Kamala Harris statt Joe Biden: Für die deutsche Wirtschaft keine besonders gute Nachricht

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US-Präsident Biden stellt sich hinter Vize Harris. (Archivbild) © Tobias Schwarz/POOL AFP/AP

US-Präsident Joe Biden zieht sich aus dem Wahlkampf zurück, stattdessen soll seine Vize Kamala Harris gegen Donald Trump antreten. Alle drei Kandidaten stellen die deutsche Wirtschaft auf die Probe.

Washington/Berlin – Am Sonntagabend (21. Juli) deutscher Zeit kam dann die lang erwartete Nachricht: US-Präsident Joe Biden zieht sich aus dem US-Wahlkampf zurück, er wird nicht mehr für die Demokraten um eine zweite Amtszeit kämpfen. Stattdessen soll seine Vizepräsidentin, Kamala Harris, gegen den Ex-Präsidenten Donald Trump antreten. Es bleiben noch vier Monate, bis die Bürgerinnen und Bürger in den USA ihre Stimme am 5. November 2024 abgeben dürfen.

Während eine Präsidentschaft von Kamala Harris für die westlichen Verbündeten, insbesondere im Kampf gegen Russland und China, eine gute Nachricht sein dürfte, ändert ihre wahrscheinliche Kandidatur wenig an der Tatsache, dass die deutsche Wirtschaft gegen die USA ins Hintertreffen gerät. Zu dieser Erkenntnis kommt auch eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Kamala Harris würde Strafzölle auf Produkte aus China beibehalten

Kamala Harris würde als US-Präsidentin sehr wahrscheinlich die wirtschaftliche Agenda ihres Vorgängers, Joe Biden, behalten. Schon 2019, als sie das erste Mal um die Nominierung als Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten kämpfte, hatte sie den Export amerikanischer Produkte als zentralen Aspekt ihrer Wirtschaftsagenda präsentiert. Und schon damals unterstützte sie Strafzölle auf Produkte aus China, die in den USA und Europa den Wettbewerb verzerrten. Im Mai hat dann US-Präsident Joe Biden die Zölle auf chinesische E-Autos, Halbleiter und Mineralien drastisch erhöht. Bei E-Autos wurden die Zölle von 25 auf 100 Prozent erhöht.

Diesen Kurs würde Harris wohl beibehalten – noch weiter gehen würde Donald Trump, der auf alle ausländische Produkte - auch europäische - höhere Zölle einführen will. Dagegen hat sie Harris nach Angaben der New York Times schon ausgesprochen: „Seine [Trumps] Zölle würden die Lebenshaltungskosten für Familien erhöhen“, sagte sie bei einem Wahlkampfauftritt in North Carolina.

Harris würde den IRA von Joe Biden fortsetzen – Europa braucht eine Antwort

Europa muss aber, sollte Harris tatsächlich die Präsidentin der USA werden, endlich eine Antwort auf den Inflation Reduction Act (IRA) finden. Eingeführt von Joe Biden im Jahr 2022 ist davon auszugehen, dass Harris diesen Kurs weiter einschlagen würde. Der IRA lockt aber immer mehr europäische und vor allem deutsche Firmen in die USA, da dort Bedingungen geschaffen wurden, mit denen Deutschland nicht mithalten kann.

„Das Verhältnis der Europäer zum IRA ist ambivalent: Auf der einen Seite begrüßen sie, dass die US-Regierung erstmals ernsthaft versucht, die Treibhausgasemissionen der USA drastisch zu senken“, schreiben die Autoren einer neuen Studie der Hans-Böckler-Stiftung zum IRA. „Gleichzeitig befürchten sie aber, dass die von den Amerikanern gewählte Vorgehensweise – die Ansiedlung bzw. Förderung grüner (Zukunfts-)Technologien und die Produktion grüner Energien in den USA durch die Gewährung großzügiger Subventionen massiv zu unterstützen – Industrien und Arbeitsplätze in Europa gefährdet.“ Die Aufgabe Europas sei es nun, eine Antwort auf den IRA zu finden.

Zwei Aspekte stellt die Studie als Risiko für den Wirtschaftsstandort in Europa heraus: Zum einen könnte die Subventionierung und massive Förderung des Ausbaus erneuerbaren Stroms zu langfristig deutlich niedrigeren Energiepreisen in den USA als in Europa führen; zum anderen sei zu befürchten, dass der IRA die Verlagerung der europäischen Autoindustrie in die USA begünstigt, wenn dort Batterien und Elektroautos in großem Maßstab produziert würden.

Trump würde IRA beenden – eine gute Nachricht für die europäische Wirtschaft?

Eine neue Präsidentschaft von Donald Trump hingegen wäre zwar aus geopolitischer Sicht für Europa fatal; die Ukraine und die Nato müssten sich auf weniger Unterstützung aus den USA einstellen – worauf Russlands Präsident Putin natürlich hofft. Aus wirtschaftlicher Sicht ergibt sich ein leicht anderes Bild: Auf der einen Seite will Trump massiv Steuern für Unternehmen senken, was den Standort USA weiter stärken würde. Trump äußerte sich in der Vergangenheit jedoch kritische über den IRA. Insbesondere die Förderung für Elektromobilität nannte Trump bei einem Wahlkampfauftritt im Herbst 2023 den „sicheren Tod der US-Autoindustrie“.

Nach Angaben der Financial Times, die sich auf Personen in Trumps Wahlkampfteam beruft, würde Trump den IRA massiv einstampfen, sollte er im November gewinnen. Das wäre für den Kampf gegen die Klimawandel zwar verheerend – könnte jedoch eine Chance für Europa und Deutschland bieten.

Egal, wer im November die US-Wahl gewinnt: Europa braucht eine Antwort auf den IRA. Eine Alternative, die Unternehmen überzeugt, auch hierzulande ihre Investitionen in grüne Technologien zu tätigen. Vor allem Deutschland ist erneut auf den Plan gerufen, endlich die Energiepreise zu senken, insbesondere die Strompreise. Sonst geht bald nicht nur die Schlüsselbranche, die Autoindustrie, in die USA.

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