„Völlig falscher Ansatz“: Familienministerin lehnt Pflichtjahr für Rentner ab
Während ein Ökonom für ein Pflichtjahr für Rentner plädiert, fordert Karin Prien stattdessen mehr Wertschätzung für die ältere Bevölkerung.
Magdeburg – Der Vorschlag des Ökonomen Marcel Fratzscher zur Einführung eines verpflichtenden sozialen Jahrs für Rentner schlägt seit Tagen Wellen. Jetzt äußerte sich auch Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) zu der Idee: „Das ist ein völlig falscher Ansatz“, sagte die für das Thema Senioren zuständige Ressortchefin bei der Bundesdelegiertenversammlung der Senioren-Union der CDU in Magdeburg am Freitag (29. August).
Die Gesellschaft könne vom Erfahrungswissen älterer Menschen profitieren, dies müsse man nutzbar machen. Prien betonte weiter, dass viele Senioren sich bereits ehrenamtlich engagierten, sich um Enkelkinder kümmerten oder Nachbarn unterstützten. Dafür müsse man ihnen danken, so die CDU-Politikerin. Prien kündigte an, sich gegen Altersdiskriminierung stellen zu wollen. Man müsse davon wegkommen, ältere Menschen einseitig als Kostenfaktor für Kranken- und Pflegeversicherung zu betrachten.
Nicht nur Prien lehnt Pflichtjahr für Rentner ab: Auch Sozialverband hält Idee für „respektlos“
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) wies Vorwürfe des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Fratzscher, aus einem Spiegel-Interview Mitte August zurück, wonach die sogenannte Boomer-Generation (zwischen Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre Geborene) zu wenig Kinder bekommen habe. „Wieso sollten ausschließlich die Jungen für diese Lebensentscheidungen der Babyboomer geradestehen?“, hatte Fratzscher gefragt.
„Die Lebensentscheidung, keine vier Kinder zu bekommen, erfolgte bei Millionen Menschen auch aus finanziellen Gründen“, sagte SoVD-Chefin Michaela Engelmeier der Deutschen Presse-Agentur und verwies auf eine gestiegene Notwendigkeit zur Erwerbsarbeit für beide Partner wegen steigender Kosten. „Ihnen nun daraus einen Strick zu drehen, dass man sich zur Strafe gefälligst im Rentenalter engagieren müsse, empfinden wir als respektlos“, fügte Engelmeier hinzu.

Kontroverse Kritik von DIW-Chef: „Mehr Solidarität der Alten mit den Jungen“
Der DIW-Experte hatte im Spiegel kritisiert, Lösungen von Problemen wie Personalmangel in Bereichen wie Pflege, Gesundheit oder Verteidigung würden häufig den Jungen aufgebürdet und eine fairere Verteilung der Lasten gefordert. „Wir brauchen mehr Solidarität der Alten mit den Jungen“, sagte Fratzscher.
„Wir sollten ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentnerinnen und Rentner einführen. Gesundheitlich werden das manche nicht können, aber dafür gibt es auch bei jungen Leuten Regelungen“, schlug der 54-Jährige vor. Mit Blick auf den Verteidigungsbereich, erläuterte Fratzscher, würden technische Fähigkeiten benötigt. „Warum sollten wir die nicht nutzen, gerade von Leuten, die früher bei der Bundeswehr ausgebildet wurden?“ (bg/dpa)