Putin droht Rebellion vor der Haustüre
In Georgien protestieren Tausende gegen Gesetzesvorschläge – und damit gegen eine verstärkte Einflussnahme aus Moskau. Droht Putin eine Rebellion im Nachbarland?
Tiflis – Während Russland im andauernden Ukraine-Krieg immer öfter auch herbe Verluste einfahren muss, dürfte Putin ebenso wenig erfreut über eine anbahnende Rebellion in Georgien sein. In der Hauptstadt Tiflis gehen tausende Menschen auf die Straße und protestieren gegen einen Gesetzesentwurf. Die Moskau-nahe Regierungspartei nähert sich mit einem Gesetzespaket weiter an Russland an – doch die Unterstützung für Kiew bleibt in der Südkaukasusrepublik weiter hoch.
Agenten-Gesetz in Georgien stark umstritten: Annäherung an Putins Politik
Das Parlament in Tiflis verabschiedete in einer ersten Lesung ein umstrittenes Gesetz zur staatlichen Kontrolle über Nichtregierungsorganisationen. Das Gesetz, das in Georgien umgangssprachlich auch als „russisches Gesetz“ bezeichnet wird, ähnelt einem in Russland 2012 verabschiedeten Gesetz stark. Vorgesehen ist, Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Gelder aus dem Ausland erhalten, als „Agenten ausländischer Einflussnahme“ zu registrieren. Viele Projekte der georgischen Zivilgesellschaft und zur Demokratieförderung werden vom Westen finanziert, darunter mit Geldern aus der EU und den USA. Diese müssten ihre Finanzquellen in Zukunft offen legen, außerdem drohen Geldstrafen.
Droht Putin Rebellion in Georgien? Demonstranten wollen EU-Beitritt sichern
Demonstrierende kritisieren, das Gesetz könnte in Georgien ebenso wie von Putin in Russland missbraucht werden, um prowestliche Kräfte politisch zu verfolgen. Eine weitere Befürchtung: Das Gesetz würde den Beitritt Georgiens in die EU gefährden, den sich viele westlich orientierte Georgier wünschen. Georgien hat seit Dezember 2023 den Status eines Beitrittskandidaten. EU-Botschafter Pawel Herczynski sprach sich laut Newsweek bereits scharf gegen den Gesetzesvorschlag aus und teilte mit, es sei nicht mit den Werten und Normen der EU vereinbar.
Ausschreitungen bei Protesten in Georgiens Hauptstadt: Polizei und Putin-Kritiker geraten aneinander
Die Regierungspartei Georgischer Traum hatte bereits im Frühjahr 2023 versucht, das Gesetz durchzubringen. Damals wurde es jedoch wegen massiver Proteste zurückgezogen. Im April dieses Jahres wurde es überraschend wieder auf den Tisch gebracht. Befürworter sagen, es bringe mehr Transparenz und helfe der Regierung, sich gegen „pseudoliberale Werte“ zu wehren. Auch jetzt ziehen sich anti-russische Proteste durch die Hauptstadt Tiflis. Dabei gerieten Demonstranten und Polizei aneinander, verletzte Personen sowie zwei Festnahmen vor dem Parlament am Mittwoch.
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Neben dem nun im Parlament erstmals verabschiedeten Gesetz sind in dem Paket noch zwei weitere Entwürfe enthalten, die Nähe zu Moskau aufweisen. Zum einen sollen Massenproteste eingeschränkt werden, zum anderen will die Regierung die Rechte der LGBTQ+-Community einschränken. Bis zunächst das Agenten-Gesetz ganz angenommen wird, braucht es zwar noch zwei weitere Lesungen, doch viele Menschen in Georgien befürchten bereits jetzt eine weitere Annäherung an den Kreml und Putin. Derzeit sind mit den Separatistengebieten Abchasien und Südossetien bereits 20 Prozent des Landes unter direkter russischer Kontrolle. Zudem ist Georgien ein Hauptzielland für russische Flüchtlinge, die nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs ihre Heimat verließen.
Putins Kreml weist Verbindung zu georgischem Gesetzesentwurf von sich – „Absurd“
Russland hat indes jede Verbindung zwischen dem Kreml und dem „russischen Gesetz“ als „absurd“ abgetan, berichtet Newsweek. Natalie Sabanadze ehemalige Leiterin der georgischen Mission bei der Europäischen Union sagte dem Portal, den Menschen in Georgien gehe es nun vor allem „um den russischen Einfluss und darum, die europäische Integration Georgiens zu vereiteln.“ Ob es zu weiteren Aufständen in Georgien kommt, bleibt abzuwarten. Auch, wie Putin auf eine mögliche Rebellion im Nachbarland reagieren wird. Zuletzt sicherte sich der russische Präsident seine Macht, indem er eine alte Bekannte in eine wichtige Position beförderte. (nbe)