Gegenwind für Merz: Parteikollege Kretschmer hält Einsatz deutscher Truppen in Ukraine für „falsch“
Deutschland steht womöglich eine Debatte über die Entsendung von Soldaten in die Ukraine bevor. Auch innerhalb der Regierungsparteien regt sich Widerstand.
Berlin – Mit Hoffnungen auf einen konkreten Plan für das Ende des Ukraine-Kriegs war Friedrich Merz nach Washington gereist. Nach dem Treffen mit US-Präsident Donald Trump, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und weiteren europäischen Staats- und Regierungschefs schleppt der Bundeskanzler nun eine heikle Diskussion im Gepäck zurück nach Berlin. Denn es stellt sich einmal mehr und drängender denn je die Frage: In welcher Form könnte sich Deutschland an einer Friedenssicherung beteiligen?
Eine von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer ins Spiel gebrachte Friedenstruppe scheint eine realistische Option zu sein. Auch wenn der CDU-Chef eine Entscheidung nicht übereilt treffen und zunächst Gespräche in der Koalition abhalten will. Ein Parteifreund senkt jedoch bereits den Daumen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer stellte im Spiegel klar: „Dass deutsche Soldaten in der Ukraine kämpfen, darf kein Thema sein.“
Kretschmer gegen Bundeswehr in Ukraine: „Diesen Weg sollte man nicht gehen“
Dabei lasse er sich nicht von den Ängsten in der Bevölkerung leiten. „Wenn eine Sache richtig ist, dann muss man sie erklären und für Zustimmung werben. Dann wird es auch gelingen, Menschen ihre Ängste zu nehmen“, ergänzte der stellvertretende CDU-Vorsitzende: „In diesem Fall aber halte ich die Sache für falsch und sehe nicht, dass man diesen Weg gehen sollte.“

Zudem gab Kretschmer zu bedenken, dass Deutschland gar nicht in der Lage sei, die Sicherheit in der Ukraine zu gewährleisten: „Dafür fehlen der Bundeswehr die Voraussetzungen.“ Vielmehr plädiert er für eine starke europäische Sicherheitsarchitektur und Sicherheitsgarantien durch die Amerikaner.
Trump hatte in einem Telefon-Interview mit Fox zwar nochmals klargestellt, dass die USA keine Truppen in die Ukraine schicken würden. Allerdings erwähnte er eine mögliche Unterstützung für die verbündeten Europäer aus der Luft, sollten diese Soldaten zur Sicherung des Friedens abstellen.
Kritik aus SPD an möglicher deutscher Beteiligung an Friedenstruppe: UN oder OSZE einbinden
Daran zweifelt aber auch Ralf Stegner. Der SPD-Politiker monierte laut taz, gerade in der Ukraine und in Russland seien angesichts des Zweiten Weltkriegs und des deutschen Vernichtungskrieges „Fantasien über deutsche Bodentruppen“ das falsche Signal. Auch Spekulationen über eine deutsche Führungsrolle bei einer möglichen Absicherung der Grenze zwischen der Ukraine und Russland lehnt er ab.
Stegner wirbt stattdessen dafür, über Einsätze im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nachzudenken. Er vermutet zudem, Friedenssicherungen würden wahrscheinlicher, wenn sich auch China und Indien mit Soldaten beteiligen würden. Auch Rolf Mützenich, ehemaliger Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, sprach sich im Interview mit dem Deutschlandfunk dafür aus, die UN und die OSZE mit ins Boot zu holen. Kritik äußerte auch Linke-Chef Jan van Aken.
Norbert Röttgen sagte derweil im Morgenmagazin des ZDF, sollte Kreml-Chef Wladimir Putin entgegen seiner Erwartungen tatsächlich seine Ziele aufgeben und der Frieden wiederhergestellt sein, gehe es um die Sicherheitsordnung Europas. „Selbstverständlich würde Deutschland dort eine bedeutende Rolle spielen, denn Frieden ist das Wichtigste, um das es geht“, verdeutlichte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende.
Schickt Bundeswehr Soldaten in Ukraine? Pistorius will es auch von USA abhängig machen
Außenminister Johann Wadephul hatte während seiner Auslandsreise nach Japan derweil erklärt, Deutschland müsse „Beiträge leisten“ und „Verantwortung übernehmen“, wenn es um „robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine“ gehe. Er könne jedoch „noch nicht sagen, dass wir deutsche Truppen entsenden werden, weil das alles offen ist zum jetzigen Zeitpunkt“, ergänzte der CDU-Politiker.

Zuvor waren Aussagen von ihm im Podcast Table Today als Ablehnung möglicher Truppen-Entsendungen interpretiert worden. Wadephul hatte dabei auf die Stationierung einer Bundeswehr-Brigade in Litauen verwiesen und gesagt: „Das zu tun und zusätzlich noch Truppen in der Ukraine zu stationieren, würde uns voraussichtlich überfordern.“ Es sei verabredet worden, sich auf Nato-Territorium zu konzentrieren.
Von Verteidigungsminister Boris Pistorius hieß es, ein deutscher Beitrag zu Sicherheitsgarantien in der Ukraine müsse im Fall einer möglichen Friedensregelung „politisch und militärisch“ festgelegt werden. Wie dieser aussehe, stehe noch nicht fest. „Wir berücksichtigen dabei erstens den Verlauf der Verhandlungen, zweitens einen möglichen Beitrag der USA und drittens die Abstimmungen mit unseren engsten Partnern“, zählte der SPD-Politiker auf. (mg)