„Stuhlkreise sind Zeitverschwendung“: Ottobrunn geht bei Klimakonzept eigene Wege
Von den 29 Kommunen im Landkreis München haben sich 27 einem gemeinsamen Klimaanpassungskonzept unter der Federführung des Landkreises angeschlossen. Ottobrunn ist neben Sauerlach nicht dabei und setzt stattdessen auf eigene Strategien.
Von den 29 Kommunen im Landkreis München haben sich 27 einem gemeinsamen Klimaanpassungskonzept unter der Federführung des Landkreises angeschlossen. Ottobrunn ist neben Sauerlach nicht dabei und setzt stattdessen auf eigene Strategien. Das vom Bundesumweltministerium geförderte Projekt soll bis Ende 2025 konkrete Maßnahmen zur Bewältigung von Hitzewellen, Starkregen oder Dürren liefern. Vertreter der beteiligten Orte haben dazu bereits in mehreren Workshops Ideen erarbeitet – von der Bauleitplanung über Grünpatenschaften bis zum Katastrophenschutz.
„Unangemessener Aufwand“ für Klimaanpassungskonzept
Ottobrunn ist eine aufgeklärte Gemeinde, die sich kontinuierlich mit den Veränderungen der Umweltbedingungen auseinandersetzt. Diese Definition prägt Bürgermeister Thomas Loderer. Daher sei es selbstverständlich, sich an das Klima anzupassen, zumal die nötigen Schritte hier nicht besonders kompliziert seien, erklärte Loderer gegenüber dem Münchner Merkur. Glücklicherweise sei seine Gemeinde nicht von speziellen Risiken der Klimaerwärmung betroffen. Bereits bei der Vorstellung des Vorhabens durch das Landratsamt kam er zu der Einschätzung, dass ein unangemessener Aufwand betrieben werden müsse. „Klimaanpassung ist ein großes Wort.“
Ottobrunn ist keine Flächengemeinde und liegt nicht an einem Fluss, Überschwemmungen gibt es also von dieser Seite nicht. Auch mit Dürre ist nicht rechnen. Für eine Beschattung an den Straßen sorge die Gemeinde ohnehin durch das Pflanzen von Bäumen. Fassaden würden begrünt und auch in den Bebauungsplänen seien moderne Konzepte hinterlegt, die das Mikroklima berücksichtigen. Aktuell gehe es um das Gewerbegebiet am Finsinger Feld, in dem das Schwammstadtkonzept verwirklicht werden soll. Der Bebauungsplan sollte im Ferienausschuss als Satzung beschlossen werden. Kurzfristig allerdings musste der Termin abgesagt werden. Daher dauert es etwas länger.
Personal nicht für Workshops verschwenden
Das Ottobrunner Rathaus ist laut Loderer dafür bekannt, mit Abstand die niedrigsten Personalkosten unter vergleichbaren Gemeinden zu haben. Daher werde im Team mit der Verwaltung vor einer Beteiligung an solchen Vorhaben der Nutzen abgewogen. In diesem Fall sei die Antwort negativ. Es gebe keine Rechtfertigung, dass ein Gemeindemitarbeiter an Workshops, Sitzungen und Stuhlkreisen teilnimmt: „Das ist, kurz gesagt, Zeitverschwendung“, findet Loderer.
Bislang ist Bürgermeister Loderer aus der Arbeitsgruppe noch nichts Neues zu Ohren gekommen, was den Aufwand rechtfertigen würde. Hier werde mit viel Geld ein hoher Organisationsaufwand betrieben bei einem bislang spärlichen Ergebnis, zumindest im Hinblick darauf, was für Ottobrunn dabei herausspringt. Bislang habe sich Loderer, wie er nachdrücklich versichert, auch in ähnlichen Fällen nie geirrt. „Es ist ja nicht das erste Mal, dass mit großem Aktionismus ein Thema aufgearbeitet wird.“ Als Beispiel nennt er unter anderem die Arge Wärmewende. Offenbar werde vielerorts in üppig besetzten Verwaltungen nach Problemen gesucht, für die es noch keine Abteilung oder ein Fachreferat gibt.
Konkrete Umsetzung statt abstrakt diskutieren
Bürgermeister Loderer spricht aus Erfahrung, wenn er sagt, er wolle nicht von großen Konzepten erschlagen werden. Das gelte aktuell für die Klimaanpassung, aber auch für den Klimaschutz. Diesen habe es in der Sache auch schon früher gegeben, nur das Wort hatte man noch nicht erfunden. Beispiel: die Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes zu erhöhen und Energie zu sparen durch einen hohen energetischen Standard. Alles schon da gewesen. Anstatt große Pläne zu wälzen und abstrakt zu diskutieren, gehe es hier um eine konkrete Umsetzung wie den Ausbau des ÖPNV und anderer Maßnahmen, die die Lebensqualität erhöhen. Alle Gemeinden, die Loderer kennt, kümmern sich darum bereits vorbildlich. „Der künstliche Überbau aber, der ist bedenklich. Der Berg kreißte und gebar eine Maus.“
Schwammstadt Finsinger Feld
Seit vier Jahren arbeitet die Gemeinde Ottobrunn am Bebauungsplan für das Finsinger Feld. Sämtliche dafür nötigen Beschlüsse wurden im Gemeinderat und in den Ausschüssen jeweils einstimmig gefasst, wie Bürgermeister Thomas Loderer dem Münchner Merkur sagte. „Nur deshalb haben wir uns als Verwaltung getraut, das Thema im Ferienausschuss zu behandeln.“ Das Areal gilt als Musterbeispiel dafür, wie sich Klimaanpassungskonzepte in die Planung integrieren lassen: Statt neuer Versiegelung setzt die Gemeinde auf eine schonende Nachverdichtung. Zudem soll das Prinzip der „Schwammstadt“ greifen – Regenwasser wird vor Ort aufgenommen, gespeichert und kontrolliert wieder abgegeben.