Nach 116 Jahren insolvent: Nächster deutscher Autozulieferer geht in die Knie
Die Autokrise erfasst immer mehr Unternehmen in Deutschland. Autozulieferer, die jahrelang stark gewirtschaftet haben, schlittern in die Krise.
Velbert – „Ohne unsere Produkte würden viele mechanische und elektronische Waren wie Handys oder Staubsauger nicht funktionieren“, schreibt das Unternehmen stolz auf ihrer Webseite. Sie stellt seit 1908 Federn für Maschinen her, besonders die Automobilindustrie ist ein wichtiger Abnehmer. Doch die steckt gerade in einer Absatzflaute, die auch vor den großen Autobauern wie Volkswagen, Audi und BMW nicht Halt macht. Immer mehr Unternehmen, die von der Branche abhängig sind, geraten in den Abwärtsstrudel. So geht es nun auch der Johann Vitz GmbH & Co. KG im nordrhein-westfälischen Velbert.
Autozulieferer aus NRW meldet Insolvenz an: 265 Mitarbeiter betroffen
Am 18. November hat das Amtsgericht Wuppertal die Insolvenz in Eigenverwaltung für Johann Vitz GmbH bestätigt und den Rechtsanwalt Jens Schmidt als Sachverwalter bestellt. Darüber hinaus wurde von Seiten des Unternehmens der Rechtsanwalt Dirk Andres von der überregional tätigen Insolvenz- und Sanierungskanzlei AndresPartner als Geschäftsführer eingesetzt. Er soll die Sanierung begleiten und vorantreiben, heißt es in der Pressemitteilung zur Insolvenz. Die beiden bisherigen Geschäftsführer Michael Vitz und Harald Gänz ziehen sich demnach aus der oberen Etage zurück, stehen dem Unternehmen aber weiterhin beratend zur Seite.
Die Geschichte des insolventen Unternehmens Johann Vitz GmbH reicht bis ins Jahr 1908 zurück. Seitdem hat sich die Firma zu einem Spezialisten für Federn hochgearbeitet, das mittelständische Unternehmen stellt aber auch Werkzeuge sowie Biege- und Stanzteile und Flachmaterial her. Die Firma beschäftigt heute 265 Mitarbeitende, deren Löhne und Gehälter nun über das Insolvenzgeld gesichert sind.
Insolventer Autozulieferer nennt Gründe für die Schieflage: Auto-Krise und Konkurrenz aus Aisen
„Wir müssen dringend unsere Kosten senken und die betriebliche Profitabilität verbessern, um wieder in die Gewinnzone zurückzukehren. Dafür haben wir bereits erste Ideen erarbeitet, die wir in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam mit allen wesentlichen Beteiligten im Detail ausarbeiten und umsetzen wollen“, erklärt Sanierungsexperte Andres laut Pressemitteilung. Als Gründe für die Insolvenz werden die Schieflage in der Autoindustrie als Ganzes, aber auch die hohen Materialpreise, hohe Zinsen und der Konkurrenzdruck aus Asien genannt.

Die Johann Vitz GmbH soll fortgeführt werden. Der Betrieb laufe weiter, betont das insolvente Unternehmen. „Allen unseren Geschäftspartnern stehen wir selbstverständlich weiter vollumfänglich zur Verfügung. Die Produktion sowie Termin- und Liefertreue sind gewährleistet – so wie man es von Vitz gewohnt ist“, so Dirk Andres.
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Insolvenz von Johann Vitz GmbH kein Einzelfall: Pleitewelle rollt
Die Insolvenz des nächsten Autozulieferers in Deutschland ist derweil nicht nur ein Beispiel für die Krise in der Autoindustrie. Ein prominentes Beispiel war jüngst das Unternehmen, WKW mit 3000 Mitarbeitern. Auch in anderen Branchen drückt der Schuh gewaltig. So ist ein traditionsreicher Motorenhersteller mit 150 Mitarbeiter von einer Insolvenz betroffen. Eine Traditionsbäckerei musste in jüngster Vergangenheit ebenso die Insolvenz anmelden wie eine traditionsreiche Pralinenmanufaktur, die nun endgültig schießen muss.
Diese sind nur weitere Beispiele für eine besorgniserregende Entwicklung. Denn nach Angaben des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), befindet sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland auf einem Rekordhoch. Demnach sei die Zahl der Insolvenzen im dritten Quartal so hoch gewesen wie in keinem Quartal seit 2010.