Die Deepfake-Fahnder aus Irschenberg
Wenn Medien künftig besser gegen manipulierte Bilder gewappnet sind, liegt das vielleicht auch an Anika Gruner und Anatol Maier. Mit ihrer Firma Neuraforge werkeln die Neu-Irschenberger an einer Künstlichen Intelligenz, die sogenannte Deepfakes enttarnt.
Die Liebe zu den Bergen hat der Gemeinde Irschenberg ein höchst interessantes Startup-Unternehmen beschert – und die weniger romantische Tatsache, dass gerade Wohnraum frei war, auch. Das nämlich waren die Gründe, warum Anika Gruner (36) und Anatol Maier von Nürnberg nach Irschenberg umsiedelten und hier eine Firma gründeten. Deren Ziel ist es, mit einer Künstlichen Intelligenz gefälschte Fotos und Videos zu enttarnen. Von der Bundesagentur für Sprunginnovation (Sprind) gibt es dafür eine satte Förderung: 350 000 Euro.
Irschenberg bestärkt Gründungsidee
Maier wird auf der Homepage von Neuraforge als „leidenschaftlicher Programmierer, Forscher in der Medienforensik und einer der wenigen dezidierten KI-Sicherheitsexperten in Deutschland“ beschrieben. Lebensgefährtin Gruner als „Medien-Enthusiastin mit nachgewiesener Erfolgsbilanz in Journalismus, Online-Marketing und Bildung“. Es war tatsächlich auch der Umzug nach Irschenberg, der beide in ihrer Gründungsidee bestärkt hat.
Eine große Dynamik habe sie hier in der Region gespürt, sagt Gruner. Über das Media Lab Bayern gab es eine erste Förderung, vor allem aber Hilfestellung beim Aufbau der Firma. „Ein super Coaching“, sagt Gruner. Mit der Sprind-Förderung können sie und Maier nun die nächsten Stufen erklimmen – und müssen dies gewissermaßen auch. Denn Ende April gilt es, der Jury von Sprind einen Zwischenstand zu präsentieren.
Bis zu zehn Teams bekommen Chance für mehr Geld
Die beurteilt dann, welche Herangehensweisen das größte Innovationspotenzial haben. Von den aktuell zwölf Wettbewerbs-Teilnehmern in Deutschland bekommen bis zu zehn die Chance auf weitere 375 000 Euro. Bei ihrer ursprünglichen Bewerbung haben sich die Neu-Irschenberger im Kreis von 50 Teams durchgesetzt.
350 000 Euro, das hört sich nach sehr viel Geld an, aber Maier und Gruner können das gut gebrauchen. „Wir konnten schon drei erfahrene Software-Entwickler einstellen“, berichtet die 36-Jährige. Und noch ein oder zwei sollen hinzukommen. Die Spezialisten brauchen sie zum Programmieren ihrer Software. Und auch die Geräte sind richtig teuer. Mit einem Laptop vom Discounter ist es bei Künstlicher Intelligenz (KI) ja nicht getan. Da gerät man schon bei einem einzelnen Rechner locker in den fünfstelligen Bereich.
Der KI auf die Schliche kommen
Die Herausforderung ist enorm: Das Irschenberger Duo möchte der immer besser werdenden KI auf die Schliche kommen, wenn die sogenannte Deepfakes produziert. Also manipulierte oder gänzlich künstlich erstellte Bilder oder Videos. Bekannt ist vielleicht das Bild vom Papst im Daunenmantel.
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Stichwort Deepfakes
Deepfakes ist ein Kofferwort aus den englischen Begriffen „Deep Learning“ und „Fake“ und beschreibt realistisch wirkende Medieninhalte wie Foto, Audio und Video, die durch Techniken der künstlichen Intelligenz (KI) abgeändert, erzeugt oder verfälscht worden sind. Dabei nutzen Deepfakes maschinelles Lernen, um Fälschungen weitgehend autonom und damit in bislang ungeahnter und nicht möglicher Dimension zu erzeugen. Ein Anagramm beschreibt dagegen die Versetzung der Buchstaben eines Wortes in der Weise, dass ein anderes Wort sich daraus ergibt. Ein Hendiadyoin ist in der neueren Sprache eine Synonymverbindung, zum Beispiel wie bei Grund und Boden oder nie und nimmer.
Das menschliche Auge ist von einer KI vergleichsweise leicht zu täuschen. Die KI von Neuraforge nicht. Technisch ist das wohl nicht leicht zu beschreiben. Die beiden Macher sprechen gerne von „einer Art Fingerabdruck“, die KI in Bildern und Videos hinterlässt. Weil dies so ist, sei es zum Beispiel sogar möglich, auch in rein schwarzen Bildern den Unterschied zwischen echt und KI-generiert zu erkennen.
Schutz vor Betrügern
Als Kunden können sich Gruner und Maier etwa Medien vorstellen, deren Glaubwürdigkeit von Deepfakes bedroht sein könnte, aber auch Versicherungen, die keinen Betrügern auf den Leim gehen wollen. Letztlich könnten auch Anbieter von Video-Telefonie an solchen Dienstleistungen interessiert sein. Kontakte hat Neuraforge schon geknüpft.
„Gesellschaftlich bringt unsere Technologie zudem die Möglichkeit, Fake-Kampagnen im Wahlkampf frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls entgegenzuwirken“, sagen die beiden Unternehmer. Freilich muss die eigene Software im selben Maße besser werden wie die KI, die Deepfakes generiert. Die Arbeit wird dem Unternehmen folglich nicht ausgehen.
Der nächste Schritt ist der Einzug ins Stellwerk 18 in Rosenheim, einem Gründerzentrum. Der Firmensitz wird aber in Irschenberg bleiben, erklärt Gruner. Nah an der Autobahn, nah an München, wo das Unternehmen auch Räume des Media Bayern Lab nutzen kann. Das passt. Und nicht zu vergessen die Nähe zu den Bergen.