„Hammer und Meisel“: Ex-Bundeswehr-General redet sich wegen „Leos“ der Ukrainer in Rage
In der europäischen Logistikkette für die Ukraine hakt es offenbar gewaltig bei der Reparatur beschädigter Leopard-2-Panzer. Ein Bundeswehr-Experte warnt eindringlich.
Kiew - Im Ukraine-Krieg galten sie zwischenzeitlich als der Hoffnungsträger schlechthin. Ukrainische Soldaten schwärmten von den Leopard-2-Panzern, zum Beispiel wegen der Fähigkeit, auch nachts zu kämpfen. Doch: Der anfängliche Optimismus durch die Lieferung der schweren Kampfpanzer ist verpufft.
Leopard-2-Panzer: Noch noch sehr wenige 2A6 stehen auf dem ukrainischen Schlachtfeld
Denn: Russland hat auf dem Schlachtfeld Gegenmittel gegen die „Leos“ gefunden - unter anderem die Kamikaze-Drohne Lancet. Wie der Grünen-Haushaltspolitiker Sebastian Schäfer nach Neujahr öffentlich machte, kann deshalb „nur noch eine sehr geringe Zahl der gelieferten Kampfpanzer von der Ukraine eingesetzt werden“. Ersatzteilmangel durch Verschleiß und Schäden durch Reparaturversuche der Ukrainer sorgen für Unklarheit, wann die Panzer überhaupt wieder an die Front können.
Mehrere der gelieferten deutschen Leopard 2A6 stehen demnach aktuell in der von der deutschen Rüstungsindustrie eingerichteten Reparaturwerkstatt („Hub“) in Litauen. Generalleutnant a.D. Roland Kather hat sich mit Blick auf die offenkundigen Schwächen in der europäischen Lieferkette für die ukrainischen Streitkräfte jetzt regelrecht in Rage geredet.

Der Militärexperte prangerte ein „fehlendes Realitätsbewusstsein“ der Politik an. „Was nützt es, den Ukrainern ein System auf den Hof zu stellen, ohne dass eine Logistikkette existiert? Wir haben einen Leopard in einem hoch intensiven Gefecht. Da entstehen natürlich Gefechtsschäden, und die sind gar nicht so einfach zu beseitigen“, sagte der Bundeswehr-Fachmann im Gespräch mit Welt live: „Wir haben es aber auch mit einem hochkomplexen System zu tun. Und dieses hochkomplexe System ist technisch anfällig.“
Ukrainische Armee: Instandsetzung der Leopard-2-Panzer in Litauen
Die Ukrainer seien „unheimlich bemüht, teilweise greifen sie zu Hammer und Meisel und versuchen selbst, das Auto instand zu setzen. Das gelingt natürlich nicht, dazu ist es viel zu komplex“, erklärte Kather. Es sei „ein Irrwitz“ anzunehmen, ein Mechaniker könne nach ein paar Wochen spezieller Ausbildung „mit einem Kampfpanzer Leopard 2A6 umgehen“. Eine weitere Schwachstelle sei die Logistikkette, weil sich besagte Instandsetzung fern der Front stattdessen im Baltikum befindet.
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„Das heißt: Erst der Transport quer durch die Ukraine, dann quer durch Polen, dann müssen aber die Ersatzteile da sein, und nicht ‚just in time‘, da müssen Vorräte da sein. Diese Vorräte gibt es nicht, die haben wir eingespart“, sagte der Bundeswehr-Generalleutnant a.D. Welt live: „Ohne Logistikkette ist das das Ergebnis. Es dauert Monate, bis ein Kampfpanzer instand gesetzt ist. Unter Kriegsbedingungen, unter den Bedingungen eines intensiven Krieges, wird das natürlich noch länger dauern.“
Ohne Leopard-2-Panzer: Ukraine für weitere Offensive gar nicht in der Lage?
Die Politik wolle „zwar Panzer haben, aber das Wort ‚Kriegslogistik‘ scheut sie wie das Weihwasser“, meinte er und forderte: „Wir müssen umstellen, und das muss endlich klar werden. Denn: Wir haben es in der Ukraine mit einer zunehmend prekären Lage zu tun.“ Kather kennt sich aus, der heute 74-jährige Niedersachse war unter anderem zwischen September 2006 und August 2007 Kommandeur der multinationalen Nato-Truppe KFOR im Kosovo. Ihm sei nicht klar, wie die ukrainischen Streitkräfte so im Frühjahr zu einer neuen Offensive in der Lage sein sollten, erklärte Kather weiter: „Da müssen die Dinge instand gesetzt sein und laufen. Wie das ohne eine entsprechende Logistikkette laufen soll, ist mir ein Rätsel.“
Deutschland hatte Kiew 18 moderne Leopard-2A6-Panzer geliefert, die in München-Allach vom Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) zusammengebaut werden. Portugal stellte drei 2A6. Aus Polen kamen 14 und aus Kanada acht Leopard 2A4. Schweden lieferte zehn „Leo 2“ , Finnland vier Leopard 2R zur Minenräumung – machte vor Beginn der (gescheiterten) Gegenoffensive im Sommer mindestens 57 Stück. Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) waren aber nur 21 Exemplare von der modernsten Variante 2A6 - die deutschen und die portugiesischen.
Ukraine-Krieg: Kiews Truppen warten sehnsüchtig auf Leopard-1-Panzer
Besagte Leopard-2-Panzer wurden für das ukrainische Schlachtfeld mit Reaktivpanzerung nachgerüstet. Dennoch büßte einzig die 47. ukrainische Angriffsbrigade laut Wirtschaftsmagazin Forbes am 8. Juni 2023 in einem russischen Minenfeld südlich von Mala Tokmachka (Region Saporischschja) drei Leopard 2A6 sowie drei Minenräumer Leopard 2R ein. Und nebenbei noch 16 von insgesamt gelieferten 109 Schützenpanzern Bradley M-2. Auch deshalb ruhen die Hoffnungen nun auf versprochenen Leopard-1-Panzern aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden - doch deren Lieferung stockt seit Wochen gehörig. (pm)