardinäle in die Falle lockte und Geschichte schrieb
Der römische Senator Matteo Rosso Orsini sollte nie erfahren, dass er einen der bekanntesten Begriffe der Kirchengeschichte erfunden hat: Das Wort Konklave. Papst Gregor IX. war im August 1241 gestorben und Senator Orsini wollte Druck auf die Kardinäle ausüben, damit sie schnell einen Papst wählten. Er ließ sie bei Wasser und Brot in der Nähe des Kolosseums in Rom in einer Ruine einsperren mit einem Schüssel (Latein: Cum clave).
Eingesperrt und dem Wetter ausgeliefert: So war die erste Papstwahl
Die Bedingungen waren so menschenunwürdig, dass einer der Kardinäle verstarb. Die neun Überlebenden einigten sich rasch auf den späteren Papst Cölestin IV., der allerdings an den Folgen der Papstwahl in Haft schon nach siebzehn Tagen auf dem Thron Petri verstarb.
Die Idee des Konklaves war geboren und am 1. Juni des Jahres 1270 ließ Ritter Raniero Gatti die 17 Kardinäle, die einen Papst in seiner Heimatstadt Viterbo im Norden von Rom wählen sollten, einfach abführen und in einem Palast der Stadt einschließen.
Sie hatten seit dem Tod von Papst Klemens IV. im November 1268 vergeblich versuchten einen neuen Pontifex zu wählen. Die Bewohner von Viterbo hatten mittlerweile die Nase voll davon, die Kardinäle zu verköstigen, die in ihren Residenzen im Luxus lebte und nur ab und zu in die Kathedrale der Stadt einzogen, um zu versuchen, den nächsten Papst zu wählen.
Über Andreas Englisch
Andreas Englisch, geboren 1963 in Werl in Nordrhein-Westfalen, arbeitet seit 1987 als Korrespondent in Italien und berichtet aus dem Vatikan.
Er ist Autor von 18 Büchern, darunter 16 Bestsellern über die Päpste, den Vatikan und Italien, die in elf Sprachen übersetzt wurden. Er lebt als freier Autor mit seiner Familie im römischen Stadtteil Trastevere.
Weil die Kardinäle sich aber immer noch nicht gewillt zeigten, eine Einigung herbei zu führen, obwohl eingesperrt, ließ Haudegen Raniero Gatti einen Teil des Daches abdecken. Die Kardinäle waren so der Sonne und dem Regen ausgesetzt, einigten sich aber immer noch nicht. Sie durften sich ab dem 21. Juni in dem noch intakten Teil des Palastes zurückziehen, um weiter zu wählen. Sie blieben allerdings eingeschlossen.
An Effizienz mangelt es in dieser Zeit allerdings nicht nur den Kardinälen. In Viterbo machte während dieses Konklaves der Leichenzug des französischen Königs Ludwig IX. halt. Der später heiliggesprochene König hatte einen Kreuzzug anführen wollen, um Jerusalem zu erobern. Er hatte von Frankreich aus allerdings Tunis angegriffen.
Wie das Konklave institutionalisiert wurde — und scheiterte
Das war ähnlich effizient, als wenn die US-Armee zur Befreiung Kuwaits in Mexiko eimarschiert wäre. Nach dem Abzug der Leiche von Ludwig IX. brauchten die Kardinäle noch bis zum 1. September 1271 bis sie sich nach knapp drei Jahren schließlich auf einen neuen Papst einigten: Gregor X. wurde gewählt.
Der hatte angesichts der langen Papstwahl von Viterbo die Idee eine Regel aufzustellen, die Apostolische Konstitution „Ubi Periculum“ (Wo Gefahr ist). Damals legte er fest, was heute noch gilt: Dass die Kardinäle das Konklave während der Papstwahl nicht verlassen dürfen.
Dass diese neue Regel nicht gut funktionierte, zeigte die Papstwahl des einzigen freiwillig zurückgetreten Papstes, vor der Wahl des Joseph Ratzinger. König Karl II. von Anjou wollte unbedingt den in den Ruf der Heiligkeit geratenen Einsiedler Pietro da Morrone zum Papst wählen, lassen. Die Kardinäle beugten sich seinem Druck.
Am 13. Dezember 1294 dankte der Papst ab und versuchte vor seinem Nachfolger, Papst Bonifatius VIII. zu fliehen, Er schaffte es bis an die Adria, wo er sich auf den Weg nach Griechenland machen wollte, doch ein Unwetter spülte sein Schiff wieder an den Strand. Bonifatius ließ ihn gefangen nehmen. Er starb in einer Zelle in einem Turm. Bonifatius VIII. übernahm von dem Gefangenen aber die Idee des Heiligen Jahres.
Ein Konklave ging in die Römische Geschichte dank der Idee der Lucrezia Porzia ein. Sie war die Mätresse des Bischofs von Bologna, seiner Exzellenz Lorenzo Campeggi. Nach dem Tod von Papst Leo X. im Jahr 1521 stellte die Dame vor ihrer luxurösen Wohnung ein Schild auf. Sie bot den Edelmännern Roms daraufhin eine Wette an.
Von Wettspielen und Kaiser-Eingriffen zur strengen Geheimhaltung
Sie wollte den Namen des nächsten Papstes vorher sagen, denn sie war sich sicher, dass ihr Liebhaber Bischof Lorenzo Campeggi der nächste Papst sein werde. Sollte sie die Wette gewinnen, verlangte sie 100 Dukaten, was ein kleines Vermögen bedeutete. Sollte sie verlieren wollte sie drei Tage und Nächte dem Gewinner der Wette in allen Liebesdiensten uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Sie verlor übrigens die Wette. Papst Hadrian VI. wurde gewählt und sie löste ihr Wettschuld im Bett des Siegers ein.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Manipulation der Papstwahl üblich. Im Konklave des Jahres 1903 schien Kardinal Mariano Rampolla das Rennen gemacht zu haben, er sammelte viele Stimmen. Doch dann schritt der Kaiser in Wien ein und ließ über den Kardinal aus Krakau im Konklave erklären, dass der Kaiser Franz Joseph I. Kardinal Rampolla nicht wünsche. Kardinal Giuseppe Sarto wurde mit dem Titel Papst Pius X. gewählt.
Damit sich so etwas nicht wiederholen kann, erklärt die „Universi Dominici Gregis“, (Deutsch: Der gesamten Herde des Herrn) die derzeit geltende Regel der Papstwahl, dass jeder Versuch eines Kardinals Kontakt nach außen aufzunehmen mit aller Härte, nämlich der Exkommunikation bestraft wird. Um jeden Kontakt unmöglich zu machen, werden im Vatikan sogar Störsender installiert.
Die Geheimhaltungsvorschriften umfassen mehrere Seiten. Die Kardinäle müssen alle Handys abgeben, alle Telefone werde abgebaut Fernseher und Radios sind im Gästehaus verboten, ebenso wie jedwede Nutzung des Internets.
Hören Sie auch "Konklave 2025", der Podcast mit Andreas Englisch.