Warum Superreiche das wichtigste Investment ihrer Zukunft übersehen

Sie investieren in Marsmissionen, digitale Superintelligenz oder Kryptowährungen. Die Vermögendsten unserer Zeit gestalten aktiv die Zukunft – technologisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich. Doch in einem Bereich bleiben viele auffällig still: Longevity. Ausgerechnet das Thema, das ihnen mehr gesunde Lebenszeit bringen könnte, scheint für viele Investoren zweitrangig.

Das ist erstaunlich, denn die Fortschritte in der Alternsforschung sind heute messbar, relevant – und investierbar. Trotzdem ist das globale Engagement vieler Milliardäre in diesem Bereich eher überschaubar. Was bremst sie? Und welche Chancen verpassen sie?

Jeff Bezos als Ausnahme – nicht als Regel

Natürlich gibt es Ausnahmen. Jeff Bezos beispielsweise ist in Altos Labs involviert – eines der ambitioniertesten Unternehmen im Bereich zellulärer Reprogrammierung. Auch Larry Page, Bryan Johnson oder die Google-Schwester Calico investieren massiv in Longevity-Technologien. Doch im Verhältnis zu ihrem übrigen Portfolio bleiben diese Aktivitäten Nischenprojekte.

Viele andere aus dem Club der Ultrareichen bevorzugen weiterhin Technologien mit schnellerem Prestige-Faktor: Raumfahrt, Metaverse, autonome Systeme. Der Gedanke, das Altern als systematisch behandelbares „Problem“ anzugehen, scheint für viele entweder zu biologisch, zu langsam – oder schlicht unbequem.

Nils Behrens ist Chief Brand Officer bei Sunday Natural, Host des Podcasts "Healthwise" und Dozent an der Hochschule Fresenius. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Der Mythos von Kontrolle und Machbarkeit

Ein möglicher Grund: Wer es gewohnt ist, Kontrolle über alle Lebensbereiche zu haben – von Finanzen bis Freizeit – tut sich oft schwer mit Dingen, die noch nicht vollständig planbar erscheinen. Altern, Krankheit, Tod: Themen, die emotional eher verdrängt als gelöst werden. Warum sonst wird in Super-Yachten, Privatinseln oder kybernetische Start-ups investiert – aber so selten in biologische Verjüngung?

Viele Milliardäre setzen stattdessen auf Performance-Optimierung im Hier und Jetzt: 

  • High-End-Medizin,
  • personalisierte Ernährung,
  • tägliche Blutanalysen und
  • Biohacks. 

Doch das ersetzt keine systematische Strategie zur Verlängerung der Gesundheitsspanne. Longevity ist mehr als Selftracking – es ist eine ganzheitliche Vision für mehr gesunde Jahre.

Ein unterschätzter Megatrend mit Milliardenpotenzial

Dabei lohnt sich der Blick auf die Zahlen. Analysten erwarten, dass der globale Markt für Longevity-Strategien – also Technologien, Therapien und Präventionsangebote zur Verlangsamung des biologischen Alterns – bis 2030 auf über 600 Milliarden US-Dollar anwachsen wird. Schon heute entstehen weltweit Biotech-Firmen, die sich mit Seneszenz, Zellregeneration, Mitochondrienfunktion oder Epigenetik befassen.

Auch Metaanalysen zeigen klare Effekte: So deuten große Studien wie "Vital" darauf hin, dass einfache Kombinationen aus Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren die Gesamtmortalität signifikant senken können – insbesondere bei älteren Menschen. Ein vergleichsweise geringer Aufwand mit hoher Wirkung. Und doch fließt hier nur ein Bruchteil der verfügbaren Mittel.

Wer heute handelt, lebt morgen besser

Dabei liegt genau hier die strategische Chance – nicht nur für Investoren, sondern für jeden Einzelnen. Denn Longevity ist keine ferne Utopie mehr, sondern längst im Alltag angekommen: in Form personalisierter Diagnostik, präventiver Supplementierung, epigenetischer Bluttests oder KI-gestützter Gesundheitsplanung. 

Wer früh beginnt, profitiert mehrfach: von mehr Lebensqualität, geringeren Krankheitsrisiken und oft auch finanziell.

Für Investoren bedeutet das: Wer in diesem Sektor heute klug allokiert, erschließt einen Zukunftsmarkt, der nicht nur Rendite, sondern auch Relevanz verspricht. Und zwar nicht irgendwann – sondern in der eigenen Lebenszeit.

Fazit: Der blinde Fleck wird zum Zukunftsfeld

Dass viele Superreiche Longevity unterschätzen, sagt mehr über kulturelle Muster als über das Potenzial dieser Bewegung. Der Wunsch nach mehr gesunden Jahren ist universell – und die Wissenschaft beginnt ihn Realität werden zu lassen. 

Vielleicht ist gerade jetzt der richtige Moment, Longevity nicht länger als Randthema zu behandeln, sondern als das, was es ist: das wichtigste Investment in unsere gemeinsame Zukunft.

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.