Rentner sollen wieder arbeiten: Was jetzt gilt - und was nicht

Dem Thema Rente hat die Bundesregierung in ihrem in dieser Woche vorgestellten Sofortprogramm fünf Stichpunkte gewidmet. Sie plant den Beginn einer großen Rentenreform. Darin enthalten: 

  • Sicherstellung der Haltelinie des Rentenniveaus bis 2031
  • Vollendung der Mütterrente
  • Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz
  • Einführung der Aktivrente
  • Einführung der Frühstart-Rente

Die geplante Aktivrente sorgt dabei für Verwirrung. Während bei allen anderen Punkten einigermaßen klar ist, was gemeint ist, gehen bei der Aktivrente die Ansichten auseinander. Die einen verstehen den steuerfreien Verdienst in der Aktivrente zusätzlich zur Rente, dann argumentierte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Hendrik Hoppestedt in der Phoenix-Sendung "Unter den Linden", dass man mit der Aktivrente den Renteneintritt hinauszögert und weiterarbeitet, ohne Rente zu beziehen. Das sei eine Entlastung für das Sozialsystem, so Hoppestedt. Doch Hoppestedt lag falsch und wurde prompt von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zurück gepfiffen. Was also bedeutet die Aktivrente der CDU tatsächlich?

Aktivrente im Koalitionsvertrag

Das Konzept steht bereits im Koalitionsvertrag und ist dort etwas ausführlicher beschrieben. Dort heißt es: 

"Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren wird auch künftig möglich bleiben. Gleichzeitig schaffen wir zusätzliche finanzielle Anreize, damit sich freiwilliges längeres Arbeiten mehr lohnt. Statt einer weiteren Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters wollen wir mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente. Dabei setzen wir auf Freiwilligkeit. Arbeiten im Alter machen wir mit einer Aktivrente attraktiv." Und dann konkret:

Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei."

Dazu soll die Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber erleichtert werden, indem das Vorbeschäftigungsverbot aufgehoben wird.

Ausgenommen von dieser Regel sind bisher Rentner in der Grundsicherung im Alter sowie Empfänger einer Hinterbliebenenrente. Einen Einschluss dieser Gruppen will die Bundesregierung prüfen. 

Aktivrente bedeutet mehr Geld in der Rente

Heißt: Laut Koalitionsvertrag könnte man die Aktivrente so verstehen, dass der Arbeitnehmer bis über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeitet ohne Rente zu beziehen. Doch das stimmt nicht, erklärt Linnemann. „Bei der Aktivrente muss man nicht auf gesetzliche Rente verzichten. Im Gegenteil: Der Bezug der gesetzlichen Rente ist Voraussetzung für die Aktivrente“, stellt er in der "Welt" klar.

Das hat zwei große Vorteile für Arbeitnehmer: 

  • Statt knapp 12.000 Euro Steuerfreibetrag, hätten Arbeitnehmer in der Aktivrente 24.000 Euro Steuerfreibetrag. Eine klare Steuerersparnis gegenüber jüngeren Arbeitnehmern.
  • Länger arbeiten bringt mehr Rente - und zwar 0,5 Prozent pro Monat den Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze noch keine Rente beziehen, obwohl die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Wer also ein Jahr länger arbeitet, erhöht seine Rente um zwölf Prozent. Bei einer Rente von 1500 Euro sind das zusätzlich 90 Euro. 

Auch dem Sozialsystem und dem Arbeitsmarkt kann die Regelung helfen. Einerseits zahlen die Arbeitnehmer zwar weniger Steuern, andererseits leisten sie weiterhin Sozialbeiträge - freiwillig auch zur Rente. So wird das System entlastet. Auch den Fachkräftemangel wollen CDU und SPD mit dem Vorstoß mildern, indem erfahrene Arbeiter den Unternehmen länger zur Verfügung stehen. 

Nicht verwechseln: Aktivrente vs. Flexirente

Was manche Internetkommentatoren wohl mit diesem Vorstoß verwechseln, ist die "Flexirente" der vergangenen Bundesregierung. Sie hatte im Jahr 2023 die Zuverdienstgrenze für Rentner abgeschafft. Wer künftig in der Rente weiterarbeiten möchte, kann dies tun, ohne Rentenkürzungen hinnehmen zu müssen, egal wie viel er verdient. Auch diese Regel gilt ausschließlich für Altersrentner, nicht für Erwerbsminderungsrentner oder Rentner in der Grundsicherung. Und: Die Einkünfte sind nicht steuerfrei - weder die Rente noch der Arbeitslohn. Beides muss zum persönlichen Steuersatz versteuert werden. 

Das bedeutet, dass die CDU nun ein System weiter entwickelt, dass es bereits gibt: Wer bisher die Flexirente nutzt, bekommt in Zukunft einen doppelt so hohen Steuerfreibetrag wie bisher, statt 12.000 Euro dieses Jahr 24.000 Euro. Viele weitere Vorteile gibt es bereits heute. Wer länger arbeitet: 

  • Erhöht seine Rente für jeden Monat, den er über das Renteneintrittsalter hinaus Rentenbeiträge zahlt, auch wenn er bereits Rente erhält. Wer nur eine kleine Rente in Aussicht hat und sich vorstellen kann, noch ein paar Monate oder gar Jahre länger im Job zu bleiben, kann so seine Rente lebenslang aufstocken.
  • Sichert sich einen höheren Steuerfreibetrag auf seine Rente, wenn er so früh wie möglich den Rentenbezug beginnt. Denn die Besteuerung der Rente hängt vom Eintrittsjahr ab und der besteuerte Anteil steigt jedes Jahr um 0,5 Prozentpunkte. 

Rechenbeispiel: Flexirente oder Aktivrente

Die Frage ist: Was lohnt sich mehr? Die Aktivrente oder regulär weiterarbeiten? Eine Rechnung: 

  • Arbeitnehmer A arbeitet trotz erreichter Regelaltersgrenze in seinem alten Job weiter ohne Rente zu beziehen. Er verdient 4000 Euro brutto. Er nimmt den regulären Steuerfreibetrag von 12.096 Euro in Anspruch. Er zahlt somit 528 Euro Steuern (ohne Kirchensteuer). Bei zwei Kindern über 25 Jahre und einem Zusatzbeitrag zur Krankenkasse von 2,5 Prozent kommt er auf 2633 Euro netto. Pro Monat Weiterarbeit erhöht sich sein Rentenanspruch außerdem um 0,5 Prozentpunkte. Bei 1500 Euro erwartbarer Rente, sind das 7,50 Euro pro Monat. Nach einem Jahr hätte Arbeitnehmer A also 90 Euro mehr Rente, jeden Monat lebenslang.
  • Arbeitnehmer B macht lieber Flexirente. Er bezieht seine Rente von 1500 Euro vollständig, arbeitet aber weiter in seinem Job und bekommt dafür 4000 Euro brutto. Sein Steuerfreibetrag steigt auf 24.000 Euro, er zahlt damit nur 241 Euro Steuern. Rentner müssen keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung zahlen. In die Pflege- und Krankenversicherung hingegen schon. Von seinem Bruttoeinkommen bleiben nach Abzügen der Sozialversicherung 2972 Euro netto. Er muss auch seine Rente versteuern und zwar sind bei Renteneintritt 2025 insgesamt 83,5 Prozent der Rente steuerpflichtig, also 1245 Euro. Diesen Satz sichert er sich mit seinem früheren Renteneintritt für den Rest seines Lebens. Ihm blieben Stand heute also 4171 Euro netto von Rente und Gehalt. Wenn er freiwillig weiter Rentenbeiträge leistet, erhöht sich pro Monat Flexirente sein Rentenanspruch um 0,5 Prozentpunkte. Bei 1500 Euro erwartbarer Rente, sind das 7,50 Euro pro Monat. Nach einem Jahr hätte Arbeitnehmer B also ebenfalls 90 Euro mehr Rente, jeden Monat lebenslang. 

Die Rechnung zeigt: Die Aktivrente ist ein komplexes Konstrukt, mit dem Arbeitnehmer über 60 viel aus ihrer Rente und ihrem Gehalt herausholen könnten. Idealerweise können sie Rentenbezug und zumindest eine Teilzeitbeschäftigung kombinieren. Die wichtigsten Tipps: 

  • Rechnen Sie genau aus, was mehr bringt: Früher in Rente gehen und steuerfreien Anteil der Rente dafür erhöhen oder länger arbeiten und pro Monat mehr Rente kassieren. Hilfe gibt es hierfür bei der Rentenversicherung, privaten Rentenberatern oder dem Sozialverband VdK.
  • Es gibt auch Modelle nur Teilzeit Rente zu bekommen und damit auch nur teilweise Abschläge in Kauf zu nehmen, dafür aber das Steuerniveau festzuschreiben.
  • Vergessen Sie nicht Steuerlast und Sozialversicherungsbeiträge bei Ihren Rechnungen. 

Ganz findige Arbeitnehmer gehen nur Teilzeit in Rente und sichern sich so lebenslang die höhere Steuerfreiheit bei möglichst geringen Abschlägen