Oktoberfest-Heimkehrer: Polizei setzt auf freiwillige Alkoholtests

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Was steht auf dem „Tacho“? Die meisten Wiesn-Heimkehrer fanden die Aktion der Freisinger Polizei sehr gut. © Lehmann

Wegen der Wiesn gibt es auch in Freising mehr Alkoholdelikte. Darauf hat die Polizei jetzt mit einer besonderen Aktion reagiert. Das Tagblatt war hautnah dabei.

Freising - „Pusten, pusten, pusten – bis ich ,Stopp‘ sage!“ Das war am Montag auf dem P+R-Parkplatz am Freisinger Bahnhof zur Überraschung vieler Bahngäste, die gerade auf dem Weg zur ihrem Auto waren, häufig zu hören. Der Grund: Während der ersten Oktoberfestwoche kam es in der Gegend zu zahlreichen Alkoholdelikten, die auf das Konto von angetrunkenen Wiesn-Heimkehrern gingen. Andreas Wegmaier, Leiter der Polizeiinspektion Freising, wollte das nicht so stehen lassen und leitete eine prägnante Präventionsmaßnahme ein.

Ein Mann pustet in das Atemalkoholgerät eines Polizisten
Pusten, bis die Polizei „Stopp“ sagt: Die Polizei Freising bot am Montag auf dem P+R-Parkplatz am Bahnhof freiwillige Alkoholtests für Oktoberfestbesucher an. © Lehmann

„Zwei Sachen sind interessant: Kommen die Leute von der Wiesn? Und wollen sie mit dem Auto heimfahren?“, erklärte Wegmaier, während Polizeihauptmeisterin Katrin Auerbacher und Polizeiobermeister Mario Zims Position vor der Bahnunterführung bezogen. Die Anweisung vom Chef: Alle ansprechen, die vom Oktoberfest kommen – freilich gut erkennbar durch die Tracht.

Heute wollen wir präventiv und freiwillig einen Atemalkoholtest für die Fahrer anbieten.

„Wir machen natürlich regelmäßig Kontrollen, aber heute wollen wir präventiv und freiwillig einen Atemalkoholtest für die Fahrer anbieten“, so Wegmaier. Ziel war es, Bewusstsein zu schaffen für den noch so kleinsten Alkoholgenuss, denn nicht jeder Fahrer bleibe gänzlich nüchtern, sondern trinke schon mal die eine oder andere Halbe Bier. Zudem würden auch viele glauben, dass sich während der Heimfahrt mit S-Bahn oder Zug genügend Alkohol abbaue, um danach wieder Auto fahren zu können. Bislang kam es rund um den Freisinger Bahnhof zu elf Alkoholdelikten in direktem Zusammenhang mit der Wiesn. Zum Vergleich: Während des Freisinger Volksfestes verzeichnete die Polizei nur zwei Fälle von Trunkenheit am Steuer.

„Da kommen schon drei, die schauen nach Oktoberfest aus“, sagte Zims vor Ort am Montag und sprach das lachende Trio an. Einer der Gruppe war nicht mehr gänzlich gangsicher, wenn auch bestens gelaunt. Auf Nachfrage, wie viel er getrunken habe, sagte der Mann: „Sechs Mass Bier. Nein, eigentlich waren es nur fünfeinhalb.“ Das Urteil von Auerbacher: „Ja, das riecht man bei Ihnen auch.“ Sie stöpselte das Mundstück auf das Atemalkoholmessgerät, denn der Bierliebhaber wollte gerne wissen, welchen Wert er „zusammenbringt“. Den verraten die Beamten allerdings nicht immer, sondern nur, ob die kritischen Grenzen überschritten werden – schlichtweg, um zu vermeiden, dass sich die Menschen ausrechnen, wie viel sie vertragen – oder eben nicht.

„Fahren können Sie auf keinen Fall mehr. Da wäre sogar der Führerschein weg“, so das Fazit der Polizeibeamten. Aber das Trio hatte vorgesorgt und eine nüchterne Fahrerin dabei. Für die Polizeiaktion fanden die drei lobende Worte: „Das ist super, dass das gemacht wird!“

Nicht ganz so begeistert war die nächste Gruppe, die auf dem Parkplatz verzweifelt ihr Auto suchte. Weil die S-Bahn in Neufahrn technische Probleme hatte, und die Heimfahrt unfreiwillig lange dauerte, war vor allem die Laune eines Mannes auf dem Tiefpunkt. „Unsere Fahrer sind nüchtern, und freilich haben wir was getrunken“, erklärte er deutlich. Obwohl Auerbacher mehrmals äußerst freundlich nachfragte, ob sie dennoch das Angebot annehmen wollen, drohte die Lage zu eskalieren. Der Mann wurde lauter, aggressiver und hielt schnell auch nicht mehr die nötige Distanz zur Polizistin ein. „Nix wird geblasen, heim wird gefahren – euch ist wohl langweilig“, so der Wiesn-Besucher zu den Beamten.

Daraufhin gingen Auerbacher und Zims in Habachtstellung, waren auf alles gefasst und deeskalierten die Situation, bis die Gruppe schließlich murrend davonzog. „Wenn die Leute trinken, gibt es verschiedene Typen. Die einen werden lustig, die anderen aggressiv. Einige schlafen ein. Das ist wie eine Pralinenschachtel“, so die Erfahrung der Polizeibeamtin. Man wisse nie, was man bekomme.

Eine Gruppe älterer Damen fiel völlig aus dem Raster: „Wir kommen von einer Wallfahrt aus Altötting“, erklärte eine der Frauen. Mit dem Oktoberfest hätten sie nichts am Hut, und nüchtern seien sie sowieso.

Nix wird geblasen, heim wird gefahren – euch ist wohl langweilig.

Die meisten Wiesn-Heimkehrer stimmten dem freiwilligen Alkoholtest zu, waren äußerst vernünftig und fanden die Aktion der PI Freising sehr gut. „Aber manchmal sind die Leute unvernünftig“, berichtete Auerbacher. Erst vergangene Woche habe sie einen Mann kontrolliert, der sich mit dem Taxi von der Wiesn zu seinem Auto auf dem Freisinger Bahnhofsparkplatz hätte kutschieren lassen – um von dort deutlich angetrunken selbst noch nach Hause zu fahren. Das Resultat: 500 Euro Geldstrafe, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot.

„Das heute ist eine reine Präventionsmaßnahme, aber wir kontrollieren freilich ganz normal weiter – wir sind ja kein Servicedienstleister“, betonte PI-Chef Wegmaier. Er selbst gehe übrigens nur ganz selten aufs Oktoberfest. „Das sind mir einfach zu viele Leute.“