„Besser leben, weniger arbeiten“ - Bei vollem Gehalt: Land in Südeuropa verabschiedet sich von 40-Stunden-Woche

Die Regierung Spaniens hat eine Verkürzung der gesetzlichen Arbeitswoche von 40 auf 37,5 Stunden beschlossen. Wie die Nachrichtenagentur „Reuters“ berichtet, ist eine der Hauptakteure dieser Initiative die spanische Arbeitsministerin Yolanda Diaz, die den Entwurf am Dienstag vorstellte. 

Arbeitnehmer in Spanien sollen trotz weniger Stunden volles Gehalt bekommen

Damit die arbeitspolitische Änderung final in Kraft treten kann, muss allerdings noch das Parlament dem Gesetzesentwurf zustimmen. Ministerpräsident Pedro Sanchez benötigt zur Umsetzung die Unterstützung mehrerer kleinerer Parteien, da seine Regierung keine Mehrheit im Parlament hat.

Die Regierungskoalition aus Sozialisten und der linken Partei Sumar setzt bei ihrem Vorhaben auf mehr Effizienz in der Wirtschaft. Diaz erklärte: „Diese Maßnahme zielt darauf ab, besser zu leben, weniger zu arbeiten und wirtschaftlich viel produktiver und effizienter zu sein.“ Die Maßnahme soll für alle Arbeitnehmer und Wirtschaftssektoren gelten.

Die Gehälter bleiben trotz Stundenreduzierung unverändert. Doch innerhalb der Regierung gibt es Uneinigkeit. Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo plädierte laut Reuters für eine einjährige Verzögerung, um kleinen Unternehmen Zeit zur Anpassung zu geben. Auch die spanische Zentralbank und der ehemalige Wirtschaftsminister betonten ihre Sorge, dass höhere Arbeitskosten die Inflation anheizen und die Schaffung von Arbeitsplätzen behindern könnten.

Arbeitgeber kritisieren Gesetzesvorhaben scharf

Laut Berichten von Reuters stößt die Initiative allerdings vor allem bei Arbeitgeberverbänden, wie dem CEOE, auf Widerstand. Diese argumentieren, dass die verkürzte Arbeitszeit die Kosten für spanische Unternehmen erhöhen und deren Wettbewerbsfähigkeit mindern würde. 

Nach monatelangen Verhandlungen brach der Verband im November die Gespräche mit der Regierung ab, nachdem CEOE gefordert hatte, die verkürzte Arbeitswoche solle durch Tarifverhandlungen geregelt werden: „Die Unternehmenswelt ist für Dialog, aber nicht für Monolog“, kommentierte Verbandspräsident Antonio Garamendi, nachdem die Verhandlungen gescheitert waren.

So lang ist die Vollzeit-Woche in Deutschland

Anders als in Spanien geplant, arbeiten die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für eine Vollzeitwoche durchschnittlich 40 Stunden pro Woche. Oftmals gibt es dabei jedoch auch Ausnahmen.

  • Üblich sind acht Stunden an fünf Tagen in der Woche, also insgesamt 40 Stunden wöchentlich.
  • Je nach Branche und Tarifvertrag können auch zwischen 36 und 40 Stunden pro Woche ein Vollzeit-Job sein.
  • Eine Wochenarbeitszeit von 35 Stunden kann betriebsabhängig auch eine Vollzeit-Woche sein. In Frankreich ist dieses Arbeitszeitmodell üblich.
  • Liegt die Arbeitszeit unter der betriebsüblichen Vollzeit-Stunden, handelt es sich um einen Teilzeit-Job.

Laut Eurostat arbeiten die deutschen Vollzeitbeschäftigten im Durchschnitt 40,5 pro Woche. Im Dezember 2024 waren rund 46 Millionen Menschen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren davon rund 31 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit beschäftigt.

Vier-Tage-Woche in Deutschland sorgt für Diskussionen

In Deutschland war auch die Diskussion um eine 4-Tage-Woche bei gleicher Stundenzahl, vor allem während vergangener Bundestagswahlkämpfen, immer wieder Thema. Befürworter erhoffen sich nicht nur eine bessere Work-Life-Balance unter den Arbeitnehmern. 

Für die Unternehmen zeigen erste Versuche und Pilotprojekte, dass die Mitarbeitenden deutlich effektiver arbeiten und sich die Produktivität steigern lässt, wenn nach dem Modell der 4-Tage-Woche gearbeitet wird. Außerdem gab es weniger Krankmeldungen.

Kritiker hingegen haben Bedenken, dass sich die reduzierte Arbeitszeit auf die Produktivität eines Unternehmens auswirken könnte. Außerdem sehen sie Schwierigkeiten in der Umsetzung, da die verlängerten Arbeitstage zu hohen Belastungen führen könnten.

Eine neue Studie zeigt außerdem, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Gen Z für das Arbeitszeitmodell sogar auf bis zu 20 Prozent ihres bisherigen Lohns verzichten würden.