EU riskiert Russland-Abhängigkeit: Wichtiger Gas-Lieferant will Energiehahn abdrehen
Katar ist für die EU einer der wichtigsten Gasquellen. Nun droht das Land mit einem Lieferstopp von Flüssigerdgas. Dieser Schritt könnte der EU teuer zu stehen kommen.
Brüssel – Seit dem Ukraine-Krieg will die EU die Energie-Abhängigkeit von Russland reduzieren – nun könnten neue Fragen rund um die Sicherheit bei der Energieversorgung aufkommen: Katar zählt zu Europas wichtigsten Lieferanten von LNG, also Flüssigerdgas. Aus Ärger über die Änderungen für Richtlinien beim Lieferkettengesetz droht das Land mit einem Ende der LNG-Versorgung. Für die EU hätte solch ein Schritt massive Folgen.
Katar droht EU mit Lieferstopp von Gas – wegen Lieferkettenrichtlinie
In einem Schreiben an die EU forderte Katar Änderungen an der Lieferkettenrichtlinie, sonst „werde der Staat Katar und QatarEnergy ernsthaft alternative Märkte außerhalb der EU für unser LNG und andere Produkte in Betracht ziehen müssen, die ein stabileres und unternehmensfreundlicheres Geschäftsumfeld bieten“, zitiert die Welt am Sonntag (Wams) aus dem Brief vom 21. Mai 2025.
Das Lieferkettengesetz soll Unternehmen verpflichten, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt auch in Drittländern zu ermitteln. Katar stieß sich dem Bericht zufolge an Klimaschutzvorgaben, die „über Ziele und Absichten des Pariser Klimaschutzabkommens hinausgehen“.
Wichtiger Energie-Lieferant droht EU in einem Brief mit LNG-Lieferstopp
Die Europäische Kommission habe zudem einen Brief aus Katar vom 13. Mai 2025 erhalten, sagte ein Sprecher der Kommission gegenüber Reuters. Darin hieß es, die EU-Gesetzgeber und Länder würden derzeit über Änderungen der EU-Lieferkettenrichtlinie verhandeln. „Es liegt nun an ihnen, die von der Kommission vorgeschlagenen wesentlichen Vereinfachungsänderungen auszuhandeln und anzunehmen“, sagte der Sprecher.
Doch das genügt Katar offenbar nicht. „Die im ersten sogenannten Omnibus-Vereinfachungspaket vorgeschlagenen Änderungen an der CSDDD sind zu begrüßen, reichen jedoch nicht aus“, heißt es laut der Wams in dem Schreiben von Katars Energieminister Saad Sherida al-Kaabi vom 21. Mai 2025.
EU bezieht viel LNG aus Katar – Land ist weltweit drittgrößter LNG-Exporteur
Die EU hat bislang noch nicht öffentlich auf den Brief reagiert. Bernd Lange, Sozialdemokrat und Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, sagte der Wams, die EU lasse sich nicht von Drittstaaten unter Druck setzen. Beim Thema Energieversorgung stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die EU sich doch nicht dem Druck beugen müssten, weil andere Gas-Lieferanten, wie Katar, nun mal am längeren Hebel sitzen.
Katar ist nach den USA und Australien der drittgrößte Exporteur von Flüssigerdgas (LNG) weltweit. Das Land plant laut Reuters, seine Verflüssigungskapazität bis 2027 von 77 Millionen Tonnen auf 142 Millionen Tonnen pro Jahr zu erhöhen. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 lieferte das Land zwischen 12 und 14 Prozent des europäischen Flüssigerdgasbedarfs. Im Jahr 2023 exportierte Katar laut European Gas Hub 79,8 Millionen Tonnen LNG, wovon 15,1 Millionen Tonnen (19 Prozent) fast ausschließlich über den Suezkanal nach Europa geliefert wurden.
EU will Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren: Katar hat ein Druckmittel
Die Gas-Lieferungen aus Katar trugen auch dazu bei, dass die EU ihre Abhängigkeit von russischem LNG reduzieren konnte. Laut Angaben der EU ist der Anteil an russischen Gasimporten von über 40 Prozent im Jahr 2021 auf rund 11 Prozent im Jahr 2024 gesunken. Russland Gasimporte machten im Jahr 2024 einen Anteil von weniger als 19 Prozent der gesamten EU-Importe aus. Diese Entwicklung ist vor allem auf den Ausbau alternativer Gas-Lieferanten zurückzuführen.
Sollte also Katar der EU den Energiehahn zudrehen, müssten die anderen Lieferanten ihre Gasmengen deutlich hochfahren bzw. die EU müsste Alternativen heranziehen. Das Land kann die LNG-Lieferungen zweifellos als Druckmittel gegen die EU einsetzen. Die Reduzierung von Gas-Importen aus Wladimir Putins Land könnte nicht drängender sein.
Die EU hat sich just am 28. Juli 2025 verpflichtet, im Rahmen eines Zoll-Abkommens mit Donald Trump, US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu importieren, darunter LNG, Öl und Kernbrennstoffe. „Wir haben immer noch zu viel russisches Flüssigerdgas, das durch die Hintertür in unsere Europäische Union gelangt“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Wir wollen die russischen fossilen Brennstoffe unbedingt loswerden und sind daher sehr dankbar dafür, das günstigere und bessere Flüssigerdgas aus den USA zu kaufen“, sagte sie.