„Jetzt ist der Punkt erreicht“ – Baerbock legt sich bei Schlussrunde zur Pflege mit Moderation an

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Drei Tage vor der Bundestagswahl trafen acht Parteienvertreter aufeinander. Annalena Baerbock kämpfte um ihre Redezeit und sorgte damit für Aufsehen.

Berlin – Bei der Schlussrunde von ARD und ZDF mit insgesamt acht Parteienvertretern ging es drei Tage vor der Bundestagswahl heiß her. Die Moderatoren Markus Preiß und Diana Zimmermann, Leiter der Hauptstadtstudios von ARD und ZDF, hatten die Aufgabe, die sich ständig gegenseitig ins Wort fallenden Kontrahenten zu bezähmen. In so einer großen Runde wollte jede Partei etwas zu jedem Thema sagen – wie auch die Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock zum Thema Gesundheit. Das sorgte in der Debatte für Aufregung.

Nach einem Redebeitrag des CDU-Generalsekretärs Carsten Linnemann zur Gesundheit wollte Preiß eigentlich zum nächsten Thema überleiten. Dann meldete sich Baerbock zu Wort: „Aber jetzt würde ich gerne zur Gesundheit auch was sagen, weil da jeder …“ Als der Moderator weiterredete, versuchte die Grünen-Politikerin es noch einmal mit Nachdruck: „Herr Preiß? Ich habe nichts zur Gesundheit sagen können und der Herr Lindner hat jetzt dreimal was gesagt.“ Preiß ließ mit seinem Themenwechsel zunächst nicht locker. „Andere haben weniger zur Außenpolitik gesagt, Frau Baerbock ganz kurz“, entgegnete er.

Baerbock setzt sich bei Schlussrunde zur Bundestagswahl durch – Gesundheitssystem als „Zweiklassensystem“

„Ja, aber trotzdem …“, versuchte es Baerbock weiter und brach damit den Widerstand. „Wir Grünen haben zur Gesundheitspolitik ja einen Vorschlag gemacht, anders als andere hier.“ Sie berichtete zunächst von den Erfahrungen als gesetzlich Versicherte. Dabei betonte sie ihren eigenen Status als gesetzlich Versicherte und vermutete, dass in der Schlussrunde sonst wenige gesetzlich versichert seien.

Die Probleme mit dem Gesundheitssystem lägen nicht am Geld: „Es ist nur sehr ungerecht. Es ist ein Zweiklassensystem.“ Es sei ungerecht, dass „die Leistungen, die alle mit betroffen haben in unserer Bundesrepublik, immer nur von den Gesetzlichen bezahlt werden“.

Linnemann und Lindner unterbrechen Baerbock – Schlussrunden-Moderation setzt Debatte ein Ende

Auch bei ihrem Redebeitrag wurde Baerbock mehrfach unterbrochen. Erst musste Linnemann Baerbock mitteilen, dass er auch gesetzlich versichert sei. „Haben wir ja was gemeinsam“, entgegnete sie und verfuhr weiter im Text, während Linnemann noch den Versuch einer Distanzierung vor sich her nuschelte. Den FDP-Chef Christian Lindner störte der Schuss gegen die private Krankenversicherung. Er tat seinen Unmut mit der Familienversicherung kund und unterbrach die Grünen-Politikerin so: „In der privaten Krankenversicherung wäre es ein eigener Beitrag.“

Annalena Baerbock in der Schlussrunde von ARD und ZDF. © Screenshot ARD

Baerbock würgte ihn ab, als er weiterreden wollte: „Herr Lindner, jetzt hattest du den vierten Beitrag.“ Womöglich haben die Zwischenrufe im Bundestag sie zunehmend abgehärtet. Auch Preiß ermahnte den FDP-Chef. Als die Grünen-Außenministerin dann noch das Thema Aktienbesteuerung anriss, sprach der Moderator ein Machtwort. „Jetzt ist der Punkt erreicht, dass diese Runde beendet ist“, fuhr Preiß dazwischen, ohne viel Erfolg – Baerbock redete weiter.

„Frau Baerbock, ernsthaft“, versuchte er es erneut. Schließlich konnte die Moderatorin Zimmermann die Außenministerin mit einem Verweis auf den Faktencheck zufriedenstellen. Bei den Aussagen von Zimmermann redete wiederum Lindner dazwischen, der auf eigene Faust Baerbocks angeblich falsche Aussagen zur Besteuerung von Aktiengewinnen korrigieren wollte. Die Grünen-Politikerin hatte zuvor über die Kapitalertragssteuer von 25 Prozent geredet.

„Sie müssen mal vernünftige Politik machen“: Schlussrunden-Moderation schießt gegen alle zurück

Positionieren konnten sich in der Schlussrunde neben dem FDP-Chef Christian Lindner, der Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock und dem CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann auch der Generalsekretär der SPD, Matthias Miersch und der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Auch die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, der Linken-Chef Jan van Aken und die BSW-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht waren mit von der Partie. Mit Zwischenrufen, die in dem Stimmengewirr teils gar nicht zu entziffern waren, positionierten sich viele auch immer wieder im Gegensatz zu ihren Gegenübern.

Die Sender hatten eine Diskussionsrunde über Themen versprochen, die bislang zu kurz gekommen seien und die jungen Leute interessierten – ein Vorsatz, der eingehalten wurde. Gesundheit, Pflege, Dienstpflicht, Klima – diese Themen hatten bei den TV-Runden zuvor praktisch keine Rolle gespielt. Auch bei dem Thema Klima ging es gegen Weidel heiß her, sodass der Moderator Preiß sich an einer Stelle das Lachen nicht verkneifen konnte. „Sie müssen mal vernünftige Politik machen, sie alle“, sagte Moderatorin Zimmermann. Dass eine Runde mit acht Politikern nur schwierig funktionieren kann, war auch das Fazit vieler in den Reaktionen auf die Schlussrunde. (lismah/dpa)

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