In den USA zeigt Siemens die Zukunft des ICE: Kommt der Super-Schnellzug bald nach Deutschland?
Ein neuer Hochgeschwindigkeitszug von Siemens soll mit 350 Stundenkilometern zwei US-Großstädte verbinden. Das Projekt könnte zukunftsweisend sein, auch für Deutschland.
München - Die Deutsche Bahn kämpft an vielen Fronten. Eine, über die sich viele Deutsche ärgern, ist die Unpünktlichkeit. Und daran wird sich so schnell nichts ändern: Das Pünktlichkeitsziel für das laufende Jahr hat der Konzern Mitte Juli kassiert. Ursprünglich sollten 70 Prozent der Züge pünktlich ankommen. Die Ursachen für das Problem sind vielfältig. Dazu gehören ein marodes Schienennetz, Personalmangel, fehlende Digitalisierung und kaputte Züge.
Wie die Zukunft des Reisens auf der Schiene aussehen könnte, zeigt Siemens Mobility in einem Land, das nicht gerade als Eisenbahnland bekannt ist: den USA. Anfang Mai gab die Zugtechniksparte von Siemens bekannt, dass sie vom privaten Bahnbetreiber Brightline West als bevorzugter Bieter für den Bau von Hochgeschwindigkeitszügen ausgewählt wurde. Der endgültige Vertragsabschluss steht noch aus.
Die Zukunft des Siemens-ICE fährt bald in den USA: Weiterentwicklung der Velaro-Plattform
Siemens war mit Zügen des Typs „American Pioneer 220“ (AP 220) ins Rennen gegangen. Brightline West hat zunächst insgesamt zehn Züge für die Strecke Los Angeles - Las Vegas bestellt, die 2028 in Betrieb gehen soll. Laut Siemens handelt es sich bei den Zügen um eine „neue Generation innovativer Hochgeschwindigkeitstechnologie“. Dies böten das neueste Fahrgasterlebnis, modernste Digitaltechnik und ein revolutionäres Antriebssystem, das speziell für den US-Markt entwickelt wurde.
Der AP 220 ist für Betriebsgeschwindigkeiten von bis zu 220 Meilen pro Stunde (rund 354 Kilometer pro Stunde) ausgelegt. Das Antriebssystem, das geringere Gewicht und die aerodynamische Form sollen ihn effizienter machen als andere Hochgeschwindigkeitszüge. Hinzu kommt ein Komfortgewinn durch einen besonders breiten Wagenkasten. So sollen Rollstuhlfahrer problemlos von Wagen zu Wagen wechseln können. Die Züge mit sieben Wagen können je nach Endkonfiguration zwischen 434 und 450 Passagiere befördern und die 350 Kilometer lange Strecke in weniger als zwei Stunden zurücklegen.
Der AP 220 hat laut Siemens 30 Prozent geringere Wartungs- und Instandhaltungskosten. Er ist rund 15 Prozent leichter als frühere Generationen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen, pro Zug sind das mehr als 70 Tonnen. Der Wartungsaufwand wird auch durch die kontinuierliche Erfassung und Auswertung von Zustandsdaten des Fahrzeugs und der neuen Wagenkästen reduziert. So sollen wartungsbedingte Ausfallzeiten vermieden werden.
Die Zukunft des Siemens-ICE fährt bald in den USA: Neun Millionen Passagiere sollen jährlich befördert werden
Brightline West investiert insgesamt zwölf Milliarden Dollar in das Projekt, rund drei Milliarden Dollar davon kommen von der US-Regierung. Der Betreiber rechnet mit rund neun Millionen Fahrgästen pro Jahr auf einfacher Strecke. Insgesamt finden laut Brightline West jährlich rund 50 Millionen Fahrten zwischen Los Angeles und Las Vegas statt, über 85 Prozent davon mit dem Auto.
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Eine erste Kooperation zwischen Siemens und Brightline West gibt es bereits in Florida. Dort sind seit 2018 Züge vom Typ Venture im Einsatz. Siemens wird ein neues Werk für den Bau des AP 220 errichten und den Standort des ersten echten amerikanischen Produktionszentrums für Hochgeschwindigkeitszüge bekannt geben, sobald der Vertrag unterzeichnet ist.
Die Zukunft des Siemens-ICE fährt bald in den USA: In Deutschland werden Testfahrten durchgeführt
Der AP 220 ist ein Ableger des europäischen Velaro Novo, der laut Siemens integriert in den ICE-S-Testzug der Deutschen Bahn Testfahrten quer durch Deutschland absolviert. Einen Zeitrahmen für den Einsatz auf deutschen Schienen gebe es aber noch nicht, sagte ein Sprecher von Siemens gegenüber IPPEN.MEDIA.