Experte demontiert SiKo-Rede von Vance – „Leute sind mit anderen Erwartungen hergekommen“
Experte nimmt SiKo-Rede von Vance auseinander – „Leute sind mit anderen Erwartungen hergekommen“
J.D. Vance redete auf der Münchner SiKo – blieb aber in seiner Rede hinter den Erwartungen zurück. Ein Politikwissenschaftler analysierte seine Ausführungen.
München – Alle Augen waren auf München gerichtet: Die Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance auf der 61. Münchner Sicherheitskonferenz sollte das große Highlight am ersten Tag der Veranstaltung werden. Viele warteten auf klare Wort, den großen Knall, eventuell auch Details zur Außenpolitik-Strategie von Donald Trump und den möglichen Ukraine-Verhandlungen mit Russland. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte zuvor gar eine „brutal harte“ Ansage von Vance erwartet. Nach 30 Minuten wird allerdings klar: Die brutale Schelte gab es für die EU – außenpolitisch blieben die Erwartungen aber unerfüllt.
Vance hat europäischen Verbündeten Einschränkung der Meinungsfreiheit und gemeinsamer demokratischer Grundwerte vorgeworfen. Die freie Meinungsäußerung scheine auf dem Rückzug zu sein, sagte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Er kritisierte, dass Meinungsäußerungen als Desinformation verfolgt würden und nannte eine ganze Reihe von Beispielen.
Vance-Rede auf Münchner SiKo: Politikwissenschaftler analysiert Auftritt – „Vulgärliberalismus“
Vance sagte, sicherlich sei ein Aufbau der Verteidigungsfähigkeit wichtig, aber er sei nicht so sehr besorgt wegen äußerer Akteure. „Ich bin wegen der Gefahr von innen besorgt, dass sich Europa von einigen der grundlegenden Werte zurückziehen könnte, von Werten, die mit den USA geteilt werden“, sagte er: Und: „Wir müssen mehr tun, als über demokratische Werte zu reden, wir müssen sie leben.“

Direkt im Anschluss an Vance‘ Auftritt analysierte Prof. Stefan Bierling, Politikwissenschaftler von der Uni Regensburg, die Rede im BR. Auch ihm fiel direkt auf: Die möglichen Ukraine-Verhandlungen haben beim Trump-Vize gar keine Rolle gespielt. „Er hat eigentlich eine innenpolitische Wahlkampfrede gehalten“, so Bierling im BR. Als glänzenden Rhetoriker bezeichnete der Politikwissenschaftler den Trump-Vertreter. Vance habe in seiner Rede eine „Art Vulgärliberalismus“ betrieben, „dass er die Europäer prügelt für bestimmte Dinge, die aus seiner politischen Warte nicht ganz genehm scheinen“.
Vance-Rede auf der SiKo: Migration „noch das außenpolitischste“ Thema
Als Beispiel nennt Bierling die abgesagten Wahlen in Rumänien, die Vance interpretiert habe, wie „es ihm in den Kram passt“. J.D. Vance hatte geäußert, es sei zwar berechtigt zu denken, dass eine Einflussnahme durch Russland per sozialen Medien falsch sei. Die USA seien derselben Meinung. Allerdings: „Wenn eure Demokratie mit ein paar Hunderttausend Dollar an Werbung eines fremden Landes in sozialen Medien zerstört werden kann, dann war sie von Anfang an nicht allzu stark.“
Laut dem Regensburger Experten zeige auch dies, dass es eine „wirkliche Wahlkampfrede, eine innenpolitische Rede“ gewesen sei. Das Thema Migration sei „noch das Außenpolitischste“ in der Rede gewesen. „Von all den dringenden Herausforderungen, mit denen die hier vertretenen Nationen konfrontiert sind, gibt es meiner Meinung nach nichts Dringlicheres als die Massenmigration“, hatte Vance in der Rede erwähnt.
Vance bleibt auf SiKo hinter den Erwartungen zurück – „Leute sind mit anderen Erwartungen hierhergekommen“
Weiter hatte der US-Vize auch auf den Anschlag in München vom Donnerstag verwiesen, der schrecklich sei, man habe derartiges aber „schon viel zu oft in Europa gehört und leider auch viel zu oft in den Vereinigten Staaten“. Das Muster ähnele sich vielfach, so Vance: „Ein Asylbewerber, oft ein junger Mann Mitte 20, der der Polizei bereits bekannt ist, rast mit einem Auto in eine Menschenmenge und zerstört eine Gemeinde“, beklagte Vance. „Wie oft müssen wir diese entsetzlichen Rückschläge noch erleiden, bevor wir unseren Kurs ändern?“ Kein Wähler in Europa habe dafür gestimmt, „die Schleusen für Millionen ungeprüfter Einwanderer zu öffnen“.
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Ideen für die Ukraine? Erkenntnisse über weitere Pläne mit der Nato? Pläne für engere Zusammenarbeiten mit der EU? Fehlanzeige. Informationen zu diesen außenpolitischen Themen hatte allerdings auch wohl das Plenum vor Ort erwartet, wie auch Bierling im BR feststellte. „Der Applaus war sehr spärlich“, griff er das verhaltene Klatschen des Plenums nach Vance‘ Rede auf. „Die Leute sind mit anderen Erwartungen hierhergekommen.“ Doch stattdessen hätten die Leute einen „innenpolitischen Kraftauftritt“ bekommen, der Europa und speziell auch Deutschland „die Leviten gelesen“ habe. (han/dpa)