Windräder stehen still, Russland stoppt Gaslieferungen: Deutschland in der Dunkelflaute
Fast pünktlich zum Start der Heizsaison flaute in Europa der Wind ab – und jüngst stellte Russland auch Österreich das Gas ab. Strom und Gaspreise kletterten auf neue Jahreshochs.
München – Die Krise, die durch den Exportstopp Russlands ausgelöst wurde, ist überstanden. Es bleiben aber höhere Gaspreise, die zuletzt noch mal angezogen haben. In Zahlen: Im November 2022 kostete eine Kilowattstunde Erdgas Verbraucher selbst bei günstigen Anbietern über 20 Cent, für ein Einfamilienhaus summiert sich das auf 4000 Euro pro Jahr. Vor der Krise waren es rund fünf Cent, also nur 1000 Euro. Das zeigen Daten des Vergleichsportals Verivox.
Heute bleiben strukturell höhere Preise: Laut Verivox bezahlen Neukunden aktuell bestenfalls neun Cent die Kilowattstunde. Das war schon günstiger: Im März 2024 war das Jahrestief bei 6,21 Cent erreicht, inklusive Grundgebühr. Da galt aber zum einen noch die reduzierte Mehrwertsteuer, zum anderen war das Gas im Großhandel noch deutlich günstiger.
Russland stoppt Lieferungen von Gas nach Österreich – das treibt den Gaspreis
Im März kostete die Kilowattstunde Erdgas an der Börse 2,5 Cent, selbst das russische Pipelinegas war vor dem Krieg mit rund zwei Cent nur ein Fünftel günstiger. Inzwischen kostet Gas im Großhandel aber 4,6 Cent, der höchste Preis des ganzen Jahres. Das dürfte vor allem zwei Gründe haben: Zum einen wird es Winter. Dann sind die kurzfristigen Gaslieferungen saisonal bedingt teurer. Aber auch die langfristigen Verträge für das Jahr 2025 sind mit knapp 4,4 Cent deutlich teurer geworden.
Warum, weiß Tobias Federico vom Beratungshaus Montel Analytics: „Der Hauptgrund für den hohen Gaspreis ist der Lieferstopp von russischem Gas nach Österreich.“ Russland hatte, nachdem es ein Schiedsgerichtsverfahren verloren hat, die Lieferungen in die Alpenrepublik eingestellt. Die Reaktion ist aber übertrieben, glaubt Federico: „Das ist rein psychologisch: Die Österreicher haben sich in alle Richtungen abgesichert. Die Gaspreise sollten, falls keine richtige Kältewelle kommt, wieder fallen.“ Deshalb ist gerade nicht der beste Termin, seinen Gastarif zu wechseln. Wenn die Panik etwas abflaut, können Verbraucher möglicherweise bald von etwas günstigeren Preisen profitieren. Denn, ein weiterer Faktor: Im November herrschte teilweise die berühmte Dunkelflaute, die die Gaskraftwerke gefordert hatte.
Dunkelflaute lässt Strompreise in die Höhe springen: „Wir haben aus dem letzten Loch gepfiffen“
Hochnebel und wenig Wind: Besonders um den 6. November, aber auch danach, hatte die oft beschworene Dunkelflaute zugeschlagen. Das heißt: Wenig Solar- und Windstrom im System, dafür lieferten teure Gas- und Kohlekraftwerke. Grundsätzlich sei die Situation beherrschbar gewesen: „Wir haben aus dem letzten Loch gepfiffen, es liefen sogar die Ölkraftwerke“, so Federico. Aber: „Wir hatten noch sieben Gigawatt (GW) Leistung von Kohlekraftwerken in der Reserve.“ Allerdings habe das milde Wetter geholfen: „Zum Glück war es keine kalte Flaute: Frankreich braucht für jedes Grad, das es kälter wird, ein GW Leistung und muss im Zweifel importieren. Bei minus zehn Grad hätten wir die auch nicht mehr liefern können.“

Dennoch verteuerte sich Strom im Großhandel teilweise um 50 Prozent. Das bedeutet für Neukunden derzeit Preise von rund 27 Cent die Kilowattstunde, inklusive Grundgebühr. In Bayern ist es etwas mehr. Das ist vergleichsweise günstig: Vor der Krise waren es rund 26 Cent. Noch Ende Oktober kostete Strom für Neukunden unter 24 Cent, günstiger als vor dem Ukraine-Krieg. Der Grund: Seit 2024 wird die EEG-Umlage nicht mehr von den Stromkunden, sondern vom Bund bezahlt. Auch beim Strom kann es Sinn machen, mit dem Tarifwechsel den Schockmoment abzuwarten: „Für den Dezember bin ich optimistisch: Wir haben wieder mehr Wind im System und wegen der Ferien und Feiertage sinkt normalerweise die Stromnachfrage und damit der Preis“, erklärt Federico.
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Heizölpreise bleiben günstig: Öl-Käufer sollten nicht mehr lange warten
Heizölkunden können aktuell unverändert von der schwachen Weltmarktnachfrage profitieren. Das Fass Brent Rohöl kostet – recht günstig – etwas über 71 Dollar. Oliver Klapschus vom Vergleichsportal Heizöl24 hält einen Kauf diesen Winter für vernünftig: „Aktuell sind wir in einem volatilen Seitwärtstrend. Auf der einen Seite haben wir geopolitische Risiken, auf der anderen Seite Donald Trump, der eher für eine Ausweitung des Ölangebots steht.“
Deshalb: „Wer dieses Jahr noch tätig will, sollte sich beeilen. Bei Lieferungen ab dem neuen Jahr greift der höhere CO₂-Preis, das sind etwa drei Cent pro Liter. Viele Händler haben das aber schon eingepreist.“ Man könne aber auch ein wenig pokern: „Wer noch volle Tanks hat kann auch bis Januar warten. Das erste Quartal ist normalerweise das nachfrageschwächste.“