Soll Rentner um eine Milliarde Euro entlasten: Das bringt Ihnen die Aktivrente
Die hohe Entlastung von Rentnern, die weiterarbeiten, die sogenannte Aktivrente, soll ab dem 1. Januar starten. So kündigte es Bundeskanzler Friedrich Merz im ZDF-Sommerinterview an. „Wenn alles gut geht, kriegen wir das zum 1. Januar hin“, sagte er. Der Plan beinhaltet einen zusätzlichen Steuerfreibetrag von 12.000 Euro für alle, die über das offizielle Renteneintrittsalter hinaus weiterarbeiten. Damit könnten arbeitende Rentner stand heute steuerfrei 24.000 Euro im Jahr verdienen.
Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung rechnet die Bundesregierung damit, dass diese Maßnahme Rentner eine Milliarde Euro Steuerentlastung bringt. Würde die Aktivrente 2026 eingeführt, sind im Bundeshaushalt deswegen Mindereinnahmen von 900 Millionen Euro eingeplant, im Jahr 2027 wären es eine Milliarde Euro.
Kanzler Friedrich Merz betonte im ZDF-Sommerinterview, dass es keine Pflicht geben solle, länger zu arbeiten: „Wir wollen das auf der Basis der Freiwilligkeit versuchen“, so Merz. Das gelte insbesondere für diejenigen, die es können und die es wollen, betonte der Kanzler.
Schon jetzt können Rentnern leichter weiter arbeiten - noch auf freiwilliger Basis. Mit den geplanten Steuernachlässen würde das noch attraktivere. Doch was bedeutet ´der Plan für Rentner konkret? Für FOCUS online rechnet Andreas Irion, stellvertretender Präsident des Verbandes der Rentenberater, anhand von zwei Beispielen vor, wie Rentner das meiste aus der Aktivrente machen.
1. Dank Steuerersparnis so viel Netto wie vorher – mit weniger Arbeit
Die erste Idee ist, dank der Aktivrente genauso viel Netto wie vorher zu erhalten, aber mit deutlich weniger Arbeit. Unser Beispielrentner hat bisher ein Bruttogehalt von 3000 Euro im Monat erzielt. Er kann im Januar 2026 mit 66 Jahren und zwei Monaten abschlagsfrei in Rente gehen. Dank der Aktivrente kann er zusätzlich 2000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen. Er möchte ab Januar so viel Netto zur Verfügung haben wie bisher und ist dazu bereit, unter Berücksichtigung der Rente in reduziertem Umfang weiterzuarbeiten. So sieht seine Rechnung aus:
Bruttogehalt: 3000 Euro
Nettogehalt: 2050 Euro
Zu erwartende Nettorente: 1200 Euro
Lücke zwischen Rente und Vollzeit-Netto: 850 Euro
„Das bedeutet, dass der Neurentner in 2026 unter Ausnutzung der Aktivrente nur 950 Euro brutto im Monat verdienen muss, um unterm Strich zusammen mit der Rente sein bisherigen Nettogehalt zu erzielen“, rechnet Irion vor. Von den 950 Euro gehen aufgrund der Aktivrente keine Steuern ab. „Wir gehen jedoch davon aus, dass weiterhin Kranken- und Pflegeversicherung in der gewohnten Höhe abgehen, daher die Differenz von 100 Euro zwischen Brutto- und Nettogehalt“, so Irion.
Der Neurentner muss also lediglich 32 Prozent seines früheren Bruttos erzielen. Bei einem 40-Stunden-Job und Acht-Stunden-Tagen wären das 1,6 Tage. Mit weniger als zwei Tagen Arbeit die Woche hätte der Rentner also die Lücke zwischen Rente und Netto-Gehalt, auch oft als Rentenlücke bezeichnet, geschlossen. Zumindest so lange er weiter arbeitet.
Der verwendeten Rentenhöhe liegt die Annahme zugrunde, dass der Neurentner 45 Jahre lang so viel verdient hat, dass er jedes Jahr Rentenansprüche in demselben Umfang erworben hat wie ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit 36.000 Euro brutto im Jahr 2025.
2. So früh in Rente wie möglich
Der zweite Beispielrentner erfüllt sich den Traum vieler Deutscher und reduziert sein Arbeitspensum so früh wie möglich. Er kann mit 63 Jahren in Rente gehen, muss dafür jedoch Abschläge bei seiner Altersrente hinnehmen. Die Aktivrente kommt für ihn noch nicht infrage, denn bisher scheint sie sich lediglich an Arbeitnehmer zu wenden, die die Regelaltersgrenze erreicht haben. Diese steigt jedes Jahr bis sie für die Jahrgänge 1963 und jünger bei 67 Jahren liegen wird. Dennoch möchte unser Arbeitnehmer seine Arbeitszeit reduzieren – und dank Rente genauso viel Netto in der Tasche haben wie vorher.
Bruttogehalt: 3000 Euro
Nettogehalt: 2050 Euro
Zu erwartende Nettorente: 955 Euro
Lücke zwischen Rente und Vollzeit-Netto: 1095 Euro
Die Aufstellung zeigt sofort: Der angehende Rentner verzichtet im Vergleich zu seinem Gegenpart aus Beispiel eins auf 245 Euro Rente – und zwar sein Leben lang.
Theoretisch müsste der Neurentner im Monat 1400 Euro brutto verdienen, um unterm Strich zusammen mit der Rente sein bisheriges Nettogehalt ausgezahlt zu bekommen, rechnet Irion vor. Praktisch muss das Einkommen allerdings noch höher liegen und zwar bei 1690 Euro brutto im Monat. „Das liegt daran, dass vom Auszahlungsbetrag der Rente zunächst keine Steuern einbehalten werden. Durch die Kombination von Rente und Gehalt verursacht der Rentenbezug jedoch eine Steuerpflicht, da der Steuerfreibetrag für Aktivrentner hier mutmaßlich nicht greift, wenn der Beschäftigte noch nicht das Regelrentenalter erreicht hat“, warnt Irion.
Konkret bedeutet das, dass der Neurentner in diesem Beispiel 56 Prozent seines früheren Bruttos erzielen muss. Bei einem 40-Stunden-Job und Acht-Stunden-Tagen wären das 2,8 Tage. Er könnte also zwei Tage weniger arbeiten gehen, müsste dafür aber lebenslang Abschläge in Kauf nehmen. Auch wenn er nicht mehr arbeiten kann.
Sozialversicherung für Rentenbezieher im Job
Von seinem Gehalt werden zudem, zusätzlich zu den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung, auch Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Lohnsteuer abgezogen. All diese Abzüge bleiben dem Rentner aus dem ersten Beispiel erspart. Das führt allerdings auch dazu, dass der Rentner seine anfangs in Kauf genommenen Abschläge mildert: „Der Frührentner sammelt aufgrund der Rentenbeiträge im Gegensatz zum Aktivrentner noch Rentenansprüche. Diese erhöhen seine Rente dann ab dem Regelrentenalter. In unserem Beispiel macht das nach 44 Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung mit 1650 Euro im Monat eine Rentenerhöhung von rund 100 Euro aus auf dann 1.055 Euro, die ab Alter von 66 Jahren und 8 Monaten dazukommt“, so Irion.
Dass der Rentner aus dem ersten Beispiel mit einer Rente von 1200 Euro dennoch dauerhaft eine höhere Rente erzielt als der Protagonist aus dem zweiten Beispiel mit einer Rente von 1055 Euro, liegt daran, dass die drei Jahre und acht Monate, die ab dem Alter von 63 zu seinen Gunsten an Rentenansprüchen hinzukommen, laut Irion nur die fehlenden Beitragsjahre ausgleichen, nicht jedoch den lebenslangen Rentenabschlag von 13,2 Prozent.
Das Beste aus der Aktivrente machen
Der Rentenberater hat noch weitere Tipps, wie sich die Arbeit im Alter besonders lohnt:
Der angehende Rentner aus Beispiel eins könnte aufgrund des noch nicht ausgeschöpften Steuerfreibetrags der Aktivrente seine Arbeitszeit erhöhen, um nicht nur 950 Euro, sondern bis zu 2000 Euro brutto steuerfrei im Monat zu verdienen. Wenn er aus dem zusätzlichen Netto seine zukünftige Rente erhöhen möchte, um für die Zeit vorzusorgen, in der er nicht mehr parallel zur Rente arbeitet, kann er das auf zwei Wegen tun, sofern der Gesetzentwurf zur Aktivrente das nicht einschränkt:
- Freiwillige Einzahlungen in die Rentenkasse. Dazu muss er von der Vollrente auf 99,99 Prozent Teilrente umstellen. Das ist ohne weitere Voraussetzungen einfach auf Antrag möglich. Er kann auch jederzeit wieder zurückwechseln. Ein kurzes Schreiben an die Rentenversicherung reicht aus. Die Änderung wird ab dem Folgemonat wirksam.
- Verzicht auf einen Teil seiner Rente (also niedrigere Teilrente bis zu 10 Prozent) oder Verzicht auf die Beantragung der Rente. Die Rente, auf die verzichtet wird, erhöhen die Rente ab Juli des Folgejahres um sechs Prozent. Beispiel: Statt 1200 Euro lässt sich der Rentner im Jahr 2026 nur 600 Euro auszahlen. Er verzichtet also auf 12 * 600 = 7.200 Euro. Dadurch erhöht sich die seine Rente ab Juli 2027 lebenslang um monatlich sechs Prozent von 600 = 36 Euro.
- Ohne die Berücksichtigung von Rentenanpassungen hätte er den Rentenverzicht von 7200 Euro erst nach rund 17 Jahren wieder drin. Dank der Rentenanpassungen liegt der Zeitpunkt jedoch früher, so Irion.
- Unmittelbar nach Regelrentenalter lohnt der Rentenverzicht mehr als die freiwillige Einzahlung in die Rente. Nach einigen Jahren schlägt das Pendel jedoch um. Grund ist der Zugangsfaktor, der Rentenzuschläge aus freiwilligen Beiträgen, die nach dem Regelrentenalter geleistet werden, mit 0,5 Prozentpunkten je Monat zwischen Regelrentenalter und Monat der Erhöhung der Rente belohnt.