Nach Prigoschin und Nawalny: Ist Putins Ex-Militär Girkin der Nächste?
Alexej Nawalny stirbt in russischer Gefangenschaft. Hinter Gittern befindet sich auch Igor Girkin. Seine Frau teilt ihre Sorgen auf Telegram.
Moskau – Die mittlerweile bestätigte Meldung vom Tod von Alexej Nawalny rüttelt nicht nur den Westen, die Unterstützer des Kreml-Kritikers und andere langjährige Oppositionelle in Russland auf. Sondern auch Miroslava Reginskaya. Sie ist die Frau des seit vergangenem Sommer inhaftierten Ultranationalisten Igor Girkin, auch bekannt unter dem Pseudonym Strelkow.
Wie Nawalny in russischer Haft: Girkin wird ebenfalls Extremismus vorgeworfen
Der frühere Geheimdienstmitarbeiter war ein wichtiger Vertrauter von Wladimir Putin und agierte zeitweise als militärischer Führer – oder offiziell: Verteidigungsminister – der separatistischen Volksrepublik Donezk. Weil sich die Invasion der russischen Truppen seit Beginn des Ukraine-Kriegs jedoch nicht nach seinen Vorstellungen entwickelte, brach der 53-Jährige offen mit dem Kreml-Chef und forderte via Telegram immer wieder ein härteres und noch kompromissloseres Vorgehen im Nachbarland und machte das mächtige Staatsoberhaupt teilweise lächerlich.
Sein Plan sah sogar vor, bei der Präsidentenwahl im März gegen Putin anzutreten. Doch der wurde durch seine Inhaftierung vereitelt. Wie Nawalny wird auch Girkin Extremismus vorgeworfen, in einem ersten Verfahren wurde er Ende Januar zu vier Jahren Haft verurteilt.
Seine Frau hat offensichtlich Zweifel, dass der im Zusammenhang mit dem Abschuss eines Passagierflugzeugs mit 298 Insassen international zur Verhaftung ausgeschriebene Hardliner je wieder freikommen wird. Auf dem nach seiner Festnahme in Russland gestarteten Telegram-Kanal „Miroslava Reginskaya (Freiheit für Strelkow)“ schrieb sie am Freitag: „Ich mache mir große Sorgen um meinen Mann.“

Viele Putin-Kritiker sterben: Erinnerungen an Prigoschins Tod kurz nach Marsch auf Moskau
Immerhin verlängert – so hart es auch klingen mag – Nawalny nur die Reihe der Putin-Kritiker, die unter ungeklärten Umständen ums Leben kamen. Zu den prominentesten russischen Todesopfern der vergangenen Monate zählt Jewgeni Prigoschin, der als „Putins Koch“ berühmt wurde und mit seinen Wagner-Söldnern für den Befehlshaber die Drecksarbeit in der Ukraine übernahm, ehe er seine Kämpfer dann aber zu einem Marsch auf Moskau aufrief, der noch vor den Toren der Hauptstadt abgeblasen wurde.
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Wenige Wochen später starb Prigoschin mit den übrigen neun Insassen, darunter Wagner-Gründer und Neonazi Dmitri Utkin, bei einem Flugzeugabsturz. Spekuliert wurde im Nachgang über eine Bombe an Bord der Maschine, die von Moskau nach St. Petersburg unterwegs war. Im Gegensatz zu Nawalny und Girkin schien Putin ihm jedoch vergeben zu haben. Zumindest soll Prigoschin Straffreiheit zugesagt worden sein.
Tod von Nawalny und Prigoschin: Girkin wäre für Putin als Inhaftierter leicht zu greifen
Girkin wäre für Putin wegen seiner Inhaftierung zweifellos leichter zu greifen als der Söldner-Chef. Offenbar um seine Anhänger etwas zu beruhigen, teilte Reginskaya in einem weiteren Telegram-Post mit, sein Gesundheitszustand sei „inzwischen stabil“ und es bestehe kein Anlass zur Sorge. Ein Anwalt, der Girkin kürzlich besuchte, habe ihn als gesund und fröhlich beschrieben. Er lese, komponiere für seine Tochter und zeichne Bilder für sie. Das Wichtigste: Er wirke nicht depressiv.
„Ich betone, dass Igor nichts Schlimmes passieren kann, was die Gesundheit an sich betrifft“, betonte Reginskaya mutmaßlich, um Spekulationen im Falle des Falles vorzubeugen. Denn sie stellte auch klar: „Wir alle haben bereits erkannt, dass Haftanstalten eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen darstellen können.“
Girkins Frau über Haftumstände: Ex-Putin-Vertrauter seit sieben Monaten isoliert
Erst am 14. Februar – also zwei Tage vor Nawalnys Tod – schrieb sie ebenfalls auf Telegram über die Umstände, unter denen Girkin festgehalten wird. Demnach habe er seit sieben Monaten keinen Kontakt zu anderen Menschen, seine Bitte um einen Anruf bei seiner Mutter sei nicht erhört worden.
Zwar sei sein Antrag auf das Telefonat schließlich bearbeitet worden – Reginskaya geht hier von einer Reaktion auf ihre öffentliche Kritik aus. Doch statt – wie es der übliche Weg sei – den Richter entscheiden zu lassen, habe die Verwaltung der Haftanstalt das Anliegen Girkins mit der Begründug zurückgewiesen, ohne Erlaubnis des Richters könnte sie nicht zustimmen.
„Die Situation ist noch verwirrender geworden“, moniert Reginskaya. Dennoch habe es ihr Mut gemacht, dass mittlerweile auf die Anträge reagiert wird. Sie selbst will sich weiter um ein Treffen mit ihrem Mann bemühen.
Seit Nawalnys Tod scheint Reginskaya das wohl dringender denn je. (mg)