Heftige Kritik nach Umbenennung des Preußler-Gymnasiums in Pullach
In Pullach hagelt es Kritik von allen Seiten nach der Entscheidung das Otfried-Preußler-Gymnasium umzubenennen. Hintergrund ist ein HJ-Roman, den Preußler in jungen Jahren geschrieben hatte, was erst jetzt bekannt wurde.
Pullach – So viel wurde wohl selten über die Gemeinde Pullach überregional berichtet. Seit der Gemeinderat beschlossen hat, das örtliche Otfried-Preußler-Gymnasium, das sich von seinem Namensgeber trennen will, zu unterstützen, ist die Kommune am linken Isarhochufer bundesweit in den Schlagzeilen. Selbst die „Neue Zürcher Zeitung“ nahm sich des Themas an, und das Fernsehen (ZDF) hat sich auch schon angemeldet im Rathaus.
Preußlers Enkelin enttäuscht von ihrem Großvater
Nicht alle, aber fast alle Berichte tendieren dazu, die Entscheidung des Gemeinderats, die mit 16:2 Stimmen gefallen ist, zu kritisieren. In der FAZ hat sich jedoch auch eine der Enkelinnen von Preußler zu Wort gemeldet, Sabine Volk, die schreibt: Ihr Großvater habe seine Vergangenheit im Nationalsozialismus benannt und auch ihr erzählt, „mit wie viel Begeisterung er mitmarschierte“. Aber von seinem HJ-Roman „Erntelager Geyer“, der Anlass gewesen war für die Schule, sich überhaupt noch einmal kritisch mit dem Namensgeber auseinander zu setzen, hatte er auch ihr nichts gesagt, das „nehme ich ihm übel“. Und: „Ebenso bin ich enttäuscht darüber, dass er seine Position nicht nutzte, um sich selbst offen und selbstkritisch mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen.“
Rückbenennung in „Staatliches Gymnasium Pullach“
Genau das ist auch der Punkt, den die Schule als Grund für die gewünschte Rückbenennung in „Staatliches Gymnasium Pullach“ ins Feld führt. Ihr geht es nicht um das Werk des Kinderbuchautors, sondern darum, dass Preußler nie öffentlich die eigene Haltung in der NS-Zeit reflektiert habe. Und: Direktor Benno Fischbach gefällt auch nicht, dass Preußler, der ja Lehrer war, über sein Lehrerdasein mal geschrieben hat, es „öde“ ihn „an“.
Solche Äußerungen würden wohl mehr wiegen „als ein ganzes Lehrerleben“, schrieb nach dem Gemeinderats-Beschluss, dem Wunsch der Schule nach Namensänderung nachzukommen, die FAZ – und eröffnete damit die überregionale Berichterstattung. Preußlers „eigentliches literarisches Werk“ werde nicht gewürdigt, der HJ-Roman hingegen überbewertet.
Kritik: „Lehrer trotten Direktor stumpf hinterher“
Die „Neue Zürcher Zeitung“ unterstellte derweil, die Lehrer in Pullach, von denen die Initiative, noch einmal zu Preußler zu forschen, ausgegangen war, würden ihrem Direktor Fischbach „stumpf hinterhertrotten“. Mit dem Jugendroman „Krabat“ habe Preußler ein „Meisterwerk“ geschaffen, „das eindringlich vor der Faszination des Bösen warnt“. Jochen Marx, Lehrer am Gymnasium und Leiter der eigens gegründeten Preußler-AG, wolle wohl „Fleißsternchen in Sachen Zeitgeistkonformität“ einheimsen. Der „Spiegel“ zitierte wiederum Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, der einen „differenzierten Umgang“ mit dem Erbe Preußlers fordert – der Erfinder des Räuber Hotzenplotz war ja Sudetendeutscher. Für den BR beanstandete Knut Cordsen, Benno Fischbach würde schulmeisterlich auftreten, berichtete gleichzeitig aber auch, dass Preußler sich noch im Jahr 2000 zusammen mit dem höchst umstrittenen Historiker Ernst Nolte auszeichnen habe lassen.
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Schon vor elf Jahren gegen die Benennung nach Preußler gestimmt
Keiner der Beiträge ging darauf ein, dass das Pullacher Kommunalgremium schon vor elf Jahren gegen die Benennung der Schule nach Preußler gestimmt hatte. Dass überhaupt die Namensgebung von Fischbachs Vorgängerin Renate Einzel-Bergmann mehr oder weniger im Alleingang durchgedrückt worden war. Eine geheime Abstimmung darüber unter den Lehrern hatte nie stattgefunden.
Benno Fischbach sagte gegenüber dem Münchner Merkur: „Wir haben uns mehr als fünf Jahre intensiv mit Leben und Werk Preußlers befasst“, die Entscheidung gegen den Namenspatron sei in allen Gremien (SMV, Elternbeirat, Lehrerkollegium) mit „überwältigender Mehrheit“ gefallen. Auch Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) findet: „Warum soll der Gemeinderat, der schon immer gegen den Namen war, jetzt die Schulfamilie nicht unterstützen?“ Der Zweckverband, der den entsprechenden Antrag beim Kultusministerium einreichen muss, tagt im März. Sabine Volk, die Enkelin, schrieb übrigens auch, sie glaube, ihr Großvater hätte gar nicht gewollt, dass die Schule nach ihm benannt wird - wenn nicht alle Seiten dafür sind.