Freibad-Sekt im Miesbacher Stadtrat: Jetzt wird endlich saniert

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Versöhnlicher Schlussstrich: Mit einer kleinen Sektrunde feierte Erhard Pohl (l. bei Familienreferentin Malin Friese) mit seinen Stadtratskollegen 20 Jahre Ringen um die Modernisierung des Warmfreibads. © ddy

Nach 20 Jahren anschieben ist es jetzt geschafft: Das Warmfreibad darf saniert werden. Der Stadtrat hat nun den Haushalt 2024 abgesegnet und damit grünes Licht für den Badumbau gegeben – begleitet von kritischen Worten. Denn die Stadt ist nah dran an der Überschuldung.

Miesbach – Nach dem letzten Beschluss zum Warmfreibad, mit dem der Umbau nun gestartet wird, ergriff Badreferent Erhard Pohl (CSU) am Donnerstag das Wort und bat darum, kurz die Sitzung zu unterbrechen: „Wir haben etwas vorbereitet.“ Während Dritter Bürgermeister Franz Mayer (CSU) Gläser verteilte, erklärte Pohl: „Wir sollten jetzt kurz mit Sekt zusammen anstoßen, dass wir den Mut haben, das Bad umzubauen.“

Es war eine versöhnliche Geste – gewissermaßen der Schlussstrich unter 20 Jahre voll Diskussionen, mahnen, planen, zaudern, verschieben (wir berichteten). Der Preis dafür ist neben 5,475  Millionen Euro Baukosten, für die 2,7 Millionen Förderung erwartet werden, ein weiterer großer Schritt in Richtung Überschuldung. Das ist die Botschaft, die ebenfalls im Haushalt 2024 steckt. Denn die Mindestzuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt, die bei 1,6 Millionen Euro liegen sollte, wird mit 436 710 Euro deutlich verfehlt. Fazit: Die Stadt hat auch 2024 keine positive Leistungsfähigkeit, erwirtschaftet also zu wenig, um allen Verpflichtungen nachzukommen.

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Dennoch hat die Rechtsaufsicht der Stadt die Zustimmung für den Haushalt 2024 in Aussicht gestellt: inklusive Badumbau, einer Rücklagenentnahme von 1,9 Millionen Euro und einer Kreditaufnahme von 1,95 Millionen Euro. Der Schuldenstand klettert von 33,6 Millionen Euro am Jahresanfang 2024 auf 33,8 Millionen. Dabei unterstützt das Landratsamt den Weg der Stadt unter der Voraussetzung einer positiven Entwicklung der Stadt und der Entlastung der finanziell angespannten Situation. Dazu gehören Grundstücksverkäufe im Gewerbegebiet Nord über insgesamt elf Millionen Euro und eine jährliche Tilgung von zwei Millionen.

Starke Kostenmehrung

Erschwert wird die Lage, wie Kämmerer Josef Schäffler bereits im vorberatenden Finanzausschuss festgestellt hatte, durch die tarifbedingt gestiegenen Personalkosten, gestiegene Zinsen und die hohen Stromkosten. Wesentlich sei auch, dass die Stadt – mit Ausnahme des Bades – keine freiwilligen Leistungen mehr übernehmen dürfe. „Auch in der nächsten Wahlperiode.“ Die Stadt müsse nun wieder von ihren Schulden runter.

Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) verwies zudem auf die allgemein hohe Belastung der Kommunen. Für die vielen Aufgaben fehle das Geld. Deshalb habe er bereits an den Staat appelliert, die finanzielle Ausstattung auf kommunaler Ebene zu verbessern, etwa durch eine größere Beteiligung an der Einkommenssteuer. „Miesbach hat Geld“, ergänzte Braunmiller, „aber es reicht nicht. Wir sind finanzielle Leistungsträger, zahlen knapp zehn Millionen Euro an den Landkreis und sind ein wirtschaftliches Leistungszentrum.“

„Miesbach ist überschuldet“

Dem konnte sich Michael Lechner (Freie Liste) nicht anschließen: „Noch nie haben wir so deutliche Hinweise von der Aufsicht bekommen, dass Miesbach überschuldet ist. Die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit ist nicht mehr gegeben.“ Dazu stehe die Aussicht auf Zustimmung trotz Badumbau „in krassem Widerspruch“. Zudem schwäche der Zwang, Verkaufserlöse erzielen zu müssen, die Verhandlungsposition der Stadt bei den Grundstücksverkäufen. Die Zinslast habe sich verdoppelt, und das Strecken von Krediten auf 30 Jahre sei „unmoralisch“. Lechners Fazit: „Der Bürgermeister hatte vier Jahre Zeit für ein neues Denken, aber das Problem, dass die Stadt zu viel ausgibt, bleibt weiter ungelöst.“ Der Haushalt bestehe aus „Hoffnung und Wunschdenken“.

Gegen die Stimmen von Lechner und Hedwig Schmid (SPD), die damit gegen den Verkauf einer Sozialwohnung protestierte, wurden Haushalt und Badumbau angenommen. Lechners Fraktionskollege Markus Seemüller sprach dennoch von einer „neuen Ära der Überschuldung“ und kritisierte, dass – wegen des Streits um die Wasserschutzzone – kein Deal mit den Stadtwerken München bei der Badsanierung zustande gekommen ist.

„Wir werden auch das schaffen“

Paul Fertl (SPD) sprach von der „Stunde der Wahrheit“ und sah das Fehlen der dauernden Leistungsfähigkeit als „größten Malus. Die Schulden sind zu viel für so eine kleine Stadt.“ Der Umgang mit Geld sei zu locker. Was auch Zweite Bürgermeisterin Astrid Güldner (Grüne) bestätigte: „Wir haben zu oft Investitionen schnell durchgewunken. Jetzt sind wir zu Haushaltsdisziplin gezwungen.“ Badreferent Pohl betonte: „Wir haben ja auch Werte geschaffen. Schulden sind nicht schön, aber wir werden den Gürtel enger schnallen und auch das schaffen.“

ddy

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