THW Schongau feiert 70-Jähriges - Großes Programm fürs Wochenende geplant
Zahlreiche Einsätze verbucht das Schongauer THW seit seiner Gründung vor genau 70 Jahren. Insbesondere Naturkatastrophen machten immer mehr Rettungsaktionen nötig.
Schongau - Ein Eisenbahnwagon samt Schiene vor der Tür – das ist nicht nur für einen Garten äußerst ungewöhnlich. Auch bei den Technischen Hilfswerken (THW) im Oberland ist das sehr selten. Beim Schongauer Ortsverein allerdings gibt es einen Wagon, mit dem deshalb auch immer wieder andere Rettungskräfte aus dem Umkreis üben, erzählt Katharina Wörnzhofer, die Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit beim THW Schongau. In Eigenregie habe man die Bahnübungsstrecke 2011 auf dem Gelände des Hilfswerks im Industriegebiet Ost aufgebaut. „Wunderbar drin und dran“ könne man dort den Ernstfall proben, so Wörnzhofer, die Verletztenbergung nach einem Zugunglück etwa.
Als die Schongauer Ortsgruppe im Jahr 1954, also vor genau 70 Jahren, gegründet wurde, ging es einige Nummern kleiner los: Mit Räumen in der Christophstraße, mitten in der Altstadt, erzählt Wörnzhofer. Erst später wurden Garagen für Fahrzeuge angemietet. Beim Roten Kreuz, damals in der Amtsgerichtsstraße und Anfang der 60er-Jahre bei der Gärtnerei Pröbstl in der Augsburgerstraße.
Nach einem weiteren „Stopp“ an der Marktoberdorferstraße fand das THW seine Heimat 1979 schließlich in der Peitnachstraße im Industriegebiet Ost. Dort steht das Gebäude samt Fahrzeughalle und besagter Bahnübungsstrecke noch heute. Allerdings musste 2016 komplett umgebaut werden. Eigentlich seien kleinere Sanierungsarbeiten geplant gewesen, währenddessen seien aber immer weitere Mängel am Gebäude festgestellt worden, erzählt Wörnzhofer.
Rund 40 Aktive – alle ehrenamtlich tätig – zählt das THW aktuell. Außerdem rund 30 Mitglieder in der Jugendgruppe. Ab zehn Jahren kann man dort mitmachen. Mit 17 oder 18 Jahren sei der Wechsel in die Erwachsenengruppe möglich.
Während das THW bei diversen Unglücksfällen, etwa Unfällen oder Großbränden, zur Hilfe gerufen wird, sind es vor allem Unwetterkatastrophen, die ein Eingreifen der Rettungskräfte nötig machen. Die Einsätze in diesem Bereich nehmen kontinuierlich zu, so die Beobachtung von Wörnzhofer. Eine Karte im Flur des THWs, auf der alle Einsatzorte mit Reißnägeln markiert sind, und eine Liste der Einsätze samt Jahreszahlen, die dazu geheftet wurde, betätigen das.
Tag der offenen Tür
Am Samstag, 7. September, soll das 70-jährige Bestehen des Schongauer THW-Ortsverbands groß gefeiert werden. Während vormittags ein Festakt mit geladenen Gästen aus Politik, Kirche und anderen Hilfsorganisationen geplant ist, der von der Stadtkapelle Schongau untermalt und dem „Logistik Verpflegung“-Team des THW Garmisch kulinarisch begleitet wird, ist für nachmittags ein Tag der offenen Tür beim Schongauer THW-Ortsverband in der Peitnachstraße 8 geplant.
Los geht‘s ab 13 Uhr. Neben Kaffee und Kuchen sowie einer Grillstation auf Spendenbasis ist einiges für die Besucher geboten: Die Fahrzeuge des THW werden ausgestellt, und einzelne Fachgruppen aus dem Regionalstellenbereich zeigen ihr Können. Die Schongauer führen etwa ihre Pumpen vor. Für Bergungstaucher wird extra ein Wassercontainer aufgestellt. Außerdem haben sich die Fachgruppen „Sprengung“, „Ortung“, „Räumen“ und „Schwere Bergung“ angekündigt. Auch bei deren Vorführungen auf der sogenannten Blaulichtmeile, die eingerichtet wird, dürfte es spektakulär werden.
Speziell für Kinder gibt es auch einiges: Kistenstapeln, eine Hüpfburg, Entenangeln und Kinderschminken sowie Tattoos beispielsweise. Und eine kleine Rallye, bei der die jüngeren Besucher mit Laufkarte von Station zu Station gehen können und Punkte sammeln. Gegen 17 Uhr geht das Fest zu Ende.
Erster Einsatz im Jahr 1958
Der allererste Einsatz, auch dieser ist vermerkt, führte die Schongauer 1958 aufgrund eines Windbruchs nach Aichach. Vor allem bei Hochwasserkatastrophen im In- sowie dem nahen Ausland ist das Schongauer THW schnell gefragt. Jeder Ortsverein habe eigene Fachgruppen. In Schongau ist man auf Wasserschäden beziehungsweise Pumpen spezialisiert, erklärt Wörnzhofer.
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Andere Vereine seien beispielsweise auf Elektroversorgung, Ortung, Sprengen oder den Wiederaufbau einer Trinkwasserversorgung fokussiert. Nicht überall könne alles vorgehalten werden, mit den Spezialisierungen – die Strukturierung mit den Fachgruppen gibt es seit 1995 – könne man sich gegenseitig gut ergänzen.
Schongau gehört zur Regionalstelle Bad Tölz, der außerdem die Hilfswerke Bad Aibling, Garmisch-Partenkirchen, Geretsried, Landsberg, Miesbach, Rosenheim, Starnberg und Weilheim angehören. Darüber stehen die Landesverbände und schließlich die Leitung der Bundesanstalt, die ihren Sitz in Bonn hat.
Passend zur Spezialisierung ist es auch ein Hochwasser-Einsatz, der Wörnzhofer ganz besonders in Erinnerung geblieben ist: 2002 in Dresden. Direkt an der Semperoper seien die Schongauer damals tätig gewesen und direkt dem sächsischen Ministerium unterstanden, so Wörnzhofer. „Riesige Wassermassen“ habe es gegeben. Anfangs in Sechs-Stunden-, später in Acht-Stunden-Schichten habe man gearbeitet. „Dann eine halbe Stunde Fahrt zur Unterkunft, duschen, essen und schlafen, bevor es wieder von vorne losgeht“, erzählt Wörnzhofer.

Erschreckend fand sie die Verwüstung, die ein Hagelschauer 2023 in Bad Bayersoien hinterlassen hatte. Und die enormen Schneeberge 2019 in Aschau. Klar kenne man Schnee in der Region – aber in diesen Ausmaßen, „das habe ich noch nie vorher gesehen“.
Gut jedenfalls, dass die Kleidung der THW-Mitglieder mittlerweile zu den Rahmenbedingungen passt und wasserfest ist. Schmunzelnd holt Wörnzhofer einen grauen Arbeitsanzug aus Stoff aus ihrem Spind. Die gab es bis 1999, ehe die typischen blauen Anzüge mit den markanten gelben Streifen eingeführt wurden. Kaum Schutz habe der Stoffanzug geboten, wenn man durch Matsch robben musste, sagt Wörnzhofer.

Die Grundausbildung beim THW ist aufgrund der Vielfalt an Einsätzen sehr breit aufgestellt. Etwa ein dreiviertel Jahr bis Jahr dauere sie. Etwa alle zwei Wochen treffe man sich für ein paar Stunden. „Eigentlich kann jeder Helfer werden“, sagt Wörnzhofer. Spezielle Anforderungen gebe es nicht. Zwar gebe es einen Gesundheitstest zu Beginn, der sei aber leicht zu bestehen. Zur Ausbildung gehören sowohl praktische als auch theoretische Inhalte und Prüfungen. Danach gebe es eine Vielzahl an Weiterbildungsmöglichkeiten, ganz nach Interesse. So kann man in der Führungskette weiter aufsteigen oder beispielsweise Aufgaben wie den Jugendbetreuer übernehmen. Wer Atemschutzträger werden will, müsse noch einmal eine strengere Gesundheitsprüfung durchlaufen. Manchmal würde auch angeboten, einen Lkw-Führerschein zu machen.
Zu Wehrpflichtzeiten seien viele Mitglieder über den Ersatzdienst beim THW gelandet und geblieben, erzählt Wörnzhofer. Den Wegbruch merkte man auch in Schongau deutlich. Zuletzt hätten während Corona wieder viele zum THW gefunden. Vor allem Menschen um die 40 hätten sich damals gemeldet. Und offenbar Gefallen an der Sache gefunden, sie sind weiterhin Mitglied. Alter, Herkunft, Beruf und Co. würden beim THW keine Rolle spielen, betont Wörnzhofer.
Vielseitige Ausbildung
Theoretisch sei man als THW auch international im Einsatz. Für die Schongauer sowie andere Ortsgruppen beschränke sich das in der Regel aber auf das nähere Ausland wie Österreich oder Frankreich. Für weiter entfernte Einsätze seien am Frankfurter Flughafen THW-Gruppen stationiert, die schnell anreisen, wenn es zum Beispiel in Amerika einen Hurrikan gegeben habe. Denn ein internationaler Einsatz bedeute in der Regel, dass man viele Wochen wegmüsse. Dass Arbeitgeber hier mitspielen, sei schwierig. Außerdem müsste man sämtliche Impfungen nachweisen können, erklärt Wörnzhofer.