Windradprojekte in Gefahr? Vize-Landrat sendet dringenden Appell nach Berlin

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Im Hofoldinger Forst drehen sich die Windräder schon, in Höhenkirchner Forst herrscht noch Stillstand. Das soll sich nach Otto Bußjäger schnellstmöglich ändern. © THOMAS PLETTENBERG

Vize-Landrat und UB-Gemeinderat Otto Bußjäger schlägt Alarm. Ein Vorhaben der Bundesregierung könnte das Aus für viele Windenergieprojekte in Bayern bedeuten. Viele Bürger seien verunsichert. Die Energiewende stehe auf dem Spiel.

Otto Bußjäger hat einen Brief an Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) geschrieben, denn er hat das Warten satt. Er will endlich Klarheit – und zwar beim Thema Windenergie. Die Demonstration vor der jüngsten Gemeinderatssitzung in Höhenkirchen-Siegertsbrunn hat dem UB-Gemeinderatsmitglied und Vize-Landrat gereicht. „Der Wind hat sich gedreht. Die Demo war Ausdruck dafür, dass große Verunsicherung herrscht.“ Dutzende Bürger kamen, um ihren Unwillen zu den geplanten fünf Windkraftanlagen kund zu tun (wir berichteten). „An der Spitze der Demonstranten war ein AfD-Bundestagsabgeordneter“, sagt Bußjäger. „Die profitieren von der Verunsicherung der Menschen. Deshalb brauchen wir dringend eine schnelle Auskunft!“

Referenzertragsmodell soll geprüft werden

Doch was genau sorgt für Verunsicherung in der Bevölkerung in Bezug auf die Windkraft und um welche Auskunft geht es genau? Die Rede ist von dem sogenannten Referenzertragsmodell. Oder besser gesagt der Prüfung dieses Konzepts. „Wir überprüfen das Referenzertragsmodell auf Kosteneffizienz unter anderem hinsichtlich unwirtschaftlicher Schwachwind-Standorte“, heißt es im Koalitionsvertrag. Je nach Ausgang könnte dieses Vorhaben der Bundesregierung für viele Windprojekte in Bayern das Aus bedeuten – auch im Höhenkirchner Forst. Denn: Hinter dem Modell verbirgt sich ein Mechanismus, der den Nachteil windschwächerer Standorte wie etwa im südlichen Bayern teilweise ausgleicht, und zwar durch einen Zuschlag bei der Einspeisevergütung für den dort produzierten Strom. Wenn das Modell gestrichen oder auch nur geändert wird, kann es passieren, dass Windenergieanlagen im Freistaat wirtschaftlich nicht mehr betrieben werden können.

„Das Thema bremst die Energiewende aus“

Schon seit Monaten hängen die Kommunen in der Luft, wissen nicht, wie die Entscheidung in Berlin ausfällt. „Das Thema steht seit einem halben Jahr im Raum und bremst die Energiewende aus“, sagt Bußjäger. In seinem Brief an Reiche schreibt er: „Um unsere Ziele der Energiewende in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zu erreichen, bedarf es verlässlicher Rahmenbedingungen und stabiler Investitionsanreize für die erneuerbaren Energien. Deshalb ist eine zeitnahe Klärung der zukünftigen Ausgestaltung der Förderung für weitere Planungen vor Ort wichtig.“ Denn: „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagt Bußjäger. Seit Jahren plant die Gemeinde die Bürgerwindanlage im Höhenkirchner Forst, die Klage des Vereins für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB) habe das Vorhaben weit zurückgeworfen. Zeitgleich mit dem Projekt im Hofoldinger Forst hat die Windenergie-Entwicklung in Höhenkirchen-Siegertsbrunn gestartet. „Während sich dort seit diesem Jahr die Räder drehen, heißt es bei uns Stillstand“, ärgert sich Bußjäger.

bürgerversammlung taufkirchen, rhh, 20.10.2021otto bußjägerfoto: bro
Hofft, dass Schwachwindstandorte auch weiter gefördert werden: Otto Bußjäger, Vize-Landrat und UB-Gemeinderat aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn. © Robert Brouczek

Damit das Projekt nicht im Sande verläuft, appelliert Bußjäger dringend an den Bund, am Referenzertragsmodell festzuhalten. „Es wäre ein Kardinalfehler, wenn das Modell gestrichen wird, der die Windenergie in windschwachen Regionen zum Bremsen bringen würde – gerade jetzt, wo sie in Bayern Fahrt aufnimmt.“

Auch ist Bußjäger der Meinung, dass „die regionale Verteilung beim Ausbau Erneuerbarer Energien von immenser Bedeutung ist – für die Stabilität der Netze, aber auch für die regionale Wertschöpfung“. Denn natürlich liefern die Windräder an der Küste die Energie billiger. Windanlagen in der Nähe der großen Abnehmer machen aber die Stromversorgung strukturell stabiler und sparen Leitungen und Geld beim Netzausbau.

Noch hat Bußjäger keine Antwort von Katherina Reiche bekommen. „Ich rechne aber noch damit, sonst hätte ich mir die Mühe ja nicht gemacht. Bisher habe ich von jedem Minister bei einem Anliegen eine Antwort bekommen.“ Wichtig ist ihm, dass Reiche zeitnah reagiert. „Die Herren und Damen in Berlin sollen die Sommerpause nutzen, um Ungereimtheiten zu begleichen, dann können wir danach alle weiterarbeiten.“

Auswirkungen auf Windpark Holfoldiger Forst

Mitte Juli fand die feierliche Einweihung des Bürgerwindparks im Hofoldinger Forst mit seinen drei Windrädern statt. Auf die bestehende Anlage hat die mögliche Änderung des Referenzertragsmodells keine Auswirkungen, so Martin Sterflinger, Geschäftsführer der Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH. „Wir haben gute Pachtkonditionen ausgehandelt und bei der Vergütung einen Ertrag erreicht, der positiv ist.“ Allerdings könnte eine Änderung oder gar Streichung des Modells dazu führen, dass ein weiterer Bürgerwindpark im Hofoldinger Forst – bei dem auch die Gemeinde Brunnthal beteiligt sein soll – nicht realisiert werden kann. „Vor allem in Zusammenarbeit mit den Bürgern vor Ort ist das Modell sehr wichtig.“

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