Nawalny-Team plant öffentliche Trauerfeier – doch sagt: „Putin will das verhindern“
Nawalnys Team will eine öffentliche Trauerfeier für den Kremlkritiker – Putin käme das so kurz vor den Wahlen ungelegen. Bei der Suche nach einem Veranstaltungsort gibt es erwartungsgemäß Probleme.
Moskau – Der Hoffnungsträger der russischen Opposition, Alexej Nawalny, starb vor rund anderthalb Wochen in einem russischen Straflager nördlich des Polarkreises. Die genauen Umstände des Todes sind nicht geklärt. Erst nach tagelanger Verzögerung hatten die russischen Behörden den Leichnam an die Mutter des prominenten Kremlkritikers übergeben. Nawalnys Team plant nun eine öffentliche Trauerfeier – doch die Hürden sind hoch.
Oppositionelle kämpfen um Abschiednahme: „Verboten, mit Nawalnys Team zusammenzuarbeiten“
Russland erlaubte seinen Bürgern nicht einmal einen kleinen Moment der Trauer. Nach Bekanntwerden des Todes von Nawalny hatten sich im Land spontane Gedenkveranstaltungen geformt. Im Stadtzentrum von Moskau etwa standen Menschen trotz großen Polizeiaufgebots Schlange, um an einer Gedenkstelle für Opfer politischer Repression Blumen für den Kremlkritiker niederzulegen. Auch in St. Petersburg, Jekaterinburg und Nischni Nowgorod gab es ähnliche Bilder. Mindestens hundert Menschen wurden bei den Gedenkveranstaltungen festgenommen, berichtete die Bürgerrechtsorganisation Ovd-Info.
Der russische Präsident Wladimir Putin fürchtet offenbar selbst den toten Nawalny. Eine Trauerfeier, die zum Auslöser größerer Proteste gegen Putin werden könnte, dürfte dem Kremlchef vor der Präsidentenwahl Mitte März äußerst ungelegen kommen. Genau das plant nun aber sein Team. „Seit gestern sind wir auf der Suche nach einem Zimmer, in dem wir uns von Alexey verabschieden können. Wir haben bei den meisten privaten und öffentlichen Bestattungsunternehmen, Gewerbebetrieben und Bestattungshallen angerufen“, schrieb Nawalnys frühere Pressesprecherin Kira Jarmysch am Dienstag (27. Februar) auf der Plattform X (vormals Twitter). Der Termin sei für Ende der Arbeitswoche geplant.
Das gestaltet sich jedoch schwierig, ergänzt die Oppositionelle in einem weiteren Beitrag. „Einige von ihnen sagen, der Ort sei ausgebucht. Einige weigern sich, wenn wir den Nachnamen ‚Nawalny‘ erwähnen“, so Jarmysch weiter. Von anderer Stelle hieß es, den Bestattungsunternehmen sei es verboten, mit Nawalnys Team zusammenzuarbeiten. „Nach einem Tag der Suche haben wir die Abschiedshalle immer noch nicht gefunden“, so ihr vorläufiges Fazit. Wer einen geeigneten Ort kenne, solle das Team kontaktieren, rief auch die Anti-Korruptions-Aktivistin und Chefin von Nawalnys Anti-Korruptionsfond, Maria Pevchikh, zur Mithilfe auf.
Kreml fürchtet öffentliche Trauerfeier: „Putin will das verhindern“
Eine Aufforderung der Ermittler, einer heimlichen Beerdigung zuzustimmen, hatte die Mutter des Kremlkritikers eigenen Angaben zufolge abgelehnt und den Behörden öffentlich Erpressung vorgeworfen. Der Kreml bestritt dies. Es ist unklar, ob es den Nawalny-Anhängern gelingt, eine derartige Trauerfeier zu organisieren. Nawalnys Team ist sich dessen offenbar bewusst. „Putin will das verhindern. Putin will diese Bilder nicht“, sagte Maria Pevchikh dazu in einer Videobotschaft. Die russischen Behörden würden eine solche Veranstaltung sehr fürchten.
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Selbst der tote Nawalny stelle für den Kremlchef eine große Gefahr dar, so die Anti-Korruption-Aktivistin weiter. Denn man könne „Menschen nicht auf dem Friedhof festnehmen“, es sei schwer, der russischen Öffentlichkeit solche Bilder zu vermitteln. „Bringen Sie die Beerdigung auf die Straße“, schlug dementsprechend ein Nutzer auf der Plattform X dazu vor. Wenn ganz Russland Angst habe, mit Nawalnys Team zusammenzuarbeiten, solle die Trauerfeier in der Nähe des Kreml auf der Straße stattfinden, so der Vorschlag weiter.
Nawalnys Team gab am Montag bekannt, dass der Kremlgegner in Kürze gegen den Tiergartenmörder ausgetauscht werden sollte. Indes geht die Unterdrückung von Kritikern und Andersdenkenden in Russland weiter. Oleg Orlow, der einst die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation Memorial mit leitete, kritisierte Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf. Nun muss er zweieinhalb Jahre in Lagerhaft.