Millionenwette auf die Zukunft: Wird Weilheim zum Hochschulstandort?
Der Kreisausschuss hat sich für die Ansiedlung eines Technologietransferzentrums (TTZ) in Weilheim ausgesprochen. Was genau ist das? Und warum handelt es sich dabei um eine Millionenwette auf die Zukunft?
Landkreis – Die Hemmschwelle sei höher, als man annehmen würde, meinte Prof. Thomas Stumpp, Vizepräsident der Hochschule München, im Kreisausschuss. Gerade kleinere Unternehmen würden oft zögern, sich an eine Hochschule zu wenden, wenn sie Hilfe bei Forschung und Entwicklung benötigen.
Deswegen verfolgen die Technologietransferzentren, die derzeit wie Pilze aus dem Boden sprießen, den Ansatz, die Hochschulen in die Region und damit in die Nähe der Unternehmen zu bringen. Stumpp stellte das Projekt vor, auch in Weilheim ein solches TTZ zu etablieren.
Es soll im Werkstattflügel der alten Berufsschule in Weilheim untergebracht werden. An einem Teil des Gebäudes haben die Feuerwehren im Landkreis bereits Bedarf angemeldet. Hier soll ein Übungszentrum entstehen. Im Gegensatz zu den bisherigen Beratungen über das Übungszentrum, bei denen es immer hieß, die Einrichtung wäre für den Landkreis mit keinen oder geringen Kosten verbunden, hieß es jetzt, dass unter anderem die Elektro-, als auch die Sanitäranlage erneuert und eine Schadstoffsanierung nötig wäre, um den Gebäudeteil nutzbar zu machen.

Den Rest des Gebäudes soll das TTZ einnehmen. Mit Labors, Büros und einer Teeküche. Um das Gebäude nutzen zu können, geht der Leiter des Bauverwaltungsamtes, Philipp Rehm, von Kosten in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro aus. 700 000 Euro habe man bereits im Haushalt 2025 eingestellt, so Landrätin Andrea Jochner-Weiß. Woher die restlichen 800 000 Euro kommen sollen, ist offen. Bereits jetzt ist allerdings klar, dass in fünf Jahren weitere 1,5 Millionen Euro für eine Dachsanierung fällig werden.
Im Zuge der Vorgespräche habe man natürlich auch untersucht, ob sich das TTZ in Schongau ansiedeln lasse, berichtete Landrätin Andrea Jochner-Weiß. Entweder ausschließlich oder zusätzlich zum TTZ in Weilheim. „Die Hochschule München hat schließlich auch Gesundheit und Pflege als Fachbereiche“, so Jochner-Weiß. Deswegen habe man mit den Verantwortlichen leerstehende Büros im Schongauer Krankenhaus angeschaut.
„Der Fachbereich Gesundheit und Pflege ist allerdings noch nicht bereit, um sich nebenher auch noch um ein TTZ zu kümmern“, räumte Prof. Stumpp ein. Und das für das auf das Bauwesen fokussierte Weilheimer TTZ in Schongau aufzubauen, scheitere daran, dass die Räumlichkeiten im Obergeschoss für die Laborausstattung – unter anderem ein schwerer Kran – nicht geeignet seien.
Landkreis geht in Vorleistung
Das TTZ soll sich, wie im Ausschuss berichtet wurde, darum kümmern, wissenschaftliche Erkenntnisse praktisch nutzbar zu machen. Das gehe nur in enger Kooperation mit den Unternehmen im Oberland – und dem TTZ „Tizio“, das heuer in Bad Tölz eröffnet werden soll. Während sich die Tölzer mit den Themen „Digital“, „Tourismus und Management“ sowie „Fertigung und Werkstoffe“ beschäftigen sollen, ist angedacht, dass in Weilheim die Themen „Massivbau und Baustoffe“, „Energieeffiziente Gebäude und Quartiere“ sowie „Energiesysteme“ beackert werden.
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Das Forschungszentrum, das von der Hochschule München betrieben werden soll, bekommt vom Freistaat eine Anschubfinanzierung von fünf bis sieben Millionen Euro für Personal und Ausstattung, befristet auf fünf Jahre. In dieser Zeit müsste der Landkreis das Gebäude kostenlos zur Verfügung stellen. Nach fünf Jahren gebe es eine Evaluation, so Stumpp weiter. Dann schaue man nach, ob genügend öffentliche und private Forschungsaufträge eingegangen seien, um die fünf bis sieben Millionen Euro vom Freistaat wieder einzuspielen. Gelinge dies, würde das TTZ dauerhaft etabliert und ab diesem Zeitpunkt auch 10 000 Euro Miete pro Monat an den Landkreis bezahlt. Wenn nicht, hat der Landkreis umsonst investiert.

In Tölz hat ein privater Investor einen Campus errichtet, in dem das „Tizio“ sich einmietet. Die Miete für die kommenden fünf Jahre teilen sich der Landkreis und die Stadt Bad Tölz. Stumpp versprach eine Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen in der Region durch das TTZ. Diese könnten sich durch die Nutzung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zukunftsfähig aufstellen. Etliche Mitglieder des Kreisausschusses reagierten begeistert. Markus Kunzendorf (ÖDP/Oberhausen) bezeichnete den Schwerpunkt Bauen als „perfekt“, Klaus Gast (CSU/Weilheim) lobte, dass „nicht gejammert, sondern Aufbruchstimmung vermittelt wird“, Peter Erhard (CSU/Böbing) meinte, er sei „richtig stolz, weil wir trotz leerer Kassen Zukunftsbeschlüsse fassen“.
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Karl-Heinz Grehl (Grüne/Weilheim) konterte: „Ich möchte nicht in Eure Freudenorgie einsteigen.“ Der Freistaat stoße mit der Erweiterung der Universitäten in München an finanzielle und platzmäßige Grenzen. Deswegen „verfrachtet er einfach Labore aufs Land und die Landkreise müssen zahlen“. „Wisst ihr, wo ihr da hinzieht“, fragte Grehl die Vertreter der Hochschule München. „Das ist eine 60 Jahre alte, marode Halle, die abgerissen gehört. Wir sind nicht der Landkreis, der viel Geld hat.“
Am Ende empfahl der Kreisausschuss dem Kreistag dennoch einstimmig die Beschlussfassung.