Bürgerinitiative Reichling Ludenhausen: Nein zum Genexco-Gas

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150 Besucher kamen zum Forum der Bürgerinitiative gegen die Gasbohrung im Reichlinger Pfarrheim. © Jais

Die Zulassung für die Erkundungsbohrung von Genexco Gas in Reichling ist erteilt. Die „Bürgerinitiative Reichling Ludenhausen - Gegen die Ausbeutung unserer Heimat“ setzt dennoch auf Widerstand.

Reichling – Wenngleich das Bergamt Südbayern dem Unternehmen Genexco Gas Ende Juni eine Zulassung für die Erkundungsbohrung erteilt hat, so gibt sich die neu gegründete „Bürgerinitiative Reichling Ludenhausen – gegen die Ausbeutung unserer Heimat“ kämpferisch. Der Druck auf die Politiker soll erhöht werden; und für eine Trasse nach Denklingen – zum Anschluss an die bestehende Erdgasleitung – sollen keine Grundstücke bereitgestellt werden.

Forum der Bürgerinitiative gegen die Gasbohrung in Reichling: Redner aus Niedersachsen

So viele Leute waren lange nicht mehr im Pfarrheim in Reichling: 150 interessierte Besucher füllten am Freitagabend auf Einladung der Bürgerinitiative den Saal und das Foyer. Der Redner kam mit dem Zug sogar aus Niedersachsen: Bernd Ebeling ist seit 30 Jahren selbstständig als Ingenieur in der Wasserwirtschaft tätig und setzt sich kritisch mit dem Thema Gasbohrungen auseinander. Zunächst schilderte er Auswirkungen großer Erdgasprojekte wie z.B. im Altmarkkreis Salzwedel, wo zu DDR-Zeiten mehr als 100 Menschen an freigesetzten Giften starben.

Im Bereich Groningen (Niederlande) sei es auf dem größten Erdgasfeld Europas wegen Erdbeben zu Bodenabsenkungen gekommen. Dort seien mehr als 3.000 beschädigte Gebäude abgerissen worden. Auch bei früheren Bohrungen in Niedersachsen seien Schadstoffe in Luft, im Boden und im Wasser festgestellt worden. Was das Gebiet Lechrain betreffe, müsse er aber ein Lob an das Wasserwirtschaftsamt Weilheim richten. Die Techniker dort würden heute strengere Anforderungen festsetzen. Zudem mache das Bergamt Südbayern, das bei der Regierung von Oberbayern angesiedelt ist, konkrete Vorgaben.

Lob ans Wasserwirtschaftsamt Weilheim: strengere Auflagen

Im Bescheid des Bergamtes wird die Zulassung für den sogenannten Hauptbetriebsplan am Bohrplatz Kinsau I bis zum 30. Juni 2026 befristet erteilt. Eine Voraussetzung ist, dass zwischen Bohrplatz und Wasserschutzgebiet eine Grundwasser-Messstelle errichtet wird. Das sei inzwischen geschehen, sagt Eckhard Oehm von der Firma Genexco Gas auf Nachfrage der Redaktion.

Das Unternehmen hat laut Bescheid auch ein Trinkwasser-Notfallkonzept vorzulegen. Darin muss vor Beginn des Bohrplatzbaus, der im Sommer 2024 erfolgen soll, eine Trinkwasser-Notfallversorgung für die Gemeinde Reichling aufgezeigt werden, falls es durch das Vorhaben zu einer Grundwasserverunreinigung im Einzugsgebiet der Versorgung im Erbistal käme.

Eine Fülle an Fragen und Wortmeldungen folgte anschließend, als Marvin Lüben von Greenpeace das Forum in Reichling moderierte. Peter Satzger vom Bund Naturschutz (BN) im Kreis Landsberg war ebenso wie Referent Ebeling der Hinweis wichtig, bei allen Sorgen und Bedenken zur Bohrstelle (von technischen Störungen über den Lkw-Verkehr bis zur Zerstörung der Heimat) die Auswirkung aufs Klima in den Fokus zu rücken.

Laut BN ist die Förderung von fossilem Gas in Reichling „völlig aus der Zeit gefallen“. Um das von der Staatsregierung gesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, „müssen wir unsere Energie darauf verwenden, den Gasverbrauch zu senken, statt neue Quellen zu erschließen und noch mehr zu verbrennen“, so der BN.

Der entscheidende Punkt, damit nach der Probebohrung auf zehn bis 15 Jahre hinaus eine Förderung aus 3.000 Metern Tiefe folge, sei die Realisierung einer acht Kilometer langen Gasleitung zum Anschlusspunkt nach Denklingen, blickte BN-Kreisvorsitzender Satzger voraus. Wenn da Druck aufgebaut werde und die erforderlichen Grundstücke dafür nicht bereitgestellt würden, habe das Projekt einer langfristigen Förderung nach der Erkundungsbohrung kaum Aussicht auf Erfolg.

Veranstaltung ohne Bürgermeister: Kritik am Gemeindeoberhaupt

Greenpeace-Vertreterin Saskia Reinbeck sagte zur Erdgasbohrung, dass die Gemeinde Reichling finanziell von dem Projekt nicht profitiere. Gewerbesteuer entrichte das Unternehmen Genexco Gas, an dem auch ein kanadisches Konsortium Anteile halte, am Firmensitz in Mülheim an der Ruhr.

In der Diskussion ging es auch um „das Zuckerl“ der Geothermie, die im Anschluss an eine jahrelange Gasförderung laut Genexco über die vorhandenen Rohre aktiviert werden könne. Ein Besucher wollte wissen, warum diese klimafreundliche Variante nicht ohne vorherige Erdgasförderung geprüft werde. Dazu erklärte Kasimir Buhr vom BN, die Wirtschaftlichkeit der Geothermie hänge wesentlich von der Größe des Verteilnetzes ab. Allein die Haushalte von Reichling und Ludenhausen reichten dafür nicht aus.

Kritik wurde daran laut, dass die Gemeinde Reichling der Forderung aus der Bürgerschaft zu einer eigenen Informationsveranstaltung mit Experten noch immer nicht nachgekommen sei. Gemeinderat Benjamin Graf erklärte ebenso wie zuvor Hans-Jürgen Korn, dass die Reichlinger Räte nicht informiert worden seien. „Das liegt auch an unserer Führungskraft“, ergänzte Graf in Hinblick auf Bürgermeister Johannes Hintersberger. Der war auf der Veranstaltung der Bürgerinitiative, die ihn dazu im Vorfeld bei einem Treffen im Rathaus persönlich informierte, nicht anwesend. Auf Nachfrage der Redaktion Ende der Woche, ob ein eigener Abend zum Thema Gasförderung noch stattfinden wird und wann das der Fall sein soll, war Hintersberger telefonisch nicht zu erreichen. Eine Anfrage per Mail blieb unbeantwortet.

Eckard Oehm von Genexco bedauert die Entwicklung in Reichling. Er stünde für einen eigenen Informationsabend, auf dem mehrere Experten das Wort ergreifen sollten, weiterhin zur Verfügung. Sein Eindruck sei, dass hier aufgebauscht werde. Oehm: „Die Leute, die lautstark aufbegehren, hätten sich auch an uns wenden können.“

Gegen die Gasförderung in Reichling: An einem Strang ziehen

Zu den 150 Besuchern gehörten auch Bürgermeister Fritz Schneider aus Rott und die frühere Reichlinger Bürgermeisterin Margit Horner-Spindler. Birgit Ertl aus Rott forderte derweil am Ende des Forums im Namen der Bürgerinitiative dazu auf, dass die Gegner der Gasförderung, die sich alle in eine Unterschriftenliste eintragen konnten, „an einem Strang ziehen“. Dann ließen sich gar „Berge versetzen“, ermunterte sie auf der Veranstaltung zu entschlossenem Einsatz.

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