Bedrohung an Nato-Grenze: Hinweise auf Russlands Nuklear-Standorte verdichten sich

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Medienberichte enthüllen Strahlungsmonitore auf einer belarussischen Militärbasis. Satellitenbilder zeigen zudem Raketenlager, die wohl Moskau gehören.

Minsk – Die Hinweise auf geheime russische Atomwaffenstandorte in Belarus mehren sich. Neue Untersuchungen des US-Senders Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) sowie Satellitenbildanalysen deuten darauf hin, dass die seit 2023 angekündigte Stationierung taktischer Nuklearwaffen nahe der Nato-Grenze konkrete Formen annimmt.

An der Nato-Grenze: Hinweise auf Russlands Nuklear-Standorte verdichten sich

Ein scheinbar unscheinbares Foto, das im September 2024 auf einem belarussischen Militärstützpunkt nahe Assipowitschy aufgenommen wurde, lieferte einen Schlüsselbeweis: Im Hintergrund ist ein digitaler Strahlungsmonitor des Typs Atomtex AT2327 zu sehen, der laut RFE/RL ausschließlich in Einheiten zum Schutz vor nuklearen Gefahren verwendet wird.

Das Gerät gehöre eigentlich zur Ausstattung der 8. Strahlenschutz-Brigade sowie der Einheit Nr. 7434, die das Kernkraftwerk Astravetskaya bewacht – jedoch nicht zur 1.405. Munitionsbasis, auf der das Foto entstand. „Dies ist ein klares Indiz für die Lagerung von Nuklearmaterial“, so RFE/RL.

Zudem erhielt der Sender Dokumente, die den Transport von Jodtabletten – zur Prophylaxe bei nuklearen Unfällen – zur 1.405. Basis und einer weiteren Militäreinrichtung bei Assipowitschy belegen. Belarus’ Gesetze schreiben solche Vorräte nur innerhalb von 100 Kilometern um Kernkraftwerke vor, was hier nicht der Fall ist.

Hinweise auf russische Nuklearwaffen in Belarus: Satellitenbilder und Infrastruktur

Bereits im Mai 2024 hatte die New York Times Satellitenaufnahmen der Assipowitschy-Region analysiert, die Waldrodungen, neue Gleisanlagen und mögliche Laderampen zeigen. RFE/RL bestätigte nun mittels aktueller Bilder den Ausbau von Lagerhallen für Iskander-Kurzstreckenraketen, die sowohl konventionelle als auch nukleare Gefechtsköpfe tragen können. Zudem entstanden Wohnblöcke und ein Sportstadion – vermutlich für Personal.

„Die Plattformen, die über dem Boden gebaut werden, deuten auf Luftabwehrstellungen hin. Dies unterstreicht die strategische Bedeutung des Ortes“, sagte der Militärexperte und Analyst Konrad Muzyka gegenüber RFE/RL.

Ein verräterisches Foto: Ein digitaler Strahlungsmonitor auf einem Militärstützpunkt in Belarus. Machthaber Alexander Lukaschenko (rechts) prahlte unlängst mit den russischen Nuklearwaffen und setzte diese als Drohung ein. © Foto links: Open Source / RFE/RL | Foto rechts

Lukaschenkos Drohungen und Moskaus Kontrolle

Belarus’ Machthaber Alexander Lukaschenko behauptete bereits im Dezember 2024, „nicht nur ein Dutzend“ Atomsprengköpfe heimlich ins Land gebracht zu haben. Zuvor hatte er betont, die Waffen „ohne zu zögern“ einzusetzen, falls Belarus oder Russland angegriffen würden, so die Kyiv Post. Allerdings relativierte der Generalsekretär der GUS, Sergei Lebedew, diese Aussage: Die Kontrolle liege bei Moskau via „doppeltem Atomknopf.“ Die GUS - Gemeinschaft Unabhängiger Staaten - ist eine zwischenstaatliche Organisation ehemaliger Sowjet-Länder.

Die Spannungen verschärft derweil auch Lukaschenkos jüngste Forderung nach einem zweiten russischen Kernkraftwerk in Belarus, um „die Elektrifizierung von Industrie und Verkehr zu stemmen“, wie die World Nuclear News kürzlich berichtete. Kritiker fürchten, dies könne die militärische Zusammenarbeit mit Russland vertiefen.

Ukraine-Krieg und NATO-Bedrohung: ISW beruhigt hinsichtlich nuklearer Eskalation

Trotz der neuesten Belege warnt das amerikanische Institute for the Study of War (ISW) vor Panik: „Die Entwicklungen bedeuten keine unmittelbare nukleare Eskalation.“ Dennoch wächst die Sorge der Nato angesichts der Reichweite der Iskander-Raketen: Von Assipowitschy aus könnten Ziele in Polen, Litauen, Lettland und der Ukraine getroffen werden.

Die Beweiskette aus Fotos, Dokumenten und Satellitenaufnahmen legt nahe, dass Belarus zu einem russischen Atomstützpunkt ausgebaut wird. Während die Kontrolle über die Waffen bei Moskau bleibt, verschärft die Stationierung die Sicherheitslage an der NATO-Ostflanke und mit Blick auf den Ukraine-Krieg – ein gefährliches Signal in bereits turbulenten Zeiten.

Die Enthüllungen erfolgten derweil, während RFE/RL selbst unter existenziellen US-Haushaltskürzungen leidet. Erst nach einer einstweiligen Verfügung sicherte die US-Behörde USAGM am vergangenen Freitag (28. März) vorläufig weitere Gelder zu, berichtete die Tagesschau. Der Sender, der in Prag sitzt und in autoritäre Staaten sendet, gilt als zentrale Quelle unabhängiger Berichterstattung.

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