Putin setzt auf Kriegswirtschaft: Wie Beloussow Russland festigen soll
Technik statt Taktik: Putins Verteidigungsminister in spe soll neue Impulse für Russlands Kriegswirtschaft setzen. Dafür will er mehr Heimproduktion.
Moskau – Im Zuge seines fünften Amtsantritts hat der russische Präsident Wladimir Putin die Regierung umstrukturiert und Verteidigungsminister Sergei Schoigu entlassen. Seinen Posten erhält nun Andrei Beloussow. Der Ökonom ohne Militärerfahrung soll die Schrauben der Kriegswirtschaft festziehen.
Russlands neuer Verteidigungsminister steht für Innovation
Wichtige Schritte in die Richtung machte Beloussow bereits in Funktion des Vize-Ministerpräsidenten. Schon damals setzte er sich dafür ein, die heimische Drohnenproduktion hochzufahren. Zudem entwarf er ein Konzept für die technologische Entwicklung Russlands bis 2030. Dieses sieht unter anderem vor, dass Russland lernt, selbstständig Chips, Flugzeuge, Software und Telekommunikationsgeräte herzustellen. Mit diesen Innovationen – so die Theorie des militärischen Keynesianismus, der auch Beloussow anhängt – soll das Wirtschaftswachstum langfristig gewährleistet werden.

Der Verteidigungsminister in spe gilt als Verfechter eines starken Staates, dem sich die Wirtschaft unterzuordnen hat – genau wie Putin. Für ihn seien „die Grundpfeiler Russlands nicht das Volk, das Land oder Tschaikowski und Dostojewski, sondern der russische Staat“, erklärt Pjotr Mironenko, Redakteur des Nachrichtenportals The Bell im Interview mit dem unabhängigen russischen Medium Meduza. Er ist überzeugt, Beloussow teile Putins Auffassung, von Feinden umgeben zu sein. Als einer von wenigen Ökonomen hatte er 2014 die Annexion der Krim offen unterstützt.
Beloussows Aufgabe: „Für jeden Rubel ein Quadratmeter Territorium“
Viele halten Beloussow für einen fähigen Wirtschaftler. Trotzdem beschrieb ihn ein anonymer Bekannter gegenüber Meduza als „progressiven Sowjetökonom“. „Er glaubt immer noch, dass Projekte wie die BAM eine wichtigere Rolle spielen, als Investitionen privater Unternehmen“, führte die Quelle aus. Die Baikal-Amur-Magistrale war ein Prestigeprojekt der Sowjetunion, unter dem die Eisenbahnstrecke durch Sibirien ausgebaut wurde.
Als solches könnte Beloussow den Krieg in der Ukraine wahrnehmen. Für viele Beobachter bedeutet seine Ernennung vor allem, dass Russland sich auf einen langanhaltenden Kampf vorbereitet. Dem neuen Kriegsminister obliege es deshalb von nun an, „die Ausgaben zu optimieren und sie auf die Performance abzustimmen“ sowie sicherzustellen, dass „für jeden ausgegebenen Rubel ein Quadratmeter Territorium gewonnen wird“, erklärt der Politologe Konstantin Kalatschew im Gespräch mit dem russischen Untergrund-Medium Verstka.
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Putin will Ukraine-Krieg mit wirtschaftlicher Überhand gewinnen
Diese These unterstützen auch die Aussagen des Kremlsprechers Dmitri Peskow. Über die Aufgaben des neuen Verteidigunsministers sagte er, es sei „unabdingbar, die Wirtschaft des Machtblocks in die Wirtschaft des Landes zu integrieren“. Schon jetzt machten Militärausgaben 6,7 Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts aus, so Peskow.
Mit dieser Neuausrichtung fokussiert Russland sich auf einen Abnutzungskrieg, den es mit wirtschaftlicher Macht zu gewinnen sucht. Die Umstrukturierung im Verteidigungsministerium soll dafür sorgen, dass dieser Trick funktioniert – und dafür braucht es aus Moskaus Sicht wohl keinen Militärexperten, sondern jemanden, der sich mit Zahlen auskennt. (ah)